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Reformation#

Seit 1690 ist "Reformation" die Bezeichnung für die durch Martin Luther 1517 ausgelöste kirchliche Erneuerungsbewegung, die gegenüber mittelalterlichen Reformbestrebungen dadurch gekennzeichnet ist, dass sie nicht auf strukturelle Veränderungen, sondern auf religiöse Neubesinnung zielte. Folgen waren Spannungen, Kirchenspaltungen und Ausbildung getrennter Konfessionen. Die katholische Erneuerung und die Gegenreformation versuchten die Ausbreitung der reformatorischen Bewegung zu behindern. Im Reich markierte der Westfälische Friede den Endpunkt des Glaubenskriegs zwischen Katholiken und Anhängern der Reformation.

In die habsburgischen Länder drangen reformatorische Gedanken rasch ein und stießen auf breite Unterstützung. Der Landesfürst regierte zunächst eine protestantische Bevölkerungsmehrheit, versuchte jedoch, die konfessionelle Einheit im Sinne der bisherigen kirchlichen Ordnung wiederherzustellen. Dieser Grundsatz und die regionalen Verschiedenheiten lassen die Geschichte der Reformation in den österreichischen Ländern vielfältig und weithin als Auseinandersetzung erscheinen; dabei war die Verbindung der religiösen Momente mit politischen Anliegen und der Stellung des Hauses Österreich wichtig.

Die Ursachen für das rasche Ausbreiten der reformatorischen Ideen waren religiöser Natur, lagen aber auch in einer um 1500 zunehmenden Verinnerlichung, die am kirchlichen System Anstoß nahm. Dazu kamen soziale Gründe und Freiheitsideen, die - als korporatives Recht auf religiöser Grundlage verstanden - von den Bauern als revolutionäre Bewegung getragen (Bauernkriege) und von den (adeligen) Ständen als Teil ihrer politischen Verantwortung in den Ländern vertreten wurden.

Die Ausformung der landständischen Verfassung, die in dem sich bildenden Flächenstaat, der militärisch bedroht wurde (Türken), vor sich ging, bot den politischen Rahmen für die Durchsetzung der Reformation, aber auch für ihre Überwindung. Auf eine 1. Phase der freien Bewegung, die Ferdinand I. ab 1524 durch drakonische Strafandrohungen zu beherrschen suchte, folgte (bis gegen 1550) die Erschöpfung des bestehenden kirchlichen Systems. Dabei waren auch wirtschaftliche Gründe (Erschöpfung der Stiftungen, Priestermangel, Lebensstandard) von Bedeutung. Die reformatorische Bewegung war dem herkömmlichen kirchlichen System überlegen, so dass es gegen 1550 in allen habsburgischen Ländern mit Ausnahme Tirols zur Einrichtung eines reformatorischen Kirchenwesens kam. Von besonderer Wichtigkeit waren dabei auch die aus dem Mittelalter stammenden laikalen Einflussmöglichkeiten (Patronatsrecht).

Gegen 1570 war ein erheblicher Teil des niederen Kirchenwesens protestantisch pastoriert, und die Stände verlangten die Duldung ihres evangelischen Bekenntnisses. 1568 und 1571 (für die beiden Donauländer) sowie 1572 und 1578 (für die Steiermark, Kärnten, Krain) erteilten Maximilian II. bzw. Karl II. Privilegien, die die Leitung der entstehenden evangelischen Landeskirchen ohne endgültige Regelung des konfessionellen Miteinanders den Ständen überließen. Während die Stände begannen, ihr Kirchenwesen zu ordnen (Gottesdienstordnungen, "Landschaftsschulen" in Graz, Linz und Klagenfurt, Kirchenvisitation in Niederösterreich, Bau von Kirchen, etwa in Klagenfurt, Loosdorf, Horn), setzte bereits die Gegenreformation ein.

Innerprotestantisch kam es zu Richtungskämpfen, die aus einer unterschiedlichen Aufnahme der reformatorischen Grundeinsichten resultierten. Diese Kämpfe ("flacianischer Streit") und die Überzeugung des theologischen Vorrangs des Gehorsams gegenüber dem Landesfürsten vor der Schutzpflicht gegenüber den Untertanen und der eigenen Religionsfreiheit beeinträchtigte die Position der evangelischen Parteien gegenüber dem sich neu formierenden Katholizismus.

Trotz eines reichen kirchlichen Lebens und langsam aufgebauter konfessioneller Positionen in der Bevölkerung gelang es, den Protestantismus zu erschüttern. In Innerösterreich wurde schon bald (1587) das reformatorische Kirchenwesen in Krain beseitigt, denn trotz der Bemühungen um die slawischen Sprachen (Übersetzung von Bibel und Katechismus) war es nicht gelungen, die slowenischen und kroatischen Untertanen nachhaltig evangelisch zu überzeugen. In Kärnten und der Steiermark wurden die evangelischen Prediger und Schulmeister 1585 aus landesfürstlichen Städten vertrieben; die "Feldzüge" der Gegenreformation 1599/1600 beseitigten das organisierte evangelische Kirchenwesen. Daran schlossen sich die Bemühungen um die Bekehrung der Bewohner an, wobei die 1628 erfolgte Ausweisung des evangelischen Adels den Abschluss bildete. Viele blieben heimlich evangelisch oder hatten schon vorher, zum Teil nach einer Scheinbekehrung, das Land verlassen.

In den Donauländern gab es aufgrund des "Bruderzwists in Habsburg" eine gewisse Hemmung der Gegenreformation. Als sich Matthias weigerte, religiöse Zugeständnisse einzulösen, kam es 1608 zum Bündnis von 166 evangelischen Adeligen in Horn, zur Verweigerung der Erbhuldigung und Androhung von Gegenwehr. Daraufhin gewährte Matthias 1609 ein neues Privileg ("Kapitulationsresolution"), das den Evangelischen eine Sicherung ihrer Position versprach, aber nur wenig am Vordringen katholischen Geistes änderte. Immerhin kam es in Oberösterreich zu einer Spätblüte des Protestantismus auch auf dem Gebiet der Wissenschaft und Kultur. Die theologischen Streitigkeiten waren überwunden, gute Prediger prägten das Luthertum.

Der Regierungsantritt Ferdinands II. änderte die Situation grundlegend: eine Erneuerung der ständischen Taktik von 1608 schlug fehl, in den folgenden Auseinandersetzungen gewann Ferdinand II. mit bayerischer Hilfe (Verpfändung Oberösterreichs) die Oberhand, und die Schlacht am Weißen Berg (1620) machte die Sache der Protestanten aussichtslos. Ächtungen, Zuführung von Patronatsrechten an Katholiken, Erhebung von Katholiken in den Adelsstand, Konversionen und zahlreiche Zwangsmaßnahmen folgten. Ein religiös-politischer Bauernaufstand in Oberösterreich wurde 1626 niedergeschlagen, die Ausweisung aller Prediger und Schulmeister verfügt. Im Westfälischen Frieden erlangten lediglich die landständischen Adeligen Niederösterreichs die persönliche Religionsfreiheit.

Weiterführendes#

Literatur#

  • P. F. Barton, Evangelisch in Österreich, 1987
  • G. Mecenseffy, Geschichte des Protestantismus in Österreich, 1956
  • G. Reingrabner, Protestanten in Österreich, Geschichte und Dokumentation, 1981


Gehört zweifellos zum Besten, was in diesem Umfang über die Reformation zu lesen ist. Der unbekannte Autor dürfte absoluter Fachmann sein, der noch dazu in der Lage ist, den komplexen Sachverhalt flüssig lesbar und gut rezipierbar darzustellen.

--glaubauf karl, Dienstag, 16. März 2010, 14:29