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22 Tagebücher
in der gegend von Assuan fanden wir mehrmals spuren von hyänen,
ohne jedoch welche zu sehen noch zu hören.
Jener Baum, den ich vor Assuan und seitdem fand, und den die Araber
öscher nennen, ist der seidenbaum.
Warburton erzählt eine sage der Araber: als gott cain nach seinem er-
schlagenen Bruder fragte, sey er erblaßt, und von da an datire die weiße
farbe der europäer – ? –
[am nil zwischen korosko und derr] 17. Jänner
gestern ließ der Wind nach, und da nebstdem der nil jetzt eine nordwest-
liche richtung annimmt, bis derr, so mußten wir gestern und heute größ-
tentheils gezogen werden. es ist für die tropen ziemlich kalt, 17–18° r. und
gestern morgens sogar 10°.
ich benützte diesen Witterungswechsel gestern, um einen langen spa-
ziergang zu machen, fand mehrere mir neue Pflanzen: den Seidenbaum, die
Ricinusstaude, eine Pflanze, woraus man den Sené preßt, wie Mohammed
mir sagte, mit dessen Angaben ich, da ich gar nichts von Botanik verstehe,
mich begnügen muß. im ganzen gibt es hier und in egypten auffallend we-
nig verschiedene Baumgattungen, dattel- und dhumpalmen, sycomoren,
mimosen, Acacias (nur in und bey cairo), in cairo und im delta Bananen,
das ist so ziemlich Alles.
hier ist der klassische Boden der dattelpalmen, eine jede zahlt 1 1/2 bis 2
Piaster steuer. Wenn man den dünnen streif Ackerlandes (meist mit Boh-
nen und gemüse bebaut) an beyden seiten des flusses sieht und bedenkt,
daß dieses der einzige bebaute Boden in nubien ist, so begreift man die
Armuth des landes, und daß jährlich tausende mit hinterlassung ihrer
familien nach cairo wandern, wo sie als Bediente jeder Art sehr beliebt
sind.
gegen 4 uhr nachts kam ich, zugleich mit dem Boote, nach korosko, von
hier geht die caravanenstraße nach Abuhammed und chartum, beyde am
nil gelegen, dessen krümmungen man dadurch abschneidet, die reise nach
dem ersteren orte beträgt 8 tage. die Beduinen der Wüste, durch deren
gebieth diese straße geht, sind die Bischarin, von denen daher immer meh-
rere in korosko sind. ich sah ein halbes dutzend davon, schwarze kerle mit
sonderbaren frisuren und einem haarwuchs, gegen welchen gustl lichten-
stein ein kahlkopf ist. überhaupt war der ort (eigentlich ein elendes dorf)
sehr belebt, 2 große stallungen voll ochsen aus dem sennaar und weiter
her, sämmtlich mit höckern, welche nach cairo etc. gehen, sklavenhändler
mit Ballen europäischer Waaren aller Art, welche nach chartum, kordofan
etc. gehen, um sclaven und gummi dafür zu holen. ich traf da am ufer ei-
nen jungen sehr nett aussehenden Piemonteser, aus Assuan, welcher hier
„Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“
Tagebücher 1839–1858, Band III
- Titel
- „Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“
- Untertitel
- Tagebücher 1839–1858
- Band
- III
- Autor
- Viktor Franz Freiherr von Andrian-Werburg
- Herausgeber
- Franz Adlgasser
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2011
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-205-78612-2
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 476
- Schlagwörter
- Viktor Andrian-Werburg (1813 - 1858), Revolution 1848, Austrian Neoabsolutism, Austria future (1842), Late Vormärz, Reform and Repression
- Kategorie
- Biographien