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54 Tagebücher
nacht vorkommen. der sohn führte mich im orte herum. die gegend ist,
obwol Wüste, magnifique (ich weiß nicht, warum sie mich an Fiume erin-
nerte), rechts die herrlichen gebirge des gebel Attaka, links die gebirgs-
kette, die mit dem sinai endet, und dazwischen das schöne blaue (obwol
roth genannte) meer. Ain musa, moses’ Brunnen liegt 1–2 stunden weiter
am linken ufer.
suez hat 5000 einwohner, nimmt sehr zu und wird ohne Zweifel in 20
Jahren eine große stadt seyn, die gebäude des transit sind sehr schön,
man zeigte mir das haus, wo napoleon wohnte, und die stelle im hafen, wo
er beynahe ertrunken wäre, und wo, wie es heißt (Andere sagen, ein paar
stunden südlicher), die israeliten übergingen. gewiß ist, daß das meer zu-
rückweicht, große schiffe, z.B. der hindustani, von dem ich einige chinesi-
sche matrosen, sonderbare figuren, in suez sah, bleiben etwa eine meile
weit vom hafen liegen, selbst seit menschengedenken soll der unterschied
bemerkbar seyn, und weit nördlich in die Wüste hinein findet man und sah
ich muscheln etc. als spuren des ehemaligen meeres.
der handel von suez ist größtentheils commissionsgeschäft von djedda
und der Arabia felix nach cairo etc., ebenso von Abyssinien, massaua und
sauakin nach cairo etc., daher mit den Producten jener länder: Weihrauch
(größtentheils für rußland), caffeh, gewürze, gummi, abyssinischer caf-
feh (geringer), sklaven etc. die schifffahrt geht bis mocca und höchstens
Aden, es gibt nur 3–4 bedeutende handelshäuser in suez, die geschäfte des
transit, Waaren, reisende etc. sind ausschließlich in händen der Admini-
stration.
gegen 2 uhr ritt ich wieder aus suez hinaus, froh diesen weltbedeut-
samen ort gesehen zu haben, von hier an kam ich in die große eigentliche
Wüste (den geraden Weg von cairo nach elarisch nennt man die kleine
Wüste), ganz verschieden von der zwischen cairo und suez, der sand weiß
statt dunkelgrau, keine Berge, sondern ein wellenförmiges terrain von
sandhügeln, wo nur selten hie und da einige sträucher aufsprießen, keine
spuren von Weg oder menschenhänden.
Bis hierher waren meine Araber von sonnenauf- bis untergang fort-
marschirt, da ihnen AbbasPascha nicht gestattet, die wenigen sträucher
zwischen cairo und suez abzuweiden (er behält dieses seinen dromedaren
vor), hier wurde dieses Anders, schon um 3, 1/2 4 uhr bestanden sie darauf
anzuhalten, und dieses war ein hauptanlaß zum streite, wobey sich mo-
hammed stets so ungeschickt als möglich benahm, einmahl kam es dabey so
weit, daß die leute mit gewalt abpackten und sich dann sogar weigerten,
mein Zelt aufzuspannen etc., erst als sie sahen, daß ich mit mohammed
ganz ruhig anfing, dieses selbst zu thun, kamen sie, um mich um Verzei-
hung zu bitten, ich verhielt mich bey allen diesen scenen soviel als möglich
„Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“
Tagebücher 1839–1858, Band III
- Titel
- „Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“
- Untertitel
- Tagebücher 1839–1858
- Band
- III
- Autor
- Viktor Franz Freiherr von Andrian-Werburg
- Herausgeber
- Franz Adlgasser
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2011
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-205-78612-2
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 476
- Schlagwörter
- Viktor Andrian-Werburg (1813 - 1858), Revolution 1848, Austrian Neoabsolutism, Austria future (1842), Late Vormärz, Reform and Repression
- Kategorie
- Biographien