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Arten der österreichisch-ungarischen Flora, welche in Beziehung ans klimatische Differenzen
nicht sehr empfindlich sind und gegenwärtig in gar keiner der Nachbarfloren, auch in der
baltischen oder politischen Flora nur an einer einzigen Stelle endemisch vorkommen, wie
zum Beispiele die berühmte ^Vulleniu carintkiaca, annimmt, daß sie die Eiszeit über-
dauert haben.
Alle diejenige« Arten dagegen, welche zum Ausreifen ihrer Samen eines sehr warmen
Sommers bedürfen, konnten, wie schon früher erwähnt, unter den klimatischen Verhältnissen
der Eiszeit sich nicht erhalten und wanderten entweder aus dem Gebiete, in welchem sich
das rauhere Klima geltend machte, aus oder gingen zu Grunde. Eine einzige Ausnahme
dürfte in dieser Beziehung jene merkwürdige Seerose gemacht haben, welche in den südlich
von Großwardeiu entspringenden warmen Quellen wuchert, von den Botanikern den
Namen tkermalis erhalten hat und mit der I.otc»s des subtropischen
Afrika zunächst verwandt ist. Diese Pflanze vermag sich nur in einem gleichmäßig lauen
Wasser zu erhalten, wie es ihr in jenen Thermen (30 bis 40 Grad Celsius) geboten wird,
und selbst die Temperaturverhältnisse des Wassers in den Tümpeln und Teichen, Quellen
und Bächen im südlichsten und wärmsten Theile Österreich-Ungarns würden ihr jetzt zur
Blüten- und Fruchtbildung nicht mehr genügen. Es ist nun gewiß keine gewagte Hypothese,
welche diese Seerose als einen Rest aus alten Zeiten auffaßt und annimmt, daß sie in einer
Periode, in welcher das Klima des ungarischen Beckens demjenigen sehr ähnlich war, das
heute in Unteregypten herrschend ist, in den Gewässern Ungarns weit verbreitet war, später
aber unter dem Einflüsse der herabgeminderten Temperatur allmälig erlag und nur in
dem warme» Wasser der Peeze bei Großwardeiu eine letzte Zufluchtsstätte fand, wo sie
selbst die Unbilden des Eiszeitklimas ohne Nachtheil zu überdauern vermochte.
Wenn es so auch nicht an Anhaltspunkten fehlt, welche es möglich macheu, die
Geschichte einzelner jetzt lebender Arten bis in die der Eiszeit vorangegangene Periode
zurückzuführen, so genügt das noch lange nicht, um sich ein anschauliches Bild jener
Vegetation zu entwerfen, welche damals ans Österreich-Ungarns Boden sich entfaltete.
— Es tritt hier die Geologie in ihre Rechte, welche die Pflanzenwelt und Thierwelt jener
längst verschollenen Zeiten auf Grund der fossilen Reste vor unsere Blicke zaubert und aus
dem Boden, den jetzt dunkle Föhren und Fichten beschatten, Palmenwälder und Ealamiteu-
haine auferstehen läßt.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, 1. Abteilung: Naturgeschichtlicher Teil, Band 2
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Übersichtsband, 1. Abteilung: Naturgeschichtlicher Teil
- Band
- 2
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1886
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.77 x 26.41 cm
- Seiten
- 344
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch