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Spurensuche im 18. Bezirk in Wien#

Spurensuche von Shoah-Opfern im Pfarrgebiet von St. Josef Weinhaus#

Seit dem 8. Mai 2015, genau siebzig Jahre nach Ende des II. Weltkriegs, gibt es neben dem Pfarrhaus eine Gedenktafel für über siebzig damals namentlich bekannte jüdische Opfer aus dem Pfarrgebiet in der Zeit des Nationalsozialismus. Im Herbst gleichen Jahres fand sich eine Gruppe zusammen, die damit begann, Material zu möglichen Lebensgeschichten dieser Personen zusammenzutragen, um eine Publikation zu erstellen.

Über den Namen René Hajek bekamen wir Kontakt mit seinem Sohn, dem Schriftsteller Robert Schindel (geb. 1944), der selbst ein Überlebender des NS-Regimes ist. Bei einem seiner Besuche in der Gruppe las er uns aus seinem noch nicht veröffentlichten Roman über seine Mutter vor. Zugleich versicherte er: Ich bin ganz gerührt, dass nach Jahrzehnten der Opfertod meines Vaters gewürdigt wird.

In diesem Jahr boten wir zwei Rundgänge zu den Wohnungen der Opfer an, aber auch zu Orten der NS-Geschichte in Weinhaus, die viel Interesse fanden. Am Ende der ersten Tour mit über vierzig Teilnehmern erzählte Robert Schindel im Café Aumann vom Leben seines Vaters in der Plenergasse 9.

Beim zweiten Rundgang hielten wir in der Währinger Straße an dem Haus an, in dem die jüdische Fürsorgerin Franzi Löw bis 1938 gewohnt hatte. Sie rettete dem Säugling Robert dadurch das Leben, indem sie den NS-Behörden gegenüber seine jüdische Herkunft unerwähnt ließ. Zwei Bäcker aus Weinhaus versorgten sie zudem für ihr Säuglingsheim täglich mit zwanzig Litern Vollmilch, was die Beteiligten das Leben hätte kosten können. Am Gymnasium Klostergasse lasen wir aus den Recherche-Ergebnissen von Maria Weber vor, die sich besonders mit dem Schüler Theodor Schnabl befasst hatte. Er war 1938 als Vierzehn-jähriger mit allen jüdischen Mitschülern der Schule verwiesen worden und starb 1945 auf einem Transport nach Polen. Diesen Rundgang schlossen wir an der Gedenktafel ab, wo wir aus dem jüdischen Totengebet, dem Kaddisch, zitierten.

Im Sommer war in der Cottagegasse 39 der erste „Stein der Erinnerung“ innerhalb des Pfarrgebietes gesetzt worden, und zwar für das Ehepaar Duschinsky. Zu diesem Anlass kam die Schwiegertochter Petra Dorman mit zehn Personen ihrer Familie aus London und fand auch an der Tafel den Namen ihres Schwiegervaters Georg. Macht das jede Pfarre? fragte die Tochter. Nach dem Gottesdienst an Allerseelen 2017 gedachte die Pfarrgemeinde zum ersten Mal an dieser Gedenktafel der Opfer der Shoah, als die Welt des jüdischen Volkes beraubt werden sollte, das doch für die Welt der Anfang und die Wurzel von Gottesfurcht und Menschenwürde ist (aus dem Gebet vom 2. 11. 2017).

6. 11. 2017 Dietfried Olbrich

Franziska Löw
Franziska Löw - Foto: D. Olbrich
Robert Schindel - Foto: D. Olbrich
Robert Schindel