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vom 20.03.2020, aktuelle Version,

Altes Allgemeines Krankenhaus Wien

Altes AKH, 1784
Das AKH um 1830
Übersicht über die Häuserblöcke des alten und des neuen AKH
Barocke Prunktreppe
Der Narrenturm im Jahr 2006
Narrenturm, sanierter Zustand (2019)

Als Altes Allgemeines Krankenhaus, kurz Altes AKH, heute Campus der Universität Wien, wird ein Gebäudekomplex in der Spitalgasse in Alsergrund (9. Wiener Gemeindebezirk) bezeichnet, welcher der frühere Standort des Wiener Allgemeinen Krankenhauses war und heute einen Campus der Universität Wien darstellt.

Geschichte

Invalidenspital

Die Ursprünge des Wiener Allgemeinen Krankenhaus gehen auf Johann Franckh zurück, der 1686 nach dem Ende der Zweiten Wiener Türkenbelagerung seine Grundstücke an der Alserstraße (Flur Schaffernack) für die Errichtung eines Soldatenspitals stiftete. Da jedoch zunächst das Geld zur Errichtung der Gebäude fehlte, wurden die Kriegsversehrten samt Familien in den bereits bestehenden Kontumazhof (Seuchenspital) einquartiert.

Erst 1693 ordnete Kaiser Leopold I. die Errichtung des Großarmen- und Invalidenhauses an. 1697 wurde der erste Hof fertiggestellt, in den 1.042 Personen einquartiert wurden. Um den Willen Franckhs zu berücksichtigen, bezogen im Trakt an der Alser Straße Kriegsversehrte ihr Quartier, bei den übrigen Bewohnern handelte es sich jedoch um Zivilarme. 1724 lebten bereits 1740 Personen hier.

Erweitert werden konnte der Komplex durch das Testament Ferdinands Freiherr von Thavonat, der seinen Besitz nach seinem Tod 1726 dienstunfähigen Soldaten stiftete. Dadurch konnte der bereits begonnene 2. Hof (Ehe- oder Witwenhof, nun Thavonathof genannt) fertiggestellt werden. Auch die durch Zwischentrakte gebildeten Seitenhöfe, der Krankenhof (4.), Wirtschaftshof (5.) und Handwerkerhof (7.) wurden errichtet. 1733 unter Kaiser Karl VI. wurde nach Plänen von Matthias Gerl und Franz Anton Pilgram baulich erweitert. Errichtung einer dreiläufigen barocken Prunktreppe mit langen Stufen von hartem, hellem Kaiserstein aus Kaisersteinbruch. Als Steinmetzmeister wirkten 1735–1738 Franz Trumler und Simon Sasslaber.

1752 bis 1774 erfolgte weiters der Ausbau des Studentenhofes (3.) und des Hausverwalterhofes (6.). Die Bewohner mussten eine eigene Uniform tragen und erhielten eigene Kupfermünzen, die bei den im Komplex befindlichen Bäckern, Fleischern usw. eingelöst werden konnten.

Allgemeines Krankenhaus

Am 28. Jänner 1783 besuchte Kaiser Joseph II. das Armenhaus. Er stellte fest, dass die riesige Anlage weniger der Notlinderung diente, sondern vielfach Leute beherbergte, die durch Protektion oder Schlamperei dorthin gelangt waren. Kurzentschlossen hob er die Anlage auf und ließ sie von seinem Leibarzt Joseph Quarin, dem späteren Direktor, zu einem allgemeinen Krankenhaus umplanen. Vorbild war das Hôtel-Dieu de Paris.

Am 16. August 1784 erfolgte die Eröffnung. Der Widmungsspruch im Torbogen zur Alserstraße lautet „Saluti et solatio aegrorum“ („Zum Heil und zum Trost der Kranken“). Das Haus war zum ersten Mal nur für die Krankenversorgung zuständig, die übrigen Aufgaben der Hospitäler wurden abgetrennt. Angeschlossen an das Krankenhaus war ein Irrenhaus und ein Gebärhaus, ab 1806 wurde das Findelhaus (Alser Straße 23) angegliedert.

Der Narrenturm war der erste Spezialbau zur Unterbringung von Geisteskranken und bot 200 bis 250 Patienten Platz. Wegen seiner eigentümlichen Form wird er von den Wienern auch „(Kaiser Josephs) Guglhupf“ bezeichnet. Heute ist er Sitz des Pathologisch-anatomischen Bundesmuseums Wien und jeden Sommer finden wöchentliche Kulturveranstaltungen statt.

Nach Auflösung des benachbarten Friedhofes kam schließlich 1834 unter Kaiser Franz I. der 8. und 9. Hof hinzu. Im Hof 10 an der Spitalgasse befindet sich das 1862 unter Carl von Rokitansky eröffnete Pathologisch-anatomische Institut, welches bis 1991 diesem Zweck diente. Am Giebel befindet sich die Inschrift „Indagandis sedibus et causis morborum“ („Der Erforschung des Sitzes und der Ursachen der Erkrankungen“). Seit dem Jahr 2000 ist darin das Zentrum für Hirnforschung untergebracht.

Zu Neuorganisationen kam es 1865, als die Gebär- und die Irrenanstalt in die Verwaltung des Kronlandes Niederösterreich kamen (vgl. Brünnlfeld), und 1922 aus Anlass der Schaffung des Bundeslandes Wien. In den 1930er Jahren wurde fast im rechten Winkel zum Pathologisch-Anatomischen Institut in der Sensengasse, vor dem Narrenturm, das Gerichtsmedizinische Institut errichtet, welches bis 2007 in Betrieb war. In den 1950er Jahren wurden aus Platzgründen und als Modernisierung in den Höfen Baracken errichtet, welche beim Campusumbau wieder entfernt wurden, ebenso wie die zahlreichen Zubauten an das Ursprungsgebäude.

Im selben Häuserblock befindet sich das ehemalige Garnisonsspital I mit seinem bemerkenswerten ehemaligen Hörsaal. Zwischen 1933 und 1967 beherbergte es die Krankenpflegerschule und heute ist dort unter anderem die Universitätszahnklinik untergebracht. Gleich dahinter befindet sich an der Währinger Straße das Collegium Medico-Chirurgicum Josephinum.

Vor allem im 19. Jahrhundert war das Allgemeine Krankenhaus als Zentrum der Wiener Medizinischen Schule ein Ort hervorragender Forschung. Hier machte Ignaz Semmelweis Beobachtungen zur Hygiene an den beiden getrennten Geburtskliniken im 8. und 9. Hof. Karl Landsteiner entdeckte am AKH die Blutgruppen (Nobelpreis 1930). Julius Wagner-Jauregg entwickelte die Malariatherapie bei progressiver Paralyse (ein bis dahin unheilbares Spätstadium der Syphilis; Nobelpreis 1927). Der Neurobiologe Róbert Bárány (Nobelpreis 1914) und der Chirurg Theodor Billroth arbeiteten ebenso hier und in den neuen Kliniken.

Am 3. März 1984 führten Ernst Wolner und Axel Laczkovics im AKH die erste Herzverpflanzung in Wien durch.[1] Einer der wesentlichsten Mängel des AKH war laut Wolner damals das Fehlen eines Sterilraums in der Intensivstation, der beim Neubau des AKH beseitigt wurde.[2]

Campus

Hof 1 am Campus der Universität Wien

Nachdem das Neue AKH in Michelbeuern schon in Planung war, verkündete Bürgermeister Franz Jonas zur 600-Jahr-Feier der Universität, dass man überlege, das nahegelegene Areal der Universität zu schenken, was durch das Universitätsorganisationsgesetz 1975 rechtlich möglich wurde. Am 7. Dezember 1988 wurde schließlich der Notariatsakt von Bürgermeister Helmut Zilk und Rektor Wilhelm Holczabek unterzeichnet. Schon 1986 wurde ein „Aktionskomitee Altes AKH“ gegründet, welche die Adaptierungsarbeiten in die Wege leiten sollte. Baubeginn war dann 1993.

Nutzung

Auf dem Gelände des alten AKH befindet sich seit der Übersiedlung der medizinischen Institute der Campus der Universität Wien mit zahlreichen geisteswissenschaftlichen Instituten sowie im ersten Hof mehrere Gastronomiebetriebe und kleinere Unternehmen.

Die Umnutzung des Geländes erfolgte nach einer Nutzbarkeitsanalyse aus dem Jahr 1988 und einem Leitprogramm aus dem Jahr 1992. Die Autoren der Umsetzung sind die Architekten Hugo Potyka, Friedrich Kurrent, Johannes Zeininger, Sepp Frank, Ernst M. Kopper, die sich zur ARGE Architekten Altes AKH zusammengeschlossen hatten. Der Komplex wurde 1998 den Nutzern übergeben.

Neben Universitäts-Instituten und Geschäften sind im Alten AKH auch gastronomische Lokale mit ausgedehntem Freiluft-Betrieb angesiedelt.

Höfe und Tore

Hof 1

1697 fertiggestellt, bekannt durch den Weihnachtsmarkt

Hof 2 (Thavonathof)

ehem. Ehe- oder Witwenhof

Hof 6 (Hausverwalterhof)

Die Synagoge im alten AKH Wien

1903 wurde vom Architekten Max Fleischer im Hof 6 ein „Betpavillon“ errichtet, finanziert durch Spendengelder der Kultusgemeinde. In der Reichspogromnacht 1938 wurde er schwer verwüstet, nach dem Krieg als Trafostation zweckentfremdet und nach einer Neugestaltung 2005 als Denk-Mal Marpe Lanefesh / Heilung für die Seele wiedereröffnet.

Tore

Weiters wurde mit der Adaption durch die Universität Durchgänge oder Tore nach herausragenden Persönlichkeiten der Universität benannt und weisen auch Plexiglastafeln mit biographischen Details der Namenspatrone auf. Die Benennungen erfolgten nach: Karl Beth, Sibylle Bolla-Kotek, Martha Steffy Browne, Conrad Celtis, Guido Holzknecht, Marie Jahoda, Carl Menger sen. und Karl Menger jun., Georg von Peuerbach, Enea Silvio Piccolomini, Franz Romeo Seligmann, Paul de Sorbait, Eduard Suess, Alfred Verdross und Renate Wagner-Rieger.

Verkehrsanbindung

Das Alte AKH wird von den Straßenbahnen 5, 33, 43 und 44 angefahren (Station Spitalgasse bei Hof 1). Die östlichen Teile des Komplexes befinden sich in Gehweite von Stationen der Straßenbahnen 37, 38, 40, 41 und 42 sowie der U2-Station Schottentor. Im März 2014 wurde von der Stadtverwaltung fixiert, dass die geplante U5 eine Station (Altes AKH) am Universitätscampus bekommen wird.

Literatur

  • Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien. Band 3: Ha–La. Kremayr & Scheriau, Wien 1994, ISBN 3-218-00545-0, S. 591ff.
  • Alfred Ebenbauer, Wolfgang Greisenegger, Kurt Mühlberger (Hrsg.): Universitätscampus Wien. 2 Bände. Band 1: Historie und Geist, Band 2: Architektur als Transformation. Holzhausen, Wien 1998, ISBN 3-900518-99-8.
  • Richard Kurdiovsky: Die öffentliche Wirksamkeit des neuen Wiener ‚Hauptspitals‘ in Architektur und Printmedien. In: INSITU 2020/1, S. 103–118.
Commons: Allgemeines Krankenhaus Wien  – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Raimund Margreiter, Transplantation in Österreich – ein historischer Rückblick. In: "Austrian Transplant Journal", Ausgabe 1/2017 (online)
  2. Artikel Erste Herztransplantation in Österreich: Ein zweites Herz schlägt neben dem eigenen in der Brust, Arbeiter-Zeitung vom 13. Oktober 1983, S. 5 (online), Zugriff am 27. Jänner 2018.