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Aber der Bund, den die Epigonen der großen Befreiungskämpfe miteinander
schloffen, war doch nur eine schwache Copie der heiligen Allianz, der es an dem Zauber
der letzteren, an der Originalität gebrach. Was zunächst das Verhältniß Österreichs zn
Rußland betraf, so hatte zwar den Gegensatz, der seit dem Türkenkriege von 1828 zwischen
den beiden Höfen bestand, die gewaltige Erschütterung der Julirevolution, der belgischen
und der polnischen Erhebung einigermaßen zugedeckt: wie vor zehn Jahren schloß mau
sich wieder zusammen auf dem Boden der großen Grundsätze der Legitimität; aber in der
Anwendung derselben wich man nach den verschiedenen beiderseitigen Interessen fast bei
jeder Frage auseinander, so daß man sich zwar in dem Wunsche, das englisch-französische
Bündniß zu trennen, begegnete, aber zur Erreichung dieses Zieles völlig entgegengesetzte
Wege einschlug. Und was Preußen betraf, so stand dasselbe zwar in allen couservativeu
Interessen auf Seiten Österreichs, aber in Bezug auf die künstige Regelung der deutscheu
Verhältnisse bestand zwischen den beiden Schwesterstaaten ein zwar unausgesprochener,
aber darum doch nicht minder tiefer principieller Gegensatz.
Überhaupt bewährten sich die zur Erhaltung der Machtstellung Österreichs in
Deutschland angewendeten Mittel auf die Dauer ebensowenig als die auf dasselbe Ziel
gerichteten Bestrebungen in Italien. Das ängstliche Bemühen, in den Kleinstaaten jeden
Ansatz selbständiger Entwickelung im Keime zu ersticken, zerstörte hier wie dort den Parti-
eularismus und förderte gerade das, was man mehr als alles Andere hintanzuhalten suchte,
die Richtung auf das Allgemeine und Nationale. Während in Italien eben hieran, sowie
an dem unüberwindlichen Mißtrauen der einzelnen Fürsten der Versuch, nach dem Vor-
bilde Deutschlands einen Staatenbund zu schaffen, scheiterte, trat in Deutschland unter
Preußens Führung der Zollverein ins Leben, dessen hohe Bedeutung für die künftige
politische Entwicklung Metternich zwar erkannte, dessen Abschluß er aber nicht zu hindern
im Stande war.
Metternichs größter Stolz war die Wiener Eongreßaete, die er gerne als sein Werk
bezeichnen hörte, wie sie es anch in der That zum großen Theile war. Und doch nöthigten
ihn seither die Verhältnisse, nicht mir manche im Widerspruche mit den Wiener Verträgen
geschaffene Thatsache als solche anzuerkennen, sondern zuletzt sogar selbst an die Zerstörung
seines Werkes durch jene Einverleibung Krakaus Hand anzulegen, die, an sich unvermeidlich,
sich doch wie ein großes Fragezeichen am Ende seiner politischen Laufbahn ausnahm.
Länger als nach außen hat sich jenes System der Stabilität im Innern Österreichs
behauptet. Für dasselbe lag selbst in der Verfassung Ungarns trotz ihres Gegensatzes zu
der absolutistisch regierten westlichen Hälfte des Reiches keine Gefahr, insoweit und solange
als das Interesse des magyarischen Adels, der herrschenden Classe, ebenfalls nur auf die
Erhaltung überlieferter Rechte gerichtet war. Allein dies änderte sich, als allmälig in
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, 1. Abteilung: Geschichtlicher Teil, Band 3
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Übersichtsband, 1. Abteilung: Geschichtlicher Teil
- Band
- 3
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1887
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.64 x 22.39 cm
- Seiten
- 278
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch