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Die zweite Haupteigenschaft eines wahren Küstenklimas, hohe nnd gleichmäßige
Luftfeuchtigkeit, findet man dagegen an den österreichischen Küsten der Adria nicht. Je
nach dem Vorherrschen des einen oder des anderen der beiden Hauptwinde, des Scirocco
oder der Bora, ist die Luft entweder sehr feucht und schwül oder sehr trocken und kalt.
Manche Küstenstrecken, wo im Winterhalbjahre die trockenen Winde vom Karst herab eine
große Häufigkeit erreichen, haben selbst durchschnittlich eine relativ große Lufttrockenheit,
jedenfalls die größte, die man (im Mittel) sonst irgendwo in Österreich-Ungarn wieder-
findet. Da aber auch im Sommer die Luft ziemlich trocken ist, so ist anch das Jahresmittel
der relativen Feuchtigkeit an der adriatischen Küste ziemlich niedrig und das Klima muß
als trocken bezeichnet werden. Zu Trieft ist das Jahresmittel 68 Percent (Jänner 74,
Juli 62), auf Lesina 66 Percent (November 71, Juli 61), das ist viel niedriger als zu
Wien und Budapest (72 und 71 Percent), geschweige denn an anderen Orten im Norden
und Westen der Monarchie. Die trockene Luft der Nord- und Ostküsten des adriatischen
Meeres wird bedingt durch die vorherrschenden Landwinde und diese wieder durch den
Temperatnrgegensatz, der zwischen dem kühlen Binnenlande und dem wannen Meere besteht.
Vorherrschend strömt die kühle Luft vom Karstplateau herab auf de» warmen Küstensanm
und verdrängt hier die feuchte Luft des Meeres. So extreme und häufige Wechsel der
Luftfeuchtigkeit wie an manchen Theilen unseres Küstengebietes der Adria dürfte man
sonst nirgends in Österreich-Ungarn wiederfinden. Es sind hier eben zwei Extreme einander
unmittelbar nahe gerückt: die gesättigt feuchte Luft über einem warmen Meere und die
trockene kühle Gebirgsluft des Karstplateans, die auf das Meer herabstürzend sich zwar
dabei erwärmt, aber dafür um so trockener wird. Der beständige Wechsel dieser zwei Extreme
ist ein Hauptcharakterzug unseres Küstenklimas.
Die beiden Wettermächte, welche den schroffen Wechsel der Feuchtigkeitsextreme
bewirken, sind der Scirocco und die Bora. Der erstere, dessen anfängliches Auftreten
unser Bild zur Darstellung bringt, ist der warme feuchte Seewind, der von Süden
heraufweht und zwar fast immer als Südostwind auftritt. Alle südlichen Winde nehmen
an der Ostküste des adriatischen Meeres die Richtung Südost an, Süd- und Südwest-
winde sind selten. Der Scirocco ist der Regenwind für das Küstengebiet, er bedeckt den
Himmel mit schweren bleigrauen Wolken, die meist tief herabhängen und mit kurzen
Zwischenpausen ergiebigen Regen herabschütten. Die Temperatur hält sich während seines
Wehens, das durchschnittlich nicht heftig ist, sehr gleichmäßig, im Winter bei 10 bis 14°
etwa. In diesen feuchten warmen Seewind bricht in der Regel plötzlich der kalte trockene
Landwind ein, der ans Nordost und Ostnordost vom Gebirge herabstürzt. Das Winter-
halbjahr und speciell im höchsten Maße der Winter selbst ist die Zeit, wo dieser Nordost-
wind als Bora am heftigsten auftritt. Die Bora hat die Eigenthümlichkeit, daß sie in
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, 1. Abteilung: Naturgeschichtlicher Teil, Band 2
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Übersichtsband, 1. Abteilung: Naturgeschichtlicher Teil
- Band
- 2
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1886
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.77 x 26.41 cm
- Seiten
- 344
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch