Seite - 18 - in „Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“ - Tagebücher 1839–1858, Band III
Bild der Seite - 18 -
Text der Seite - 18 -
18 Tagebücher
wie sie diese ungeheuren granitmassen mit nassem holze sprengten (was
noch heutzutage in england mit den mühlsteinen geschieht) wahrnimmt,
u.a. liegt da ein ungeheuerer ausgebrochener jedoch noch unvollendeter
obelisk, cambyses unterbrach alle diese Arbeiten, ganz karnak, luxor etc.
sind aus diesem prächtigen röthlichen granit von syene gebaut worden.
die gegend ist höchst pittoresk und eigenthümlich, der charakter der
oben beschriebene, dazwischen eine unzahl alter und neuer muselmänni-
scher Gräber und Moscheen, die ersteren mit kufischen Inschriften, dazwi-
schen tausende von enormen granitblöcken und hier und da ruinen alter
sarazenischer und römischer castelle und umfassungsmauern.
Abends machten freeman und ich eine entdeckungsreise in amorosis
und hatten eine eigenthümliche Zusammenkunft mit zwey schwarzen
schönen. diesen morgen gegen 9 uhr fuhren wir ab, mit dem Piloten und
mehreren neuen leuten an Bord, wir fuhren über 3 stunden höchst lang-
sam und mühsam zwischen klippen und felsblöcken durch und ankern
jetzt an einer sandbank am Anfange der cataracte, die wir wahrscheinlich
erst morgen passiren werden, da es hier zwar leute genug aber nur 2 seile
gibt!, wir daher warten müssen, bis die reihe an uns kömmt.
nubien (ethiopia), wohin wir jetzt kommen, ist erst seit etwa 40 Jahren
Aegypten unterworfen oder vielmehr wieder unterworfen, denn schon früher
zu verschiedenen mahlen, während der ersten Pharaohs, der Ptolemäer und
zuweilen während der römischen herrschaft sowie auch unter sultan selim
gehörte es zu Aegypten, daher auch die vielen ruinen bis zur sogenannten
insel meroë, also bis gegen schendy hinauf, die veranlassung zur letzten
Wiedereroberung durch mehemet Ali war die rachsucht eines nubischen
häuptlings, welcher durch seine nachbarstämme vertrieben worden war.
ismail Pacha, mehemet Alis sohn, welcher den eroberungszug unternahm,
wurde in schendy hinterlistiger Weise ums leben gebracht, worauf dann die
eroberung durch ibrahim Pascha und defterdar Bey folgte. der größte und
beste theil der ägyptischen Armée sind nubier, seit einem Jahre geschieht
hier wie in Aegypten die stellung durch das loos, früher nach der Willkür
der sheiks el Beled, der Pascha von nubien residirt in chartum, die nubier
sind mahomedaner, wenn auch nicht sehr orthodox, so z.B. hatten sie noch
bis vor kurzem eine unzahl Weiber, die regierung macht muselmännische
Propaganda und civilisirt in ihrer Weise, z.B. entwaffnet die Bevölkerung,
wenigstens so gut sie kann etc., doch gibt es noch immer viele händel und
kleine kriege zwischen dorf und dorf, stamm und stamm, sie sind nach der
Zahl der sakkien besteuert und zahlen gewöhnlich in datteln und durra,
jetzt aber, wo sie das geld kennen gelernt haben, großentheils schon in geld.
die Araber (egyptier) nennen sie Barabras und ihr land mit dem ge-
sammtnahmen sudan, welches das ganze süd- und Westafrika in ihrer
„Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“
Tagebücher 1839–1858, Band III
- Titel
- „Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“
- Untertitel
- Tagebücher 1839–1858
- Band
- III
- Autor
- Viktor Franz Freiherr von Andrian-Werburg
- Herausgeber
- Franz Adlgasser
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2011
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-205-78612-2
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 476
- Schlagwörter
- Viktor Andrian-Werburg (1813 - 1858), Revolution 1848, Austrian Neoabsolutism, Austria future (1842), Late Vormärz, Reform and Repression
- Kategorie
- Biographien