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Die Doppelherrschaft Österreichs über Deutschland und Italien war also der große
politische Gedanke, auf den Metternich das ganze Vertragswerk des Wiener Congresses
zu gründen verstand. Dies Resultat für alle Zukunft sicher zu stellen, wurde die Aufgabe
seines ferneren Lebens. Da aber Metternichs Werk mit allen übrigen Schöpfungen des
Congresses euge zusammenhing, so lief sein System ans eine vollständige Stabilität des
politischen Zustandes von Europa hinaus, wobei ihm ebensosehr die Solidarität der
legitimen Interessen und die allgemeine Erschöpfung der Staaten als jene religiös mystische
Stimmung zu Hilfe kam, die an die Stelle des früheren Unglaubens die Grundsätze der
„heiligen Allianz" als Richtschnur des politischen Lebens setzte und die ruhebedürftige
Welt in den Schlummer ihrer mondbeglänzten Zaubernacht wiegte. Denn wie richtig auch
Metternichs nüchterner Sinn hinter dem Dunstkreise, in den die heilige Allianz die letzten
Absichten ihres Urhebers hüllte, das Gelüste uach einer russischen Hegemonie über Europa
erspähte, so wußte er doch auch diese Idee seinen Zwecken dienstbar und mit überlegener
Meisterschaft den Czaren aus einem Schirmvogt des Liberalismus zum Paladin der
Reaction zu machen. Zwar scheiterte der Plan, die heilige Allianz zu einer europäischen
Amphiktyonie mit internationalen Befugnissen auszubilden, an dem Widerspruch Englands;
aber statt dessen trat nun doch jene Ära der Congrefse (von Troppau, Laibach und Verona)
und der bewaffneten Interventionen ein, welche sich nicht allein gegen die revolutionären
Zuckungen des Welttheils, sondern gegen alle nationalen und liberalen Regungen richteten
nnd bei denen das Wiener Cabinet überall als der natürliche Wächter nnd Beschützer des
konservativen Princips und als der Sachwalter eines Qnietismns fnngirte, der an sich zwar
die natürliche Reaction gegen die vorangegangene Epoche gewaltsamer Umwälzungen war,
aber auch jedes schöpferischen Gedankens bar den lebendigen Kreislauf des staatlichen
Lebens nicht minder gewaltsam hemmte, nur an dem Augenblicke hing und die Gefahren
der Zukunft, denen er steuern wollte, erst recht ins Leben rief.
Es war dies zugleich die Zeit, in der sich der Hauptrepräsentant dieser Richtung
eines fast beispiellosen Ansehens und Einflusses bei den Monarchen nnd Staatsmännern
Europas erfreute, die sich alle bei ihm Raths erholten, für welche alle „Wien das Mekka
war, wohin sie ihre Blicke richteten, und Metternich ihr Prophet". Was aber diese Stellung
zu einer ganz unvergleichlichen erhob, das war die Harmonie, in welche Metternich seine
Intentionen mit den Anschauungen seines kaiserlichen Herrn zu bringen wußte, der ihm
unmittelbar nach der Schlacht bei Leipzig den Fürstentitel verlieh, ihn in der Folge (1821)
zum Staatskanzler erhob und ihn auch sonst mit Beweisen seiner Huld überschüttete.
Von Natur durchaus friedliebend wie sein Vater, sah sich Kaiser Franz von dem
ersten Tage seiner Regierung an zu einer langen Reihe von Kriegen verurtheilt, die ihn
gleichsam von selbst zum Vorkämpfer des alten Rechtes gegen den Anprall der dasselbe
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, 1. Abteilung: Geschichtlicher Teil, Band 3
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Übersichtsband, 1. Abteilung: Geschichtlicher Teil
- Band
- 3
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1887
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.64 x 22.39 cm
- Seiten
- 278
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch