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„Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“ - Tagebücher 1839–1858, Band III
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158. Jänner 1854 ich war höchlich überrascht, als ich eine Art von halb unterirdischen stall fand, mit vielen kleinen niedrigen gemächern, in denen ich bey kerzenlicht herumkriechen mußte. dieses ist die kirche, halbverfallen, doch mit spu- ren eleganter byzantinischer Architektur, an der Wand freskobilder der heiligen maria, georg, Petrus, Paulus, etc., dabey das Alles mehr als zur hälfte verwüstet durch die mahomedanischen fellah’s. der alte Priester, der mich herum führte (es gibt davon nur 2, der dritte lebt in esné), und dessen 112jähriger vater noch in esné lebt, las oder vielmehr sang mir etwas aus einer uralten koptischen Bibel vor und tractirte mich dann in seiner sogenannten Wohnung, eine Art schweinestall mit kukuruz halb gedeckt und einem niedern loche als eingang, mit caffeh und Brod. Als ich wieder an Bord kam, fand ich eine deputation copten, die von meinem gange gehört hatten, auf mich wartend, um zu betteln. das Brodbacken verzog sich den ganzen tag, mit einkaufen des kornes, mahlen etc., es gibt nur einen ofen (seit siut keinen), der nach der reihe der Ankunft benützt wird. das Brod war der mannschaft complet ausge- gangen, so daß sie am tage vorher nichts mehr zu essen hatten, bis ich ihnen großmüthig von unserm vorrathe geringeren Zwiebackes gab. heute früh nach 9 uhr fuhren wir ab, es war im hafen (?) von esné sehr lebhaft, eine menge europäischer Boote, die ankamen und abgingen. der Wind ist sehr stark und günstig, und das schiff tanzt wie auf dem meere, wir sind jetzt gegenüber von el kab, dem alten eilythias. heute sprang ein mann unserer mannschaft in folge eines Wortwech- sels mit dem reis plötzlich ins Wasser, kam aber nach einer viertelstunde ganz ruhig und abgekühlt wieder zurück. von einem gemeindeleben, von welchem u.a. urquhart (wenigstens für die europäische türkey) ich weiß nicht mit wie vielem grunde spricht, ist jedenfalls in diesem theile des orients keine spur. der scheikh el Beled, gemeindevorstand, ist ein regierungsbeamter und fast immer der ärgste tyrann seiner nachbaren. isolirung des individuums im nichtsthun und in der stabilität, das ist der character des orients, wenigstens hier, weder die staats- noch die gemeindeidee ist hier ausgebildet, beyde verschwinden vor dem coran, und dieser begünstiget nichts mehr als die geistesträgheit und eine stupide herkömmlichkeit, mit denen eine gewisse Würde und ein gewisser Grad häuslicher Tugenden allerdings sehr häufig, häufiger als an- derswo, verbunden seyn kann. in esné ist eine nubische colonie, mutternackt und schwarz, uns amu- sirte gestern die scheue Wildheit der kinder, welche fast den ganzen tag vor unserm Boote versammelt waren, um uns körbe etc. von allerley ge- flecht zu verkaufen, aber davon liefen, wenn wir ihnen Geld geben wollten etc., das ganze hätte stoff zu einem characteristischen Bilde gegeben.
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„Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“ Tagebücher 1839–1858, Band III
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
„Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“
Untertitel
Tagebücher 1839–1858
Band
III
Autor
Viktor Franz Freiherr von Andrian-Werburg
Herausgeber
Franz Adlgasser
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2011
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-205-78612-2
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
476
Schlagwörter
Viktor Andrian-Werburg (1813 - 1858), Revolution 1848, Austrian Neoabsolutism, Austria future (1842), Late Vormärz, Reform and Repression
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Tagebücher 1854–1858 7
  2. Literatur 359
  3. Kommentiertes Personenregister 373
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