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Wiener, Oswald#

Pseudonym: Evo Präkogler


* 5. 10. 1935, Wien

Experimenteller Schriftsteller, Sprachtheoretiker, Kybernetiker


Oswald Wiener wurde am 5. Oktober 1935 in Wien geboren, wo er auch aufwuchs und die Schule besuchte.

Nach der Matura studierte er von 1953 bis 1958 an der Universität Wien eine Vielzahl von Fächern, darunter Rechtswissenschaft, Musikwissenschaften, Afrikanische Sprachen und Mathematik, ohne Prüfungen abzulegen. Zu dieser Zeit war er auch als Jazztrompeter und und Kornettist in verschiedenen Bands (u. a. mit Konrad Bayer in Walter Terhaerens Gruppe "New Orleans Band") tätig.

1954 kam er als jüngstes Mitglied zur sogenannten "Wiener Gruppe" um Konrad Bayer, Gerhard Rühm, Friedrich Achleitner, H. C. Artmann u. a., die mit unkonventionellen Texten, Sprachexperimenten und Aktionen ("literarisches cabaret") von 1958 bis 1964 für Aufmerksamkeit sorgte und wohl zu den radikalsten Künstlervereinigungen im Nachkriegseuropa zählte. Bis zu seinem Ausscheiden 1959 formulierte er die theoretischen Grundlagen der Künstlergruppe.

1958 begann er sich mit Werken von Ludwig Wittgenstein und Fritz Mauthner zu beschäftigen und vernichtete seine seit 1954 entstandenen frühen literarischen Versuche fast vollständig. Er befasste sich intensiv mit theoretischer Kybernetik und Wittgensteinscher Sprachphilosophie und eignete sich umfassendes Wissen über Computer an. Von 1959 bis bis 1967 arbeitete er im Bereich Datenverarbeitung in der Firma Olivetti Wien, wo er zuletzt als Direktor der Datenverarbeitungsabteilung tätig war.

Gemeinsam mit Günter Brus, Otto Muehl und anderen Vertretern des Wiener Aktionismus trat er ab Mitte der 1960er Jahre bei weiteren Aktionen auf.

So war er 1968 bei der im Hörsaal der Universität Wien stattfindenden Aktion "Kunst und Revolution" beteiligt, die für einen Skandal sorgte und ihn vor einer sechsmonatigen Gefängnisstrafe schließlich nach Berlin flüchten ließ. Dort eröffnete er eine Gaststätte und war bis 1986 Besitzer mehrerer Lokale (Matala, dann Exil und Axbax) – und unternahm ausgedehnte Reisen.

1969 erschien sein Buch "die verbesserung von mitteleuropa. roman", ein heterogenes Textgeflecht, in dem sich philosophische Aphorismen und erkenntnistheoretische Abhandlungen ebenso finden wie brachiale Akte.

(Dieses Buch war zugleich Wissenschaftskritik, politisches Manifest, Roman, umfassende Sprachkritik mit Hilfe der Sprache und mündete im Konzept des "bio-adapters", einer perfekt programmierbaren, pass- und bedürfnisgenauen Maschine für den menschlichen Körper. Das Werk gilt als Meilenstein in der gedanklichen Auseinandersetzung mit den Grenzen des Konzepts virtueller Umgebungen.)

1973 war er Gründungsmitglied der Grazer Autorenversammlung. In Berlin, wo er seit 1968 lebte, absolvierte er von 1980 bis 1985 ein Studium der Mathematik und Informatik an der Technischen Universität, das er mit der Promotion abschloss. Spätestens in dieser Zeit wurde es ihm zum Prinzip, naturwissenschaftliche und kybernetische Ansätze auch in Literatur und Philosophie zu übertragen – seine Arbeit war eine Synthese aus Kognitionswissenschaften und künstlerisch-philosophischer Literatur.

Mitte der 1980er Jahre ließ er sich in Kanada nieder. In seinem zweiten Roman, "Nicht schon wieder...!", der 1990 unter dem Pseudonym Evo Präkogler erschien, vermischen sich die Grenzen zwischen menschlicher und künstlicher Existenz.

Von 1992 bis 2004 unterrichtete Oswald Wiener als Professor für Poetik und künstlerische Ästhetik an der Kunstakademie Düsseldorf.

Heute lebt Oskar Wiener in Kanada und in der Steiermark, sein Vorlass befindet sich in der Österreichischen Nationalbibliothek.

Er ist in zweiter Ehe mit der Künstlerin Ingrid Wiener verheiratet. Der ersten Ehe mit Lore Heuermann entstammen drei Kinder - eine Tochter ist (Köchin und Autorin) Sarah Wiener, die bei der Mutter in Wien aufwuchs.

Auszeichnungen, Ehrungen (Auswahl)#

  • Stipendium des Berliner Senats, 1969
  • Literatur-Preis der Stadt Wien, 1987
  • Großer österreichischer Staatspreis für Literatur, 1989
  • Grillparzer-Preis, 1992
  • "manuskripte"-Preis des Landes Steiermark, 2006
  • Ehrendoktorat der Universität Klagenfurt, 1995

Werke (Auswahl)#

Aktionen / Einzelausstellungen

Gruppenausstellungen

  • Propaganda für die Wirklichkeit, Museum Morsbroich, Leverkusen
  • Medium Religion, ZKM / Museum für Neue Kunst, Karlsruhe
  • Bense und die Künste, ZKM | Medienmuseum, Projektraum, Karlsruhe
  • Wiener Aktionismus - Die Sammlung Hummel, MOMOK, Wien, A
  • Und weg mit den Minuten. Dieter Roth und die Musik, Hamburger Bahnhof, Berlin
  • Und immer fehlt mir etwas, und das quält mich, Kunstverein Köln
  • 47. Biennale Venedig 1997

Prosa

  • starker toback - kleine fibel für den ratlosen (mit K. Bayer), 1962
  • die verbesserung von mitteleuropa. roman, 1969 (2. Auflage, 1984)
  • Nicht schon wieder ...!, 1990

Essays und theoretische Schriften

  • Probleme der Künstlichen Intelligenz, 1990
  • Schriften zur Erkenntnistheorie, 1996
  • Literarische Aufsätze, 1998
  • Eine elementare Einführung in die Theorie der Turing-Maschinen (mit M. Bonik und R. Hödicke), 1998
  • Über das "Sehen" im Traum (Zu den Traum-Zeichnungen von Ingrid Wiener), 2001
  • Unter LSD/Über LSD. manuskripte, 171, 2006
  • Über das "Sehen" im Traum, Zweiter Teil. manuskripte, 178, 2007
  • Über das "Sehen" im Traum, Dritter Teil. manuskripte, 181, 2008

Literatur#

  • U. Rosenbichler (Redaktion), die wiener gruppe, 1987
  • W. Ihrig, Literarische Avantgarde und Dandyismus, 1988
  • M. Kubaczek, Poetik der Auflösung, 1992
  • F. Achleitner und P. Weibel (Hg.), Die Wiener Gruppe, 1997
  • H. Kurz, "Die Transzendierung des Menschen im bio-adapter“, Oswald Wieners "Die Verbesserung von Mitteleuropa" ( Dissertation), 1992

Weiterführendes#


Quellen#


Redaktion:I. Schinnerl