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gewöhnlich ganze Gruppen von Arten, welche an das Klima gleiche Anforderungen
stellen und schon durch ungemessene Zeiträume die gleiche Scholle im geselligen Verbände
als Genossenschaften bewohnt hatten, auf dem abgelegenen Posten zurückgeblieben sind
und sich hier innlitten der neu eingebürgerten Flora auch im geselligen Verbände erhalten
haben, während in dem letzten Falle nur vereinzelte Arten als Vorposten sich ansiedeln,
da ja die Ansiedlnng ganzer Artengruppen, beziehungsweise das Zusammenfinden mehrerer
verschiedener ausschwärmender Arten auf einer eng beschränkten, weit abgelegenen Stelle
inmitten einer andern Flora mit Rücksicht auf die Verbreitungsvorgänge nicht wahr-
scheinlich ist. Man könnte solche Pflanzengruppen, welche nach dem Abzüge einer Flora an
einzelnen begünstigten Punkten zurückbleiben, dort dem Andrängen der neuen Ansiedler
widerstehen und sich als kleine Colonien erhalten, mit Findlingsblöcken vergleichen. Wenn
dieser Vergleich berechtigt ist, so ist es auch gestattet, aus dem Vorkommen von solchen
zurückgebliebenen Pflanzencolonien auf frühere Zustände der Flora, ja in weiterem Verfolge
dieser Vorkommnisse auch auf die klimatischen Verhältnisse vergangener Zeiten zurück-
zuschließen. Verzeichnet man in den vier verschiedenen Florengebieten die einzelnen Stätten,
an welchen Pflanzencolonien aufgefunden wurden, die man als zurückgebliebene Reste einer
früheren Besatzung ansehen muß, so ergibt sich zunächst eine große Zahl von Anhalts-
punkten, die auf eine im Vergleiche zur Gegenwart viel größere Ausbreitung jener Flora
hinweisen, welche jetzt die alpine genannt wird. Nicht nur in den meisten Gauen der
baltischen, sondern auch im Bereiche der poutischeu Flora, wie beispielsweise auf den
niederen Karststufen im Norden des Qnarnero, ja selbst noch im dacischen und podolischen
Gau findet man stellenweise alpine Pflanzen und Pflanzengruppen, von denen nicht
angenommen werden kann, daß sie sich erst nachträglich inmitten der politischen Pflanzen-
welt angesiedelt haben. Es wurden diese Vorkommnisse mit der Eiszeit in Verbindung
gebracht und angenommen, daß in dieser Zeit das von Gletschern und Schnee nicht dauernd
bedeckte Festland größtentheils von alpinen Pflanzen bevölkert war, daß sich dann am
Ende der Eiszeit diese Pflanzen auf die von der eisigen Decke befreiten Bergeshöhen
allmälig zurückgezogen und daß bei diesem Rückzüge an einzelnen Punkten der tieferen
Regionen Colonien alpiner Pflanzen inmitten der nachrückenden Floren sich erhalten habeil.
Innerhalb des baltischen Florenreiches trifft man aber auch poutische Pflanzen
an, deren Verbreitungsmittel und geselliges Vorkommen auf beschränkten Plätzen in
abgelegenen Thalwinkeln oder an einsamen heißen Bergabhängen weitab von den modernen
Verkehrswegen die Annahme ausschließen, daß sie erst nachträglich, nachdem schon die
baltische Flora von dem Gelände Besitz ergriffen hatte, an diese Stelle gelangt sind. So
findet sich ans zwei vereinzelten Bergknppen westlich von Laibach die sonst nur noch auf
der Balkauhalbiusel heimische Königsblume (vapkne IZIaZa^ann) im Vereine mit der
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, 1. Abteilung: Naturgeschichtlicher Teil, Band 2
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Übersichtsband, 1. Abteilung: Naturgeschichtlicher Teil
- Band
- 2
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1886
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.77 x 26.41 cm
- Seiten
- 344
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch