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Aslan, Raoul#

* 16. 10. 1886, Saloniki, Griechenland

† 17. 6. 1958, Litzlberg, Österreich


Schauspieler

R. Aslan als König Philipp II. in 'Don Carlos', Burgtheater, Wien. Foto, 1938, © Bildarchiv der ÖNB, Wien, für AEIOU
R. Aslan als König Philipp II. in "Don Carlos", Burgtheater, Wien. Foto, 1938
© Bildarchiv der ÖNB, Wien, für AEIOU

Aslan wurde am 16. Oktober 1886 in Saloniki auf dem Territorium des damaligen Osmanischen Reiches als Raoul Maria Eduardus Carolus geboren und stammte aus einem multinationalen Elternhaus.
Sein Vater, Charles Aslan, war der Sohn eines reichen Tabakpflanzers armenischer Herkunft, seine Mutter stammte aus einer italienischen Familie, die es nach Ägypten verschlagen hatte. Raouls Muttersprache aber war Französisch, wie es unter dem gehobenen Bürgertum des Osmanischen Reiches damals üblich war.

Nach der Geburt der ersten beiden Söhne übersiedelte die Familie aus Anatolien nach Saloniki, weil Charles Aslan die Tabakplanatage verkaufen musste, da Tabak Staatsmonopol geworden war. Der Erlös aus dem Verkauf reichte für ein Leben in bestem Wohlstand.

Charles Aslan entschloss sich, seine Söhne im Ausland erziehen zu lassen. Zunächst fiel seine Wahl auf Dresden, doch dann entschied er sich für Wien. So kam Corinne Aslan mit den drei älteren Söhnen 1896 nach Wien, die jüngeren drei Söhne blieben in Saloniki.

Raoul besuchte zunächst die Volksschule, im Herbst 1897 trat er in das k. k. Staatsgymnasium in der Fichtnergasse ein. Nach der zweiten Klasse musste ihn seine Mutter wegen schlechter Schulerfolge ins Piaristenkonvent nach Horn geben. Aber auch in Horn besserten sich seine schulischen Leistungen nicht - er hatte nur das Theater im Kopf - und die 7. und 8. Klasse besuchte er wieder in der Fichtnergasse, wo er die 7. Klasse wiederholen musste und zur Reifeprüfung nicht zugelassen wurde. Aslan war frommer Katholik, wie sich aus den Essays weiter unten ergibt.

Noch als Mittelschüler durfte Aslan 1904 dem großen Adolf von Sonnenthal, einem Burgschauspieler, vorsprechen und kam 1906 als Volontär an das Hamburger Schauspielhaus, nebenbei nahm er Schauspielunterricht bei Franziska Ellmenreich.

Seine Hamburger Jahre, in denen er, mit ganz kleinen Rollen beginnend, sich langsam ein Repertoire eroberte, beendete er, um sich Praxis in der Provinz zu erwerben. Er spielte in Teplitz-Schönau, Karlsbad, Graz und St. Pölten, ehe er 1911 ein Engagement am Stuttgarter Hoftheater bekam und hier erste große Erfolge feierte.

Der ganz große Durchbruch gelang ihm 1917, als er in Wien unter Vertrag genommen wurde. Seine Rolle des "Gabriel Schilling" etablierte ihn an der Hochburg des Theaters. Schließlich wurde er 1920 an das Burgtheater verpflichtet, wo er seine grösste Zeit verbrachte.

Aslan hatte nie ein eng umschriebenes Fach, sondern spielte von Tragödie bis Farce alles gleich hinreißend. Betrachtet man die Fülle seiner Rollen - zwischen 1920 und 1944 spielte er jährlich in bis zu zwölf verschiedenen neuen Rollen) - so verwundert nicht, dass er hin und wieder Textschwierigkeiten hatte (die Anekdoten über seine "Hänger" sind zahllos).

Aslan war ein Meister der Sprechtechnik, der besondere Reiz seiner Sprache bestand in der mediterranen Sprachmelodie und der Vielsprachigkeit seiner Lebensräume.

Beim Film debütierte Raoul Aslan um 1918. Zu seinen Stummfilmen gehören "Das andere Ich" (18) und "Die Venus" (22). Trotz weiterer Filmrollen blieb das Burgtheater weiterhin der Mittelpunkt seiner Karriere, 1929 wurde Aslan als Erster mit dem Titel eines Kammerschauspielers (früher "Hofschauspieler") geehrt, 1946 wurde er zum Ehrenmitglied des Hauses gewählt. Bis zu seinem Tode blieb er dem Haus treu, in dem er nicht nur als Schauspieler, sondern auch als Regisseur und Direktor wirkte. Letztere Funktion übte er in den schwierigen Nachkriegsjahren bis 1948 aus; die "Burg" fristete damals ein Exildasein im Ronacher, da das Haupthaus durch Bomben zerstört war.

Aslan dürfte er sich schon in seinem letzten Schuljahr über seine homophilen Neigungen klar geworden sein. 1931 lernte Aslan seinen "Lebensmenschen", den jungen Schauspieler Tonio Riedl, kennen. Mit dem um 20 Jahre jüngeren Mann ging er eine Gemeinschaft ein, die bis zu seinem Tode währte. Auch wenn Aslan ein Liebling des Wiener Publikums war, brachte ihn seine Homosexualität und dass er offensichtlich ein Gegner des Regimes war - er hatte immerhin eine Rolle in dem Propagandafilm "Jud Süß" abgelehnt -, unter den Nationalsozialisten doch in Gefahr. Doch gelang es ihm, als einem der wenigen berühmten und bekannten Homosexuellen, ohne große Probleme davonzukommen.

Im Tonfilm der 1930er Jahre folgten weitere Filme mit Raoul Aslan, darunter die Produktionen "Yorck" (1931), "Der weisse Dämon" (1932), "Unsichtbare Gegner/Öl ins Feuer" (1933) und "Mädchenpensionat" (1936). Nach dem Krieg kamen nur noch wenige weitere Filme hinzu, so "Matthäus-Passion" (1949), "Mozart" (1955) und "Wilhelm Tell" (1956).

Raoul Aslan starb am 17. Juni 1958 in seinem langjährigen Urlaubsdomizil Litzlberg, Gemeinde Seewalchen am Attersee, in Oberösterreich.


Aslan Raoul, Gedenktafel, Wien 9, Strudlhofg. 13, © Rainer Lenius
Aslan Raoul, Gedenktafel
Wien 9, Strudlhofg. 13
© Rainer Lenius
Aslan Raoul, Grab Grinzinger Friedhof, © Rainer Lenius
Aslan Raoul, Grab Grinzinger Friedhof
© Rainer Lenius
Aslan Raoul, Büste, Seitenstiege des Burgtheaters, © Rainer Lenius
Aslan Raoul, Büste, Seitenstiege des Burgtheaters
© Rainer Lenius

Sein Grab auf dem Grinzinger Friedhof (an der Mauer 24) wurde ihm ehrenhalber gewidmet, in der Seitenstiege des Burgtheaters ist seine Büste von André Roder und in der Ehrengalerie ein Gemälde Franz Elsners, das ihn als Caesar darstellt, und eines von Ernst Probst, das ihn als Herzog in Shakespeares "Maß für Maß" darstellt, zu sehen.

An seinem Wohnhaus im 9. Bezirk, Strudlhofgasse 13, ist eine Gedenktafel angebracht und im 19. Bezirk ist eine Gasse nach ihm benannt.

Weiterführendes#

Quellen#


Redaktion: I. Schinnerl, Isabella Ackerl