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Manchmal kommen im Alföld auch Winterstürme vor, wie sie den Steppen
Südrnßlands eigenthümlich sind. Von einem derartigen Unwetter, das am 28. bis
30. Jänner 1816 eintrat, liegt folgende Beschreibung vor: „Am 29. Jänner früh verstärkte
sich der Nordwind zu einem heftigen brausenden Sturm, der an die Fensterscheiben so
heftig anprallte, daß sie mit einem donnerähnlichen Getöse in beständiger Bewegung
waren. Den Sturm begleitete ein dichter, feiner Schnee, das Tageslicht wurde derart
verdunkelt, daß mau die größten Gegenstände kaum auf zehn Schritte unterscheiden konnte.
Der Schnee war stanbartig fein wie Glaspnlver, drang durch alle Öffnungen, füllte im
Nu Angen, Ohren nnd Nase derer, die sich ins Freie wagten. Es bildeten sich viele
große Schneewehen, die in kürzester Zeit so fest waren, daß man mit Wagen darüber hätte
fahren können. Die Kälte war dabei so groß, daß viele Vögel, Hasen, ja selbst Hausthiere
erfroren." Dies ist ein Bild eines Winterschneestnrmes auf der großen unbewaldeten
Ebene. Über waldbedecktem Lande wird dagegen die Kraft des Sturmes gebrochen und
das Wegfegen des Schnees, das Schneetreiben, verhindert.
Auch in Bezng auf die atmosphärischen Niederschläge unterscheidet sich das Klima
der Ebenen sehr wesentlich von jenem der Bergländer. Wie über den Bergländern die
Regen- und Schneemenge znnimmt, ebenso nimmt sie über den größeren Ebenen ab.
Namentlich die Häufigkeit der Niederschläge verringert sich. Dies macht sich im Sommer
besonders empfindlich bemerkbar. Je stärker die Ebene sich erwärmt, je mehr sie gegen die
Sommermitte hin austrocknet, die Feuchtigkeit der obersten Bodenschichten sich verringert
und die Pflanzendecke verwelkt, desto seltener werden die Niederschläge. Die von dem
ausgetrockneten, stark erwärmten Erdboden ausgehende Wärmestrahlung löst die Wolken
über den Ebenen auf und verscheucht die Regenschauer, die heraufziehen wollen. Während
im Berg- und Gebirgslande nnter dem Einflüsse der Sommerhitze und der dadurch hervor-
gerufenen loealen aufsteigenden Luftströme sich häufige, oft tägliche Nachmittagsgewitter
entladen, schließen sich über den großen Niederungen die Thore des Himmels immer mehr
mit steigender Sommerwärme. Die trockenen und heißen Sommer sind in den ebenen
Gegenden von Ungarn im Allgemeinen viel häufiger als die feuchten und kühlen. In
solchen heißen Sommern steigt das Thermometer oft wochenlang auf 28 bis 37° Celsius
im Schatten und sinkt auch während der Nacht nur um 5 bis 10°. „Schon Morgens
um 7 bis 8 Uhr beginnt die schwüle Hitze und dauert bis Abends 6 bis 7 Uhr. Die
Luft ist außerordentlich trocken, kein Thautropfen labt die Vegetation, Pflanzen, Thiere
und Menschen schmachten nach Regen. Es zeigen sich auch fast jeden Tag Wolken am
Horizonte, doch bald verschwinden sie wieder. Fast jeden Morgen erhebt sich ein Wind,
der bis zum Abend gleichmäßig weht. So vergehen Tage und Wochen. Die Blätter
der Bäume uud Gesträuche welken infolge der großen Hitze, Dürre nnd gesteigerten
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, 1. Abteilung: Naturgeschichtlicher Teil, Band 2
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Übersichtsband, 1. Abteilung: Naturgeschichtlicher Teil
- Band
- 2
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1886
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.77 x 26.41 cm
- Seiten
- 344
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch