Muliar, Fritz#
* 12. 12. 1919, Wien
† 4. 5. 2009, Wien
Schauspieler, Kabarettist, Komödiant, Autor
Fritz Muliar wurde am 12. Dezember 1919 in Wien-Neubau als uneheliches Kind geboren.
Sein leiblicher Vater war ein Tiroler k.u.k. Offizier, der sich um seinen Sohn nicht kümmerte und später Nationalsozialist wurde. Muliars Mutter Leopoldine Stand, eine engagierte Sozialdemokratin, heiratete dann den russisch-jüdischen Juwelier Mischa Muliar.
Fritz Muliars familiärer Hintergrund war damit multikulturell geprägt: Seine Großeltern waren erzkatholisch und deutschnationaler Gesinnung, seine Mutter eine engagierte Linke und sein Stiefvater Jude.
Fritz Muliar begann seine Bühnenkarriere nach Abschluss eines Schauspiel- und Gesangsstudiums am Wiener Konservatorium im literarischen Kabarett der Zwischenkriegszeit. Bereits im Alter von 17 Jahren hatte er sein Debüt im Kabarett "Der liebe Augustin". 1938 ging er ans Innsbrucker Landestheater, ehe er zu Karl Farkas in den "Simpl" nach Wien kam. 1940 wurde er von der Deutschen Wehrmacht eingezogen und wegen wehrkraftzersetzender Reden sogar zum Tod verurteilt, schließlich aber zu fünf Jahren Haft begnadigt.
Nach Ende der Gefangenschaft war er u. a. Sprecher bei der Sendergruppe Alpenland in Klagenfurt, wo er seine spätere Frau Gretl Doering kennenlernte. Ende 1945 wurde er an die Kleinkunstbühne "Der Igel - Das kleine Zeittheater" in Graz engagiert. Ab 1948 war Muliar wieder in Wien tätig: er spielte an verschiedenen Theatern und trat in Nachtkabaretts auf. 1951 holte ihn Karl Farkas an den "Simpl", wo Muliar mit Unterbrechungen bis 1965 auftrat.
1955 heiratete Muliar seine zweite Frau - Franziska Kalmar, die erste Fernsehsprecherin Österreichs - mit ihr hatte er die Söhne Alexander und Martin. (Sein Sohn Hans aus erster Ehe mit Gretl Doering starb 1990.)
Er spielte im Wiener Raimundtheater, am Volkstheater, im Theater an der Josefstadt und im Burgtheater, dessen Mitglied er 1974 wurde und dem er bis zu seiner Pensionierung 20 Jahre lang angehörte. 1994 kehrte er wieder in die Josefstadt zurück.
Daneben entstanden Kinofilme wie "Wien, du Stadt meiner Träume" unter Willi Forst und "Der veruntreute Himmel" unter Ernst Marischka sowie Literaturverfilmungen wie "Schwejk" nach Jaroslaw Haseks Klassiker (wohl eine seiner bekanntesten Rollen ) oder der "Bockerer".
Mit Felix Mitterers Einpersonenstück "Sibirien" erreichte Muliar 1992 einen seiner größten künstlerischen Erfolge, im November 2007 feierte er in den Kammerspielen sein 70-jähriges Bühnenjubiläum mit dem eigens für ihn geschriebenen Mitterer-Stück "Der Panther". Seinen 80. Geburtstag feierte er mit dem Stück "Besuch bei Mr. Green" von Jeff Baron auf der Bühne, zu seinem 90er am 12. Dezember war die Uraufführung einer eigens geschriebenen Fortsetzung geplant: "Mr. Greens zweite Chance".
Immer mehr beschäftigte sich der beliebte Conferencier in den vergangenen Jahren aber auch mit Kleinkunstabenden, etwa als Interpret jüdischer Witze und Kaffeehausliteratur von Alfred Polgar und Anton Kuh bis zu Hans Weigel und Friedrich Torberg. Viel gelesen wurden seine heiteren, teils autobiografischen Bücher.
Geehrt wurde Muliar vielfach, u.a. mit dem Professoren-Titel, Ehrenmitgliedschaften, dem Nestroy-Ring, dem Ehrenzeichen der Republik. Zum Ehrenbürger wurde Muliar auch in Groß-Enzersdorf erkoren, wo er mit seiner Frau Franziska lebte.
Am 4. Mai 2009 verstarb der Volksschauspieler Fritz Muliar, nachdem er am Abend zuvor noch auf der Bühne der Josefstadt (als Baron von Ciccio in Peter Turrinis Stück "Die Wirtin") gestanden hatte.
Auszeichnungen, Ehrungen (Auswahl)#
- Österreichische Befreiungsmedaille
- Goldenes Ehrenzeichen der Stadt Wien
- Ehrenmedaille des Österreichischen Rundfunks
- Berufstitel "Professor", 1975
- Deutsches Bundesverdienstkreuz 1. Klasse, 1977
- Kainz-Medaille für den Peachum in Bert Brechts "Dreigroschenoper", 1978
- Nestroy-Ring, 1984
- Österreichisches Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst I. Klasse, 1984
- Kammerschauspieler, 1985
- Goldenes Verdienstzeichen des Landes Steiermark, 1985
- Goldenes Ehrenzeichen des Landes Salzburg 1989
- Benennung einer Straße in Groß-Enzersdorf nach Fritz Muliar, 1994
- Ehrenmitglied des Burgtheaters, 1995
- Ehrenmitglied des Theaters an der Josefstadt, 1996
- Ehrenring der Stadt Groß-Enzersdorf
- Ehrenring der Stadt Wien, 1999
- Kulturpreis Europa, 2001
- Großes Silbernes Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich, 2002
- Großes Goldenes Ehrenzeichen für Verdienste um das Bundesland Niederösterreich, 2002
- Platin Romy für sein Lebenswerk, 2004
Werke (Auswahl)#
Rollen:- "Dorfrichter Adam", Der zerbrochene Krug (Kleist)
- "Peachum", Die Dreigroschenoper (Brecht, Weill)
- "Bankier Natter", Das weite Land (Schnitzler)
- "Richter",Kaukasischer Kreidekreis (Brecht), 1964
- "Sancho Pansa", Der Mann von La Mancha (nach Don Quijote, Cervantes), 1968
- "Schwejk", Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk (nach Der brave Soldat Schwejk, Hašek), 1972
- "Dicker Vetter", Jedermann (Hofmannsthal), Salzburger Festspiele, 1972–1974
- "Samuel Leibowitz", Der Tag an dem der Papst entführt wurde (Bethencourt), Theater in der Josefstadt, 1975
- "Armer Nachbar", Jedermann (Hofmannsthal), Salzburger Festspiele, 1975–1977
- "Alter Mann", Sibirien (Mitterer), Akademietheater, 1992
- "Papst Albert IV.", Der Tag an dem der Papst gekidnappt wurde (Bethencourt), Theater in der Josefstadt, 2004
- "Das Alter", Der Bauer als Millionär (Raimund), Volkstheater, 2004
Filme:
- Der Teufel führt Regie, 1951
- Gangsterpremiere, 1951
- Die Regimentstochter, 1953
- Der Kongreß tanzt, 1955
- Die Försterliesel, 1956
- Lumpazivagabundus, 1956
- Ober zahlen, 1957
- Wien, du Stadt meiner Träume, 1957
- Der Wilderer vom Silberwald, 1957
- Der veruntreute Himmel, 1958
- Kriminaltango, 1960
- Der brave Soldat Schwejk, 1960
- Autofahrer unterwegs, 1961
- Die Abenteuer des Grafen Bobby, 1961
- Das süße Leben des Grafen Bobby, 1962
- Vor Jungfrauen wird gewarnt, 1962
- Professor Bernhardi, 1962
- Biedermann und die Brandstifter, 1963
- Das hab ich von Papa gelernt, 1964
- Das Protektionskind, 1965
- Ollapotrida, 1966
- Moos auf den Steinen, 1968
- Liebe durch die Hintertür, 1969
- Frau Wirtin treibt es jetzt noch toller, 1970
- Der Feldherrnhügel, 1970
- Auf der grünen Wiese, 1971
- Wiener Blut, 1971
- Die lustigen Vier von der Tankstelle, 1972
- Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk (Serie), 1972
- Diamantenparty, 1973
- Liebesgeschichten und Heiratssachen, 1977
- Das Love-Hotel in Tirol, 1978
- Wunder einer Nacht, 1979
- Ferry oder Wie es war, 1981
- An uns glaubt Gott nicht mehr, 1982
- Ringstraßenpalais (Serie), 1983
- Der Mörder, 1984
- Flucht ohne Ende, 1986
- Karriere (Serie Kir Royal), 1986
- Waldhaus (Serie), 1987
- Heiteres Bezirksgericht (Serie), 1988
- Roda Roda (Serie), 1990
- Wenn das die Nachbarn wüßten (Serie), 1990
- Sibirien, 1991
- Muttertag, 1993
- Radetzkymarsch (Mehrteiler), 1995
- Qualtingers Wien, 1997
- Kommissar Rex (Serie), 1994–1998
- Besuch bei Mr. Green1999
- Jedermann, 2000
- MA 2412 – Die Staatsdiener, 2003
- Schwergewicht (Serie Trautmann), 2004
Bücher
- Damit ich nicht vergesse, Ihnen zu erzählen, 1967
- Streng indiskret! Aufgezeichnet v. Eva Bakos 8Mit 13 Zeichnungen v. Rudolf Angerer u. 52 Kunstdruckbildern), 1969
- Das Beste aus meiner jüdischen Witze- und Anekdotensammlung, 1974
- Wenn Sie mich fragen ... Aufgezeichnet v. Trude Marzik, 1974
- Die Reise nach Tripstill und zurück (Mit einem Nw. v. György Sebestyen), 1980
- Österreich, wohin man schaut, 1983
- War's wirklich so schlimm? Erinnerungen, 1994
- Melde gehorsamst, das ja! Meine Lebenserinnerungen, 2003
Weiterführendes#
- Rathmanner, P.: "Bin der Darsteller des kleinen Mannes" (Essay)
- Baumgartner, E.: Ein Mensch namens Muliar (Essay)
- Historische Bilder zu Fritz Muliar (IMAGNO)
- Fritz Muliar (Austria-Wiki)
- Porträts von Kurt Regschek (Bilddatenbank Kurt Regschek)
Quellen#
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