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März 1854
tionshause einquartirte unter dem vorgeben, ich hätte von AbbasPascha
die erlaubniß dazu, da wäre ich aber bald von dem regen in die traufe
gekommen, denn der da stationirte Offizier wollte durchaus sein Zimmer
oder loch, das einzige im hause, mit mir theilen, endlich machte ich mich
von seiner Höflichkeit los, schlug mein Zelt im Hofe dicht am Stalle unter
einem vordache auf und ließ ihn bey mir im Zelte essen.
mein frugales mahl bestand ohne die geringste Abwechslung während
dieser 16 tage aus einem Pilaf von reis mit einem huhne, 1 oder 2 orangen
und einer tasse caffeh, dazu nilwasser mit (selbstgekauftem) cognac, des
morgens vor dem Aufbruche trank ich thee, abermals mit cognac, und aß
ein paar weiche eyer dazu, gegen mittag wurde während dem reiten Brod,
einige harte eyer und manchmal eine orange gegessen. Auf diese einfache
kost, mit der ich jedoch vollkommen zufrieden war, hatte mich mohammed
gesetzt, leider entwickelte der mann auch in anderer Beziehung seine spar-
samkeit auf meine kosten, so hatte ich z.B. keine Bettstätte und eine ein-
zige strohmatte, auf welche meine schlechte Wollmatratze gelegt ward, so
daß ich selbst in den wenigen windstillen nächten, geschweige denn wenn
es stürmte, mein Bett voll sand bekam. das war mein hauptleiden und
hinderte mich oft am schlafen.
meine leute waren von dem Arayschestamme (d.h. von el Arisch), ein
angesiedelter, entwaffneter und daher nichtsnutziger und von niemand ge-
achteter stamm, keine Beduinen mehr, sondern recht eigentliche kamehl-
treiber, die mir viel zu schaffen machten, besonders da mohammed sich
ganz wie ein altes Weib benahm, in einem fort schimpfte und fluchte, dann
wieder den gutmüthigen spielte, sich also in gar kein Ansehen zu setzen
wußte, was ich ihm auch sagte, half nichts, seine natur ist einmahl so,
ich konnte mit den leuten nicht sprechen, machte mich aber dennoch von
ihnen respectiren, trotzdem mußte ich von mohammed’s unfähigkeit viel
leiden.
der 4. tag, 2. märz, war superb. Abends 11 uhr war am 1. das dampf-
schiff hindustan vor suez angekommen, so daß in meiner Poststation die
ganze nacht über die Wagenzüge abgingen, was natürlich meine nacht-
ruhe nicht beförderte, früh am morgen sah ich einen solchen Zug abgehen,
in dieser gegend ein eigenthümliches spektakel, auch ganze kamehlreihen
mit den Waaren zogen vorüber, der transit zahlt 45 Piaster per kamehl,
und die Waaren müssen in 28 stunden in cairo seyn. das ganze geht mit
bewundernswerther Praecision und schnelligkeit.
nach einem spaziergange von etwa 2 stunden war ich in suez und ging
zum österreichischen Agenten nicolò costa, einem reichen levantiner aus
Syrien, der nur arabisch, dessen Sohn aber geläufig französisch spricht, es
ist der typus eines reichen morgenländischen kaufherrn, wie sie in 1001
„Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“
Tagebücher 1839–1858, Band III
- Titel
- „Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“
- Untertitel
- Tagebücher 1839–1858
- Band
- III
- Autor
- Viktor Franz Freiherr von Andrian-Werburg
- Herausgeber
- Franz Adlgasser
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2011
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-205-78612-2
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 476
- Schlagwörter
- Viktor Andrian-Werburg (1813 - 1858), Revolution 1848, Austrian Neoabsolutism, Austria future (1842), Late Vormärz, Reform and Repression
- Kategorie
- Biographien