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Hochcharakteristische beziehungsweise „eigenthümliche" Arten der Gebirgsfanna
werden wir aus naheliegenden Gründen nur in jenen Höhen suchen dürfen, die mit dem
Zurücktreten der üppigeren Vegetation, der merklichen Abnahme des bunten niederen
Thierlebens, der Vereinfachung der Lebensbedingungen überhaupt dem Terrain adaptirte
Naturen erheischen, Formen, die gewachsen sind den Unbilden, Entsagungen, den mannig-
fachen grausig-schönen Elementarereignissen unserer Hochgebirge. Bis zur obersten Wald-
grenze, bis in die Region des Krummholzes (Legeföhren, „Leckern") steigt und fliegt eine
stattliche Anzahl wohlbekannter Arten des Tieflandes empor; jede Sennhütte wirkt da als
Anziehungspunkt, bietet zum Theil durch ihre Insassen reichliche Äsung, Abwechslung im
übrigen einfachen Einerlei. Erst da, wo der trockene sterile Boden nur spärliche Kräuter
schafft, der kahle zerklüftete Fels die Situativ« beherrscht — bis hinauf zur Grenze des
ewigen Schnees haben wir das eigentliche Heim der hochalpinen Typen; dem widerspricht
nicht, daß allzuharte Witterung oft so manchen Bewohner der luftigsten Höhen bis tief
hinab, selbst bis zur Thalsohle führt, wenn der ärgste Feind, der Hunger, sein Macht-
wort spricht.
Die ^>äugetbiere des Gebirges.
Fünf Ordnungen der Säugethiere stellen ihr Contingent zur Belebung unserer
Gebirge. Es sind: die^Fledermäuse, Jnsectensresser, Raubthiere, Nager und die Wieder-
käuer. Circa 14 Arten der ersten Ordnung wurden bisher sicher notirt; 9 von ihnen
kommen bis in die obere Alpenregion vor, so die kleine und große Hufeisennase, die breit-
öhrige Fledermaus, namentlich aber die Alpenfledermaus (VesperuZo maurus), die höher
als jede andere geht; man fand sie vorzugsweise in den Centralalpen, weiß jedoch über
ihre biologischen Verhältnisse ebensowenig als über die ihrer Verwandten. Es wurde
beobachtet, daß sie „an lichten Stellen", an Waldesrändern und auf Alpenwiesen bis zur
Morgendämmerung reviere, mitVorliebe ihren täglichen Schlupfwinkel in Sennhütten suche
und weder Wind noch warmen Regen scheue; interessant ist übrigens das Vorkommen
dieser Art in Mähren.*
Nicht so reich an Arten ist die Alpenregion an infectenfresfenden Säugern, doch
gehen einige von ihnen bis an ihre obere Grenze, bis circa 2.390 Meter über dem Meere;
charakteristisch ist eigentlich nur die Alpeuspitzmans (Lorsx alpinus), die indeß auch in
der bescheidenen Seehöhe von 1.300 Fuß (434 Meter) in Niederösterreich (Gresten, Viertel
ober dem Wienerwald) und höchst merkwürdigerweise auch als Bewohnerin des Riesen-
gebirges (Hofbauden, circa 1.080 Meter) nachgewiesen werden konnte. — Ihre nächsten
Verwandten: Wasser-, Wald-, Feld- und Hausspitzmaus kennen wir auch als häufige
* Auch in Talmatiensoll die Alpenfledermaus vorkommen
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, 1. Abteilung: Naturgeschichtlicher Teil, Band 2
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Übersichtsband, 1. Abteilung: Naturgeschichtlicher Teil
- Band
- 2
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1886
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.77 x 26.41 cm
- Seiten
- 344
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch