Wir freuen uns über jede Rückmeldung. Ihre Botschaft geht vollkommen anonym nur an das Administrator Team. Danke fürs Mitmachen, das zur Verbesserung des Systems oder der Inhalte beitragen kann. ACHTUNG: Wir können an Sie nur eine Antwort senden, wenn Sie ihre Mail Adresse mitschicken, die wir sonst nicht kennen!

unbekannter Gast

Lena Scheidig: Prag und sein Narrativ von der Jahrhundertwende bis zur Gegenwart#

Die Magie von Prag
Bild 'Inhalt_1'
Bild 'Inhalt_2'
Bild 'Inhalt_3'

Auf über 500 Seiten beschäftigt sich Lena Scheidig mit einem Phänomen, das sie die "Mythotopologie" Prags nennt. Prag ist für die Autorin eine "durch und durch ambivalente Stadt, ein Topos des Dazwischen, ein Schwellenraum, dessen Heterogenität vielfältig ist", denn diese "lässt sich allein schon anhand der zentralen Lage Prags im Herzen des kulturhistorischen Raumes Europas nachvollziehen, die sowohl geographisch als auch kulturell einen Übergang zwischen Ost- und Westeuropa markiert."
Der österreichische Leser findet in dem Buch alle ihm am Herzen liegenden Namen - von Max Brod über Franz Kafka, Egon Erwin Kisch, Gustav Meyrink, Leo Perutz und Rainer Maria Rilke bis hin zu Joseph Roth. Leider muss er Friedrich Torberg vermissen. Er wird sich auch wundern, wenn bei der kurzen Geschichte Prags der Name Reinhard Heydrich nicht auftaucht. Der Gründer der Republik und ihr langjähriger Präsident, T.G. Masaryk, der zusammen mit dem Architekten Jože Plečnik den Hradschin zu einem "Athenäum" umgestaltete, muss sich bei der einmaligen Nennung seines Namens mit dem Epitheton "der Intellektuelle" begnügen. Auch Edvard Beneš kommt nur einmal vor, seine Rolle bei der Vertreibung der Sudentendeutschen findet keine Erwähnung. Wie überhaupt auf etwas wie die "Sudetendeutschen Literatur" nicht näher eingegangen wird. Dass der "alte Kaiser" mit "Franz Joseph II." bezeichnet wird, geht wohl auf das Konto des ansonsten ausgezeichneten Lektorats.

Fazit: Die Autorin begibt sich in Dutzenden von methodischen Ansätzen auf die Suche nach der "Magie von Prag", um schließlich bekennen zu müssen, dass sich diese im Grunde weder greifen noch begreifen lässt. Immerhin hat Egon Erwin Kisch dafür diese Erklärung bereit:
"Prag ist ein Zauber, etwas, das einen bindet und hält und immer wieder hierher zieht. Man kann nicht vergessen. Prag ist eben ganz anders."

--> Ein epochemachendes Werk - eine Pflichtlektüre für jeden, der Prag nicht nur in der Literatur liebt.

Lena Scheidig (Jgg. 1983) hat an der Universität Leipzig Germanistik, Literaturwissenschaften und Slawistik studiert und ihre Promotion in Literaturwissenschaften abgeschlossen. Sie hat zudem die Ausbildung zur Fachberaterin für tiergestützte Intervention (Hund) und die Therapiebegleithund-Team-Prüfung am Institut Mensch-Hund-Beziehung Sachsen absolviert.