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Mühlviertel #

(amtlich: Mühlkreis)

Oberösterreich, spät erschlossene Urgebirgslandschaft nördlich der Donau zwischen Jochenstein und Strudengau (Name nach der Großen Mühl). Im Osten vom niederösterreichischen Waldviertel, im Süden von der Donau, im Westen von Bayern, im Norden von Böhmen begrenzt. Die fruchtbare Ebene im Südosten heißt Machland (ursprünglich "Riedmark"). Das Mühlviertel ist die geologisch älteste Landschaft von Oberösterreich und gehört zum Böhmischen Massiv (österreichisches Granitplateau). Die Flusstäler mit tiefen Mündungsschluchten zur Donau (Mühlsenke, Haselgraben mit dem oberen Rodltal sowie Feldaistsenke) zerteilen das Mühlviertel, dessen südliche Landschaften entlang der Donau von Westen nach Osten Passauer, Linzer und Greiner Wald heißen. In großen Stufen steigt die am Südrand zirka 500 m hohe, von Nebenflüssen der Donau tief zerschnittene Rumpffläche nach Norden auf 800 m und höher an. Der Erhebungsachse (Böhmerwald, Plöckenstein 1379 m) folgen die europäische Hauptwasserscheide und die tschechische Grenze. Entlang der alten Salzstraße nach Böhmen in der Feldaistsenke gibt es noch Weiler und Blockfluren sowie im Westen (um Rohrbach) Gewanndörfer, sonst überwiegen Streusiedlungen, die gegen den nördlichen Grenzwald durch Waldhufen abgelöst werden. In den späten Rodungssiedlungen am Grenzwald des Mühlviertels dominieren Streck- und Hakenhof, sonst überwiegt der Mühlviertler Dreiseit- bzw. Vierseithof, im südlichen Teil der Bezirke Perg und Urfahr vollzieht sich der Übergang zum Vierkanthof.

Burgen und Ruinen#

Falkenstein an der Ranna, Sprinzenstein an der Kleinen Mühl, Neuhaus, Pürnstein und Piberstein an der Großen Mühl, Oberwallsee am Pesenbach, Ottensheim an der Donau, Rottenegg, Lichtenhang, Lobenstein und Waxenberg an der Rodl, Weinberg, Reichenstein, Schwertberg, Dornach, Prandegg und Freistadt an der Aist, Klam, Innerstein und Klingenberg am Klambach, Sarmingstein am Sarmingbach. Hauptort ist im Westen Rohrbach, im Osten Freistadt, Pilgerstätte für Kunstfreunde ist Kefermarkt. Zentrum der Hinterglasmalerei war Sandl (Hinterglasbilder-Museum); im Mühlviertler Heimathaus in Freistadt gibt es die größte Hinterglasbildersammlung Österreichs.

Der Flachsanbau war im oberen Mühlviertel bis in die 50er Jahre die Grundlage eines alteingesessenen Leinengewerbes, die Textilindustrie wurde in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich abgebaut. Der ehemalige Webermarkt Haslach an der Mühl ist heute noch Zentrum der Textilerzeugung, Webereibetriebe bestehen auch in anderen Orten, zum Beispiel Helfenberg (Mühlviertler Weberstraße). Lange Tradition hat der Hopfenanbau (1880 eine Anbaufläche von 1000 ha, nach dem 2. Weltkrieg Einstellung des Hopfenanbaus, seit den 60er Jahren wieder aufgenommen, 1990 wieder 104 ha). Bekannt sind die Mühlviertler Brauereien (Freistadt, Grein, Schlägl und andere). Das Mühlviertel ist ländlich strukturiert, der Bezirk Rohrbach insgesamt Bergbauerngebiet (Zone 1); im Bezirk Freistadt sind rund 95 % Bergbauern, die Hälfte der landwirtschaftlichen Betriebe liegt in der Zone 3 mit ungünstigen Klimabedingungen (Anbau von Roggen, Sommergerste, Hafer, Silo- und Grünmais, zirka 60 % der nutzbaren Fläche Grünland und Kulturweiden). Im Bezirk Perg befindet sich ein Drittel der Betriebe in Gunstlage entlang der Donau (Anbau von Getreide, Mais und neuerdings auch Alternativkulturen mit Sojabohnen und Ähnlichen). In den letzten Jahrzehnten ging die Zahl der landwirtschaftliche Betriebe zurück, viele werden im Nebenerwerb bewirtschaftet, die Pendelwanderung nach Linz verstärkte sich.

Wirtschaft#

Die Wirtschaft weist eine schwache Struktur auf, vor allem kleine und mittelgroße Gewerbe-, Handwerks- und Handelsbetriebe dominieren. Der Bezirk Perg verfügt über wichtige Industriebetriebe (Manner, Engel Maschinenbau und Firma Poschacher); ein Granitbruch besteht in Mauthausen, Granitwerke in Freistadt und Aigen; der Fremdenverkehr wird zunehmend zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor und zum wirtschaftlichen Hoffnungsträger ("Qualitätstourismus"). Als strukturschwache Region ist das Mühlviertel nach den EU-Richtlinien zu 2 Drittel Förderungsgebiet der Klasse 5b. 1994 wurde die Euroregion Bayerischer Wald/Böhmerwald/Mühlviertel gegründet.

Die ältesten archäologischen Funde im Mühlviertel stammen aus der Hallstattzeit. Bei Grabungen in Mitterkirchen 1981-90 wurde ein Gräberfeld mit 80 Bestattungen, über 900 Gefäßen und zahlreichen anderen Grabbeigaben sowie Siedlungsreste aus der Zeit um 700 v. Chr. gefunden (urgeschichtliches Freilichtmuseum). Zur Römerzeit war das Mühlviertel ein noch kaum bewohnter Urwald. Seit der Niederlassung der Baiern an der Donau wurde es größtenteils Teil ihres Herzogtums (ab Mitte des 6. Jahrhunderts), dann Besitz der Babenberger mit großen Gütern zwischen Donau und Böhmerwald; 1180 erwarben die Babenberger auch das westliche Mühlviertel. Der größte Teil des Mühlviertels wurde erst während des hohen und späten Mittelalters gerodet. Das Land war vor allem für den Transithandel zwischen Oberösterreich und Böhmen wichtig (besonders mit Salz und Eisen). Entlang der alten Salzstraße durch das Mühlviertel wurde 1832 die Pferdeeisenbahn Linz- Budweis als erste Eisenbahn auf dem europäischen Kontinent gebaut. Während des nationalsozialistischen Juliputsches 1934 versuchte ein Vortrupp der "Österreichischen Legion" bei Kollerschlag die deutsch-österreichische Grenze zu überschreiten. In der NS-Zeit wurde in Mauthausen das größte Konzentrationslager auf österreichischem Boden errichtet. In der Besatzungszeit 1945-55 war das Mühlviertel als Teil der sowjetischen Besatzungszone vom übrigen Oberösterreich administrativ abgetrennt (mit Verwaltungszentrum Urfahr).

Das Mühlviertel ist ein klar umgrenzter und ausgeprägter Landesteil von Oberösterreich und umfasst die politischen Bezirke Rohrbach, Urfahr-Umgebung, Freistadt und Perg (zusammen 3.082 km2 mit 246.000 Einwohner, 1991) sowie den nördlich der Donau gelegenen Teil des Stadtgebiets von Linz (Urfahr mit Pöstlingberg).

Weiterführendes#

Literatur#

  • B. Ulm und W. Hofstadler, Das Mühlviertel, seine Kunstwerke, historischen Lebens- und Siedlungsformen, 1971
  • E. Merl, Besatzungszeit im Mühlviertel anhand der Entwicklung im politischen Bezirk Freistadt, 1980
  • C. Honeder, Situation der Klein- und Mittelbetriebe in benachteiligten Regionen, insbesondere im Mühlviertel, Diplomarbeit, Linz 1990
  • B. Heindl, Textil-Landschaft Mühlviertel: mit einem Reisebegleiter durch die Mühlviertler Weberstraße, 1992
  • J. Kramer (Hg.), Das Mühlviertel in seinen Sagen: Vom beschriebenen Tännling, 1992


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