Seite - 251 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Übersichtsband, 1. Abteilung: Naturgeschichtlicher Teil, Band 2
Bild der Seite - 251 -
Text der Seite - 251 -
251
noch weniger bekannten Wildnisse und Hochgebirgsgegenden zu suchen. In Bezug auf jetzt
stattfindende Standortsveränderungen der Säugethiere wurden bislang leider nur sehr
spärliche Notizen registrirt, obwohl mehrere Arten der Fledermäuse und Nager genügende
Beispiele bieten. Das Gleiche gilt übrigens auch von manch anderen Thierclassen, so
namentlich von den Fischen; selbst in der marinen niederen Thierwelt wurden ähnliche
Erscheinungen coustatirt und deren Erklärung glücklich versucht. Ganz merkwürdig ist auch
das plötzliche Verschwinden von Thieren, die längere oder kürzere Zeit in enormen
Massen auftraten (Beispiele bieten unter anderen die mäuseartigen Nager), häufig sind
verheerende Epidemien als Ursache nachweisbar wie bei den Krebsen. In einem Theile von
Südungarn ist der Flußkrebs augenblicklich total ausgerottet.
Wir müssen uns mit dem eben gegebenen Hinweise auf einige der bekanntesten
Ursachen der fortwährenden Veränderungen in der Thierwelt begnügen und uns versagen,
die normalen und abnormen Phänomene der Wanderung, des Zuges, Striches sowie die
Beispiele plötzlicher Masseninvasion und Einschleppung fremder Arten aus der Geschichte
der Thiergeographie in ihrer Bedeutung für die Zusammensetzung auch unserer Fauna hier
weiter zu entwickeln, ebenso wie im Gegensatze zu dem vorhin Erörterten den günstigen
Einfluß zu schildern, den die Cultur in mehrfacher Hinsicht auf die Thierwelt genommen
durch Domestication und Racenbildnng und durch Acclimatisatiou.
Wenn wir nun im Nachstehenden den Versuch wagen, die Thierwelt der österreichisch-
ungarischen Monarchie vom geographischen Standpunkte aus in Kürze zu betrachten, so
erscheint es naheliegend, bei der Beurtheilung des Charakters der einzelnen Faunengebiete
die Vertretung der Wirbelthierclassen in denselben zunächst ins Auge zu fassen; thatsächlich
sind wir über einzelne Details der geographischen Verbreitung der Wirbelthiere weitaus am
gründlichsten unterrichtet und die geringe Zahl der Zoologen, die sich überhaupt mit
diesem Gegenstande befaßte, legte der Eintheilung unseres Planeten in zoogeographische
„Regionen", „Snbregionen", „Provinzen" und so weiter, die Thatsachen der Verbreitung
der Wirbelthiere früherer Erdepochen im Zusammenhange mit jenen der Jetztwelt haupt-
sächlich zu Grunde, und wie sich im Großen und Ganzen ergab, gelangte man durch dieses
Vorgehen zuResultaten, die selten im Widerspruche standen mit den allerdings bescheideneren
Erfahrungen über die geographische Vertheilung der niederen Formengruppen; endlich
bieten die Wirbelthiere ja doch jene höheren Lebewesen, die ihrer physischen und geistigen
Entwicklung zufolge am ehesten einer Landschaft ein auffälliges, specifisches Gepräge zu
verleihen vermögen, und sie stehen uns ja doch selbst am nächsten! In zweiter Linie wird
das interessante Heer der Arthropoden, namentlich die gestaltenreiche Classe derJnsecten und
der zwar unscheinbarere, aber zoogeographisch überaus bedeutsame Kreis der Weichthiere,
der Schnecken und Muscheln, weiter jener der Würmer und so fort in Frage zu ziehen sein.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, 1. Abteilung: Naturgeschichtlicher Teil, Band 2
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Übersichtsband, 1. Abteilung: Naturgeschichtlicher Teil
- Band
- 2
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1886
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.77 x 26.41 cm
- Seiten
- 344
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch