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Weniger belangreich ist verhältnißmäßig der Einfluß der sarmatischen Tiefebene auf
die Gestaltung unserer Gesammtsauua; als charakteristische höhere Formen kämen der
Bobak und der sarmatische Iltis, sowie das sogenannte Perlziesel in Betracht; das Vor-
kommen der zwei vorerst genannten Arten hat sich indeß als fraglich erwiesen.
Die nördlichen Provinzen des Reiches sind zoologisch wenig scharf charakterisirt,
sie bedingen, wie bereits erwähnt, den unmittelbaren Anschluß an die centroeuropäische
beziehungsweise „baltische" Fauna.
Sehr wichtig für den specifischen Charakter unserer Thierwelt werden aber die
zahlreichen Grotten- und Höhlenbildungen in der Monarchie, sie bergen eine in ihren
Lebensverhältnissenfreilich noch wenig bekannte, aber äußerst artenreiche „Grottensauna";
am besten durchforscht sind die Höhlen des Karstgebietes von Krain, dann von Kroatien,
Dalmatien, die mährischen und ungarischen Grotten (Biharer Comitat zc.). Die
zuerstgenannten (Krain) werden durch viele ihnen eigenthümliche Arteu der Gastropoden-
gattnng die des Karstes überhaupt durch deu Grottenolm ganz besonders
charakterisirt. Von Gliederfüßlern sind die Geradflügler in den krainer und mährischen
Grotten, alle an Artenzahl überwiegend aber die Käfer in den ungarischen und Karst-
höhlen vertreten; 68 Arteu aus den Gattungen: ^äslops, ^nopktkalmus, Lpkoärus,
?koleucm zc. sind ihnen ausschließlich eigen; auch ein Repräsentant der Hautflügler
LIuusii) schließt sich an und circa 20 verschiedene Spinnenthiere, 4 Arten
Tausendfüßer und mehrere Krebse werden, zum Theile auch in mährischen Grotten, vor-
gefunden; eine Spinne (Lsekawcepkulus ^rucilipes) lebt in mährischen und Karst-
höhlen :c.
Die Gesammtfauua der österreichisch-ungarischen Monarchie umfaßt nach Ausschluß
der hinsichtlich ihrer geographischen Verbreitung durchaus ungenügend erforschten niedersten
Lebewesen (Urthiere) etwas über 30.000 Arten; demnach stellt sich das numerische
Verhältniß der Thierarten zu den Pflanzenarten (15.000) wie 2 : 1. Wie im vorhinein
zu erwarten, verdankt unsere Fauna diesen besonderen Formenreichthum nur den Arthro-
poden oder Gliederfüßlern; unter diesen ist es wieder die Jnsectenwelt, die allein ein
Contingent von 24.562 Arten beistellt. Von dieser enormen Zahl sind 286 Arten für
Österreich-Ungarn als durchaus eigenthümlich zu bezeichnen; ferner sind von 700 Arten
Spinnenthiere 44, von 175 Arten Tausendfüßer circa 18 Species bisher nur in unserer
Monarchie vorgefunden worden. Zoogeographisch noch bedeutsamer ist aber unsere
„Binnen-Mollnskenfauua", welche die reichste Europas ist. Wir zählen
700 Species mit 447 eigenthümlichen! Vergleicht man hiermit die kontinentale
Molluskenfauna der Nachbarstaaten, so ergibt sich, daß unser Vaterland weit mehr
endemische Arten beherbergt als z. B. Deutschland (mit nahe an 300 Arten überhaupt)
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, 1. Abteilung: Naturgeschichtlicher Teil, Band 2
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Übersichtsband, 1. Abteilung: Naturgeschichtlicher Teil
- Band
- 2
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1886
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.77 x 26.41 cm
- Seiten
- 344
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch