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Geschichte der Pflanzenwelt Österreich Ungarns.
o gewiß die dermaligen Grenzen und die Zusammensetzung der vier in
Österreich-Ungarn entwickelten Floren in erster Linie von der gegen-
wärtigen Vertheilnng der Wärme und Feuchtigkeit abhängen, ebenso
bestimmt haben auf die Entwicklung derselben auch die Zustände der
Vegetation früherer Perioden großen Einfluß genommen. — Die im
Laufe der Zeiten sich irgendwo vollziehende allmälige Änderung des Klimas konnte nicht
ohne Bedeutung für die Pflanzenwelt der betreffenden Landschaft bleiben; es mußten
zwar dort nicht nothwendig die Grenzen aller Arten der benachbarten Floren verschoben
werden, — denn ein nicht unbedeutender Theil der Gewächse ist in dieser Beziehung
ziemlich widerstandsfähig und verträgt ganz bedeutende klimatische Verschiedenheiten; aber
ein anderer Theil der Bestandtheile einer Flora ist selbst gegen sehr geringfügige Ver-
änderungen des Klimas empfänglich nnd die Grenzen solcher Arten mußten auch sehr leicht
die mannigfaltigsten Verschiebungen erfahren. Da dasjenige, was für solche empfindlichere
Arten der einen Flora von Nachtheil ist, den Arten der Nachbarflora gewöhnlich einen
Vortheil bringt, so vollziehen sich diese Verschiebungen in der Mehrzahl der Fälle in der
Weise, daß die empfindlicherm Bestandtheile der einen Flora infolge des ungünstiger
gewordenen Klimas sich zurückziehen und ihr Platz von jenen Elementen der Nachbar-
flora eingenommen wird, welchen gerade das geänderte Klima besonders gut zusagt. In
Flachländern und überhaupt in allen Gebieten, wo die Verhältnisse über weite Strecken
sehr gleichförmig sind, wird ein solches, durch klimatische Veränderungen bedingtes Zurück-
ziehen, Verdrängen und Ersetzen ein schrittweises und gleichmäßiges sein. Nicht so in jenen
Gebirgsgegenden, wo man auf engem Raume die auffallendsten Unterschiede in Beziehung
auf Temperatur, Beleuchtung und Feuchtigkeit zu beobachten Gelegenheit hat. Wenn zum
Beispiel eine Gruppe von Pflanzenarten bei dem Kälterwerden der Winter an den meisten
Punkten eines Florengebietes erfriert, und wenn der von diesen Pflanzenarten verlassene
Boden auch alsbald von jenen vorrückenden Pflanzenarten des benachbarten Florenreiches
bevölkert wird, welche den strengen Winter ohne Nachtheil vertragen, so werden sich doch
in solchen Gebirgsgegenden immer einzelne besonders günstig gelegene Punkte finden, wo
das nicht der Fall ist und wo sich jene zärtlicheren Pflanzenformen als eine kleine zurück-
bleibende Eolonie erhalten können. — Es ist auch nicht ausgeschlossen, daß Arten einer
im Vordringen begriffenen Flora weite Strecken überspringen und sich so inmitten der
benachbarten Flora an einzelnen Punkten, die sich für sie als besonders günstig heraus-
gebildet haben, ansiedeln, obschon dieser Fall nur selten vorkommen wird. Ob das Eine
oder Andere stattgefunden hat, wird daraus ermittelt werden können, daß im ersten Falle
ie»
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, 1. Abteilung: Naturgeschichtlicher Teil, Band 2
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Übersichtsband, 1. Abteilung: Naturgeschichtlicher Teil
- Band
- 2
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1886
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.77 x 26.41 cm
- Seiten
- 344
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch