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den Lech, bei dessen Vertheidigung Tilly die Todeswnnde empfing, und zog in München
ein, während die Sachsen in Böhmen eindrangen und Prag besetzten. Da es an Truppen
gänzlich fehlte, standen die kaiserlichen Erbländer bis Wien dem Feinde offen, und da
außerdem der Kurfürst von Baiern im Begriffe stand, nnter Frankreichs Vermittelung
einen Neutralitätsvertrag mit Schweden abzuschließen, der sich zuletzt allerdings an den
nugemessenen Forderungen Gustav Adolfs zerschlug, so sah sich der Kaiser völlig isolirt
und lediglich auf die geringen Hilfsmittel beschränkt, welche ihm die eigenen, durch eiueu
uuumehr bereits fünfzehnjährigen Krieg tief erschöpften Lande bieten konnten.
In dieser schweren Noth fielen die Blicke abermals auf Walleustein, der seit seiner
Enthebung vom Commando iu die Hauptstadt seines Herzogthums Friedland nach Gitschin
sich zurückgezogen hatte, ohne doch den Gang der Weltereignisse aus dem Auge zu verliere».
Zwar hatte er die Nachricht vvu seiuer Entlassung mit scheinbarer Ruhe aufgenommen
unter Hinweis auf die Macht der Gestirne, iu denen er sein Schicksal zu lesen wähnte.
Aber sein Unmuth ging doch so weit, daß er sich mit dem Schwedenkönig, als dieser siegreich
iil Deutschland vordrang, in Verbindung setzte und über seineu eigene» Übertritt verhandeln
ließ. Es war die Rede davon, ihn in diesem Falle zum Viceköuig von Böhmen zu eriiemien,
was man nicht so unwahrscheinlich finden wird, wenn man bedenkt, daß Waltenstein bereits
systematisch darauf ausging, sein Herzogthum Friedland aus dem Verbände der böhmischen
Krone loszuschäleu.
Während aber dies Project sich zerschlug, war es Ferdinands einflußreichster Rath-
geber, Fürst Eggenberg, welcher den Herzog zur Übernahme des CommandoS und zur
Neuschaffung des Heeres bewog. Die vielbesprochenen Bedingungen, unter welchen
Wallenstein das zweite Generalat übernommen, sind bis heute nicht in authentischer Form
bekannt geworden. Sicher ist, daß Wallenfteiu, der als Capo d'armada an die Spitze der
kaiserlichen Truppen trat, zugleich das ausschließliche Recht der Heerführung im deutschen
Reiche übernahm und daß er weder durch deu Beichtvater des Kaisers noch durch Andere
in seinem Dienste gehindert werden sollte.
Auch diesmal bewährte sich Wallenfteiu als großer Feldherr, iudem er nach völliger
Befreiung Böhmens vom Feinde den Schwedenkönig durch bloße Märsche zwang, Süd-
deutschland zu verlassen. Und wenn er auch sodauu die Wahlstatt Lützen (1632) räumen
mußte, so schlug er doch auch diese Schlacht unter ungünstigen Verhältnissen mit einem
Aufwände von Feldherrngenie und Heldeumuth, der über jedes Lob erhaben war.
Da Gustav Adolf im Kampf den Tod gefunden hatte, so kam die Schlacht bei Lützen
in ihren Folgen einem unentschiedenen Treffen gleich. Ja Gustav Adolfs Tod war einem
großen Siege gleich zu achten, da mit dem König zugleich dessen stolze Entwürfe zu Grabe
gingen, die, gleichviel ob sie die Trennung Deutschlands in zwei Hälften, in eine katholische
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, 1. Abteilung: Geschichtlicher Teil, Band 3
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Übersichtsband, 1. Abteilung: Geschichtlicher Teil
- Band
- 3
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1887
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.64 x 22.39 cm
- Seiten
- 278
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch