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Nach dein plötzlichen Verfall des Hnnnenreiches (455) blieben die Ostgothen im
ehemaligen Pannonien, die Gepiden im heutigen Siebenbürgen und Rumänien, während
deu westlichen und nördlichen Theil von Ungarn nacheinander Rngier, Heruler uud
Lvngobarden besetzten. Um diese Zeit stand also das ganze Karpathenland, das heutige
Königreich Ungarn, unter der Herrschaft deutscher Völker.
Die Rugier besiegte 487 Odoaker und schleppte sie mit sich nach Italien. Der
Gothenkönig Theodorich zog auch 488 uach Italien, um im Namen des byzantinischen
Kaisers Odoaker zu bekriege»; er stiftete aber eiu unabhängiges Königreich, das er
493 bis 526 mit Ruhm beherrschte. Die Gepiden wollten nun auch die Sitze der Gothen
einnehmen und verfeindeten sich deßhalb mit dein byzantinischen Kaiser, der die Longobardeu
gegen sie herbeirief. Ein langer und erbitterter Kampf mit manchen Unterbrechungen wüthete
zwischen diesen germanischen Völkern, bis ihn die Avaren zu Guusteu der Lvngobarden
entschieden. Die erste avarische Gesandtschaft war 558 in Konstantinopel mit trotzigen
Forderungen aufgetreten; ihr Chagan Bajan war ein glücklicher Anführer. Mit ihm
schloß Alboin, der Longobardenköuig, 565 ein Bündniß gegen die Gepiden, die auch besiegt
wurden, so daß die Avaren ihr Gebiet als Sieger einnahmen. Nachdem Alboin mit seinen
Völkern 568 das ausgesogene Pannonien verlassen hatte und nach Italien gezogen war,
occupirte Bajan das ganze heutige Ungarn. Von 375 bis 568 war hier ein stetes Völker-
gewoge. Mit den Avaren kamen auch Bulgaren ins Land, beide waren die Herrschenden,
denn um 630 entstand wegen der Chagauwahl ein Streit zwischen ihnen, in dem die
Bulgaren unterlagen. Der Hauptsitz der Bulgaren war noch immer am südlichen Don, bis
wohin sich die Avarenherrschaft erstreckt hatte. Kubrat, der dortige Bulgarenfürst, befreite
sich vou den Avaren; aber nach seinem Tode führte einer seiner Söhne seinen Bnlgaren-
autheil nach dem avarischen Pannonien, wo dieser für immer blieb und in den Avaren
aufging. Ein anderer Sohn, Asparuch, setzte sich um 678 in Mösien fest und es entstand das
mächtige Bulgarenreich im Südeu der Donau. In Avarien zeigten sich noch lange Über-
bleibsel der Gepiden; die zahlreichste Bevölkerung bildeten jedoch die Slaven, was wir aus
deu byzantinischen Berichten über die in den avarischen Schlachten Gefallenen entnehmen.
Seitdem wir das Karpathenland oder das heutige Königreich Ungarn kennen, stand
es nie so lange unter einer Herrschaft wie unter den Avaren (568 bis 800). Die Herrschaft
der Römer in Pannonien dauerte wohl läuger, aber dieses war nur ein Theil von Ungarn.
Und seit der Römerzeit geschah sowohl in Dacien, als auch in Pannonien ein so häufiger
uud durchgreifender Wechsel der Einwohnerschaft, daß die Tradition vollständig unter-
brochen wurde. Deßwegen erhielt sich in Siebenbürgen uud in Rumänien kein einziger
dacischer oder römischer Stadtuame; auch iu Paunonien verschwanden alle römischen
Städtenamen (außer Sisek — Siseia und dem Ganuameu Sirmium). Dergleichen finden
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, 1. Abteilung: Geschichtlicher Teil, Band 3
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Übersichtsband, 1. Abteilung: Geschichtlicher Teil
- Band
- 3
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1887
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.64 x 22.39 cm
- Seiten
- 278
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch