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Jänner 1854
ganze säulenhallen etc., Alles dieses liegt und steht in malerischer ver-
wirrung durch und übereinander. man braucht 3–4 stunden, um es nur
oberflächlich zu durcheilen. Besonders schön und imposant aber ist eine
säulenhalle mit 114 kolossalen säulen, wie ein steinerner Wald.
in den ruinen stießen wir auf ein paar schakale, auf einem Boote neben
dem unsrigen hatte ich am morgen vorher 2 giraffen und einen jungen lö-
wen gesehen, welche da ganz frey herumspatzierten, und ich unter ihnen,
sie kommen von chartum und sind für halim Pascha nach schubra be-
stimmt. gestern speiste m. kennard bey uns und blieb den Abend zu einer
Parthie Whist.
heute früh gegen 9 uhr fuhren wir, bey schwachem Winde, von luxor ab.
die copten beschrieb mir Brugsch als noch feindseliger gegen die euro-
päischen christen gestimmt als die mohammedaner, dabey auf der tiefsten
stufe religiöser Bildung, sie verstehen ihre heiligen Bücher, in koptischer
sprache, selbst nicht mehr, das koptische ist keine lebende sprache mehr,
sie sprechen arabisch, sie haben noch um einige evangelien mehr als wir,
ihr einziges dogma ist, daß sie an ihren Patriarchen in Alexandrien, der
aber meist in cairo lebt, glauben, dieser heißt carolos.1
Kufisch ist das alte Arabische, bey Assuan etc. findet man viele kufische
inschriften und ruinen aus der Zeit mahomets, dessen krieger hier krieg
führten, von Arabien aus.
die ursprüngliche Bestimmung der obelisken war, als sonnenuhren zu
dienen.
[am nil vor el kab] 8. Jänner
Am 5. gegen mittag hielten wir eine Weile in Armant an, da dort eben
markt war, und wir sahen bey dieser gelegenheit die ruinen eines tempels
oder nach anderer version gebärhauses, von cleopatra erbaut, hier stand
nämlich das alte hermonthis. die ruinen bestehen aus einigen eleganten
säulenreihen, ziemlich ähnlich denen des forum in rom, die leute, wel-
che, zum erstenmahle in Aegypten, ziemlich keck und zudringlich ausse-
hen, hatten vor einigen monaten gegen mohammed Bey, einen sohn ibra-
him Paschas, revoltirt, welcher hier große Besitzungen hat und die leute
drückte, sie zu unentgeltlichen Arbeiten zwang etc. Abbas Pascha entschied
zu ihren gunsten, und seitdem hat mohammed Bey diesen ort verlassen
und lebt in cairo, eine große Zuckerfabrik, die er hier angelegt hat, steht
müßig, und er muß sich mit den rechtlichen revenueen seiner Besitzung
begnügen, welche aus der verpachtung seiner gründe an die fellahs gegen
halbscheid oder naturalpacht entspringen.
1 kirellos iv., Patriarch der koptischen kirche.
„Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“
Tagebücher 1839–1858, Band III
- Titel
- „Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“
- Untertitel
- Tagebücher 1839–1858
- Band
- III
- Autor
- Viktor Franz Freiherr von Andrian-Werburg
- Herausgeber
- Franz Adlgasser
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2011
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-205-78612-2
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 476
- Schlagwörter
- Viktor Andrian-Werburg (1813 - 1858), Revolution 1848, Austrian Neoabsolutism, Austria future (1842), Late Vormärz, Reform and Repression
- Kategorie
- Biographien