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Fellner, Ferdinand, d. Jüngere#

* 19. 4. 1847, Wien

† 22. 3. 1916, Wien


Architekt


Ferdinand Fellner
Ferdinand Fellner
Aus: Wikicommons


Ferdinand Fellner stammte aus einer alteingesessenen Wiener Handwerkerfamilie. Der Großvater führte eine Zimmerei; Fellners Vater, Ferdinand Fellner der Ältere, hatte bereits Architektur an der Akademie der bildenden Künste studiert und führte ein erfolgreiches Architekturbüro.


Nach abgebrochenem Studium an der Technischen Hochschule Wien arbeitete Fellner jun. im Atelier seines Vaters und führte es nach dessen Tod (1871) weiter. 1870 projektierte er das Interimstheater in Brünn als ersten selbständigen Bau. 1871 Eheschließung mit Katharina Plank, mit der er zwei Kinder hatte (Melanie und Ferdinand), die aber beide früh verstarben.


1873 gründete er eine Architektengemeinschaft mit seinem ehemaligen Mitschüler Hermann Helmer. Das Büro Fellner & Helmer spezialisierte sich auf den Bau von Theatern und wurde in der Folge zur wichtigsten Theater-Planungswerkstatt der österreich-ungarischen Monarchie. Insgesamt war die Bürogemeinschaft am Bau von 48 Theatergebäuden in Europa beteiligt.


Obwohl ihre Werke immer unter "Fellner & Helmer" firmierten, wurde die Planung eines Bauwerks stets von einem der beiden Architekten geleitet. In den ersten Jahren der Zusammenarbeit leitete Helmer vorwiegend die Arbeit im Büro, während Fellner die Verhandlungen führte, Bauleitung und Besprechungen vor Ort abwickelte. In späteren Jahren teilte man die Aufträge auf und jeder der beiden arbeitete mit einem eigenen Mitarbeiterstab.


Mit ein Grund für den Boom im Theaterbau des späten 19. Jahrhunderts war der Wunsch des aufstrebenden Bürgertums nach eigenen Repräsentationszentren. Eine weitere Ursache waren die verschärften Sicherheitsbedingungen hinsichtlich des Feuerschutzes, die Umbauten notwendig machten. Der katastrophale Ringtheaterbrand von 1881 mit mindestens 384 Toten nach offizieller Zählung hatte die Dringlichkeit solcher Maßnahmen demonstriert.


Fellner & Helmer beschäftigten sich intensiv mit der Frage des Brandschutzes und entwickelten mit dem eigens erbauten "Modell-Brandtheater" einen dreigeteilten Bautypus, bestehend aus Vorderhaus mit Vestibül, Treppen und Salon, dem anschließenden Saalbau und dem durch einen eisernen Vorhang abtrennbaren Bühnenhaus. Um im Ernstfall einer Gefahr eine schnelle Räumung des Theaters zu ermöglichen, wurden maximal drei Ränge vorgesehen.


Schließlich half Fellner auch sein Naheverhältnis zum späteren Burgtheaterdirektor Heinrich Laube. Häufig erhielt das Büro Fellner & Helmer Aufträge ohne Ausschreibung. Sogar im Fall von ausgeschriebenen Wettbewerben bekam man Öfteren auch dann den Zuschlag, wenn ihr Büro nicht als Sieger hervorging.


Die beinahe monopolartige Stellung der Architekten Fellner & Helmer in Österreich-Ungarn lässt sich weiters darin begründen, dass man hohe Qualität mit guter Akustik in den Zuschauerräumen, bei niedrigen Kosten und schneller Durchführung, Zuverlässigkeit und Berechenbarkeit garantieren konnte. Zeitweise arbeiteten bis zu 20 Architekten im Atelier, um das große Arbeitsvolumen abdecken zu können. Insgesamt ist die Errichtung von mehr als 200 Gebäuden durch das Büro Fellner & Helmer dokumentiert; die meisten Theater des Ateliers Fellner & Helmer sind trotz Kriegswirren und Bränden noch heute in Betrieb.


Im Anschluss an ihre erfolgreich errichteten Theatergebäude bekamen Fellner & Helmer häufig Aufträge für Wohn- und Geschäftshäuser, Kaufhäuser, Villen und Landhäuser. Diese zeigen das gleiche Formenrepertoire und zeichnen sich durch funktionale wie repräsentative Gestaltungsweisen aus. Fellner & Helmer ließen ihre Bauten auch stets von bedeutenden österreichischen Künstlern (etwa von Gustav Klimt) ausstatten.


Stilistisch finden sich in den Projekten von Fellner & Helmer neben den Formen der italienischen, deutschen, niederländischen und französischen Renaissance auch Motive des Barock, des Rokoko und des Empire, die durch Abwandlung zu neuen Lösungen verarbeitet wurden. Auch architektonische Formulierungen des 19. Jahrhunderts wurden von ihnen aufgegriffen, etwa die Formensprache von Ringstraßengebäuden, der Semper-Oper in Dresden oder von Garniers Oper in Paris, bis hin zum Jugendstil ihrer spätesten Bauten.


Häufig eingesetzte Stilmerkmale ihrer Entwürfe waren generell Dachlandschaften mit Mansardenfensterreihen, Fassaden mit Portikus- und Giebelfronten, Loggiamotiven, Portalbogenmotiven sowie (bei Nationaltheatern) Fassaden mit seitlichen Turmaufsätzen. Ihr Baustil leitete eine neue Epoche in der Architektur des 20. Jahrhunderts ein.


Ferdinand Fellner der Jüngere ist auf dem Grinzinger Friedhof beigesetzt. Nach seinem Tod wurde das Atelier von Hermann Helmer, nach dessen Tod (1919) von Helmer jun. weitergeführt. Nach dem Zerfall der Donaumonarchie erhielt das Atelier kaum noch nennenswerte Aufträge und wurde schließlich aufgelöst. 1963 wurde die Fellnergasse in Wien-Donaustadt nach Ferdinand Fellner benannt.

Auszeichnungen (Auswahl)#

  • 1875 Ritterkreuz des Franz-Josef-Ordens
  • 1890 Ritterkreuz des schwedischen Nordsternordens
  • 1903 Ernennung zum k.k. Oberbaurat
  • 1905 Präsident des Deutschen Volkstheatervereins
  • ab 1910 korresp. Mitglied des Royal Institute of British Architects, London
  • 1914 Komturkreuz des Franz-Josef-Ordens (anläßlich d. Vollendung des Konzerthauses)


Werke (Auswahl):

Bauten in Wien (Auswahl):

Varieté Ronacher, Wien
Varieté Ronacher, Wien
Foto: A. Praefcke. Aus: Wikicommons unter CC

  • Wiener Stadttheater (1872; 1884 zum Teil abgebrannt) sowie der Nachfolgebau:
  • Etablissement Ronacher (1888 als Neubau des Stadttheaters)
  • Volkstheater (als "Deutsches Volkstheater") (1873 – 1893)
  • Universitätssternwarte, Wien 18 (1874 – 1878)
  • Wohn- u. Geschäftshaus "Thonethaus" bzw. "Eisernes Haus", Wien 1 (1875-1876)
  • Stadtpalais, Wien 4, Prinz-Eugen-Straße 40 (heute Türkische Botschaft) (1879)
  • Warenhaus Thonet (1884)
  • Margaretenhof (1885)
  • Palais Adolf Ritter von Schenk, Wien 4 (heute Spanische Botschaft, 1888-1890)
  • Springer Schlössl, Wien 12 (heute Politische Akademie der ÖVP, 1889-1890)
  • Theater der Internationalen Musik- und Theaterausstellung (1892, wieder abgerissen)
  • Maria-Theresia-Frauen-Hospital, Wien 8 (heute Hygienisch-bakteriologische Untersuchungsanstalt) (1892)
  • Ehem. Palais Rothschild, Wien 4 (heute Brasilianische Botschaft) (1894)
  • Restauration St. Annahof, Wien 1 (1894)
  • Hauptfassade des Theaters an der Wien (1902)
  • Warenhaus Gerngroß, Wien 7 (1902-1904)
  • Bezirksamt Liesing, Wien 23 (1903-04)
Volkstheater, Wien
Volkstheater, Wien
Foto: Gryffindor. Aus: Wikicommons unter CC
Stadttheater Czernowitz
Teatr im. Olgi Kobylyanskoy in Czernowitz 1905 - Foto: P. Diem
  • Neurologisches Krankenhaus Rosenhügel, Wien 13 (Direktionsvilla, Verwaltungsgebäude, Wirtschaftshof, Küche) (1910-1912)
  • Wiener Konzerthaus mit Akademie u. Akademietheater (mit Ludwig Baumann, 1913)
  • zahlreiche weitere Stadtpalais, Geschäfts- u. Mietshäuser in Wien







Theater- und Konzerthausbauten außerhalb Wiens:

  • Augsburg: Stadttheater (1877, heute nur noch Außenmauern erhalten)
  • Baden bei Wien: Stadttheater (als "Jubiläums-Stadttheater", 1909)
  • Berlin: Komische Oper (als "Theater unter den Linden", später "Metropol-Theater", 1892; Außenbau im 2. Weltkrieg zerstört)
  • Berndorf, Niederösterreich: Stadttheater (als "Kaiser-Franz-Josef-Theater" bzw. Arbeitertheater, 1898)
  • Bielitz (Bielsko-Biała): Teatr Polski (als "Stadttheater", Umbau 1904-1905)
  • Bratislava: Slovenské národné divadlo (als "Königliches Freistädtisches Theater", 1886)
  • Brünn (Brno): Interimstheater (1871-1882)
  • Brünn: Mahenovo divadlo (als "Deutsches Stadttheater", erstes Theater Europas mit elektrischer Beleuchtung, 1882)
  • Budapest: Népszínház (Volkstheater, 1875, abgerissen 1965)
  • Budapest: Vígszínház (Lustspieltheater, 1896)
Wiener Konzerthaus
Wiener Konzerthaus
Foto: C. Pfeiffer. Aus: Wikicommons unter CC
  • Budapest: Fövárosi Operett Szinház (als "Somossy-Orfeum", 1894)
  • Czernowitz, Bukowina (Ukraine): Teatr im. Olgi Kobylyanskoy (als "Stadttheater", 1905)
  • Teschen (Czieszyn): Teatr im. Adama Mickiewicza (als "Deutsches Theater", 1910)
  • Klausenburg (Kolozsvár, Cluj): Teatrul National (als "Nemzeti Színház", 1906)
  • Darmstadt: Hoftheater (Umbau des Inneren 1904; im 2. Weltkrieg zerstört)
  • Fürth: Stadttheater (1902)
  • Gießen: Stadttheater (1907)
  • Graz: Opernhaus (als "Stadttheater", 1899)
  • Hamburg: Deutsches Schauspielhaus (eröffnet 1900)
  • Gablonz (Jablonec nad Nisou): Mestské divadlo (als "Stadttheater", 1907)
  • Jassy (Iaşi): Teatrul National "Vasile Alecsandri" (1896)
  • Karlsbad (Karlový Vary): Divadlo V. Nezvala (als "Stadttheater", 1886)
  • Kecskemét: Katona József Színház (1896)
  • Klagenfurt: Stadttheater (als "Kaiser-Franz-Josef I.-Jubiläumstheater", 1910)
  • Reichenberg (Liberec): Divadlo F. X. Saldy (als „Stadttheater”, 1883)
  • Jungbunzlau (Mladá Boleslav): Mestské divadlo (als "Mestské divadlo/Stadttheater", 1909)
  • Odessa, Russland: Teatr operi ta baletu ("Stadttheater", 1887)
  • Großwardein (Nagyvárad, Oradea): Teatrul de Stat ("Stadttheater", 1900)
  • Ottensheim bei Linz: Schlosstheater (1902; nur Reste vorhanden)
  • Prag (Praha): Státní Opera (als "Neues Deutsches Theater", 1887)
  • Ravensburg: Konzerthaus (1897)
  • Fiume (Rijeka): Hrvatsko Narodno Kazaliste „Ivan Zajc” (als "Stadttheater", 1885)
  • Salzburg: Landestheater (als "Stadttheater", 1893)
  • Sofia: Nationaltheater "Iwan Wazow" (Bulgarisches Nationaltheater, 1906)
  • Szeged: Nemzeti Színház (1883)
  • Totis (Tata): Schloßtheater (1889, abgerissen 1913)
  • Temeschburg (Timişoara): Teatrul National (als "Ferenc József szinház/Stadttheater", 1875; später stark verändert)
  • Thorn (Toruń, Preußen): Teatr im. Wilama Horzycy (als "Stadttheater", 1904)
  • Varaždin: Hrvatsko Narodno Kazaliste (als "Stadttheater", 1871-1873; später verändert)
  • Zagreb (Agram): Hrvatsko Narodno Kazaliste (als „Königlich Kroatisches Landes- und Nationaltheater”, 1895)
  • Wiesbaden: Hessisches Staatstheater (als "Stadt- und Königliches Hoftheater", 1894)
  • Zürich: Opernhaus (als "Stadttheater", 1891)
  • Zürich: Tonhalle (1895, heute Teil des Kongresshauses, Außenumbau)

Weitere Projekte außerhalb Wiens:

  • Karlsbad (Karlovy Vary): Parkquellenkolonnaden (1900), Grandhotel Pupp (1913), Kaiserbad (1895)
  • Bad Vöslau, Niederösterreich: Schlumberger-Schloss
  • Graz: Warenhaus Kastner & Öhler
  • Lemberg (heute: L’viv, Ukraine): Hotel Georg
  • Hotel "Schneeberghof", Puchberg am Schneeberg, Niederösterreich (1900)
  • Hotel "Erzherzog Johann", Semmering, Niederösterreich (1899)
  • Hotel "Panhans", Dependancen "Pension Waldesruhe" und "Fürstenhof", Semmering, Niederösterreich (1912-1913)
  • Inneneinrichtungen von zahlreichen Hotels, Villen, Palais etc.

Literatur#

  • F. Fellner: Das deutsche Volkstheater in Wien mit Reflexionen über den Theaterbau im Allgemeinen, Wien 1888
  • F. Fellner: Das Modewarenhaus A. Gerngroß in Wien. Wien 1905
  • F. Fellner: Die Entwicklung des Theaterbaus in den letzten fünfzig Jahren. Öffentlicher Vortrag. Wien 1909. In: Mitteilungen der Zentralvereinigung 3.1910, NR. 1-5
  • Fellner & Helmer, k.k. Oberbauräte in Wien: Sammelwerk der ausgeführten Bauten und Projekte in den Jahren 1870-1914. Wien, ca. 1914
  • Alois von Wurm-Arnkreuz: Architekt Ferdinand Fellner und seine Bedeutung für den modernen Theaterbau. Verlag für Technik und Industrie, Wien und Leipzig 1919
  • Felix Czeike: Historisches Lexikon. Wien 1953
  • Hans-Christoph Hoffmann: Die Theaterbauten von Fellner und Helmer (Studien zur Kunst des neunzehnten Jahrhundert; Vol. 2), Prestel, München 1966
  • R. Wagner-Rieger: Wiens Architektur im 19.Jh. Wien 1970
  • J. Brabenec: Fellner & Helmer: Architekten. Wien 1992
  • Dieter Klein: Fellner & Helmer. Wiener Atelier mit Weltgeltung. In: Baukultur 4/1997, pp. 34-47
  • Gerhard M. Dienes (Hrsg.): Fellner & Helmer - Die Architekten der Illusion. Theaterbau und Bühnenbild in Europa. Stadtmuseum, Graz 1999 (Ausstellungskatalog)
  • Gerhard M. Dienes: Theaterarchitekten Mitteleuropas 1870-1920. Graz 2001

Film#

  • Die Theaterbauer Helmer und Fellner - Räume für Träume. Dokumentation, 26 Min., Regie: Ute Gebhardt, Produktion: NDR, WEGA film Wien, Österreich 2008

Quellen#

AEIOU
Landesmuseum Niederösterreich
Architektenlexikon


Redaktion: J. Sallachner


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