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Mai 1856
gibt es von neuen Bahnprojecten noch die kärnthnerische, die croatischsla-
wonische fiume-vukovar, bey welcher ich ersucht worden bin, den vorsitz
im gründungscomité zu übernehmen, ich erwiderte, dass ich es nur auf aus-
drückliche Aufforderung Brucks thun würde. ich wünsche nicht, bey gar zu
vielen dingen betheiligt zu seyn. obwohl ich den weiterreichenden einfluß,
welchen derley stellungen geben, durchaus nicht gering anschlage, ja darin
sogar für mich ein hauptmoment liegt, so fürchte ich doch, den schein der
gewinnsucht auf mich zu laden. gerade in dieser Zeit muß man so ängstlich
für seinen guten nahmen seyn wie ein mädchen.
die constituirung der italienischen eisenbahngesellschaft geht nicht
ohne schwankungen und stockungen von statten, erstlich stoßen wir bey
der Pedanterie der Behörden und wohl auch dem übelwollen toggenburgs
und Bachs auf eine menge formeller Anstände, ebensoviele und mir persön-
lich noch unangenehmere schwierigkeiten aber bereitet uns cordon, welcher
der gesellschaft von Bruck zum Präsidenten decretirt worden ist und auch
nicht eine der dazu nothwendigen eigenschaften besitzt. es wird mir keine
kleine mühe kosten, mit diesem beschränkten kleinigkeitskrämer fertig zu
werden, der Alles an sich reißen möchte, während mir die gründer und der
in ihrem nahmen hier anwesende Baron langsdorff beständig vorpredigen,
wie sie nur von mir den fortgang der sache erwarteten und mich als die
eigentliche cheville ouvrière ansähen, ich aber wiederhole ihnen täglich, wie
wenig ich dazu geeignet bin mich zu insinuiren, de me faufiler dans une posi-
tion, dazu fehlt es mir sowohl an gewandheit [sic] als an geduld. Bruck, der
sich in Alles mischt, hat uns wie weiland carl Xii. seine stiefel als regenten
hingestellt.
doblhoff ist schon seit einigen Wochen hier, erzherzog ferdinand max,
der von Paris nach holland geht, hat ihn, obwohl er sich deßhalb bey ihm
meldete und ihm sein haus und seine Person zur verfügung stellen wollte,
nicht einmahl kommen lassen!! und bleibt nun ganz ruhig hier und freut
sich, der Plackerey entgangen zu seyn. Aber, ils en sont encore toujours là,
die ochsen.
gabrielle war einige tage mit ihrer erzherzoginn hier und ist nun wieder
hieher zurückgekehrt, um ihren hof hier abzuwarten.
das Wiener Bankhaus rothschild war) und eine gruppe von galizischen großgrundbesit-
zern auf. Zunächst erhielt mit kaiserlicher entschließung v. 27.5.1856 die nordbahn die li-
nien bzw. Konzessionen bis Przemyśl, die neue „Galizische Carl Ludwig-Bahn“ (an der sich
inzwischen auch die rothschild-gruppe aus credit-Anstalt, nordbahn und dem Bankhaus
Rothschild beteiligt hatte) jene von Przemyśl über Lemberg an die russische und moldau-
ische Grenze. Anfang 1858 wurde nach neuerlichen Verhandlungen an Stelle von Przemyśl
krakau als end- bzw. Anfangspunkt der beiden linien festgelegt.
„Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“
Tagebücher 1839–1858, Band III
- Titel
- „Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“
- Untertitel
- Tagebücher 1839–1858
- Band
- III
- Autor
- Viktor Franz Freiherr von Andrian-Werburg
- Herausgeber
- Franz Adlgasser
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2011
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-205-78612-2
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 476
- Schlagwörter
- Viktor Andrian-Werburg (1813 - 1858), Revolution 1848, Austrian Neoabsolutism, Austria future (1842), Late Vormärz, Reform and Repression
- Kategorie
- Biographien