Alexander Girardi
Alexander Girardi (* 5. Dezember 1850 in Graz; † 20. April 1918 in Wien) war ein österreichischer Schauspieler und Operettensänger (Tenor).
Leben
Alexander Girardi wurde als Sohn des aus Cortina d’Ampezzo stammenden Schlossermeisters Andreas Girardi in der Leonhardstraße 28 in Graz geboren. Nach dem frühen Tod seines Vaters wuchs er beim Stiefvater auf, welcher ihn eine Schlosserlehre absolvieren ließ. Gegen dessen Willen trat er der Laienspielgruppe Die Tonhalle bei, wo sein Talent entdeckt wurde. Am Kaiser-Franz-Josef-Kai 50 gibt es noch das heute leerstehende Biedermeiertheater des Grazer Gesellenvereins, in dem Girardi das erste Mal als Schauspieler aufgetreten ist. 1871 erhielt er ein Engagement am Wiener Strampfer-Theater. Dort war er häufig der Partner von Josefine Gallmeyer.
1874 wechselte Girardi ans Theater an der Wien, dem er 22 Jahre lang treu blieb. Dort feierte er auch seine größten Erfolge als Gesangskomiker und 1. Jugendlicher. 1896/97 wirkte er am Carltheater und anschließend zwei Jahre am Deutschen Volkstheater in Wien. Daneben führten ihn Gastspiele an alle anderen bedeutenden Bühnen von Wien, aber auch nach Deutschland (Berlin, Hamburg, Dresden).
Eine seiner bekanntesten Rollen war der Valentin in Raimunds Verschwender mit seiner Interpretation des Hobelliedes (der bekanntesten Nummer der Bühnenmusik von Conradin Kreutzer).
Zu Beginn des Ersten Weltkriegs zog sich Girardi von der Bühne zurück und kehrte in seine Heimatstadt Graz zurück. Zwei Monate vor seinem Tod 1918 erhielt er nochmals einen Ruf an das Wiener Burgtheater, wo er die Rolle des Fortunatus Wurzel in Raimunds Der Bauer als Millionär verkörperte.
Girardi war auch für seine Interpretation der Wienerlieder von Alexander Krakauer bekannt.
Im Alter von 67 Jahren starb Alexander Girardi am 20. April 1918 im Sanatorium Löw in Wien. Er ruht auf dem Wiener Zentralfriedhof (33E-9-16) in einem ehrenhalber gewidmeten Grab.
Wirken
Girardi galt vor allem als Repräsentant des leichten Faches. Er setzte als Schauspieler die Tradition von Ferdinand Raimund und als Dichter Johann Nestroy in der Rolle des Komikers fort. Aber auch zahlreichen Operetten prägte er seinen Stempel auf, wodurch er wohl wesentlichen Anteil am Erfolg der „Goldenen Zeit der Wiener Operette“ hatte.
Auf Alexander Girardi geht auch die Neurologie-Reform unter Kaiser Franz Joseph zurück. Seine Frau Helene Odilon wollte ihn entmündigen lassen und der Arzt Josef Hoffmann (Arzt des Theaters an der Wien) stellte ein Attest aus, in dem er Girardi für geisteskrank erklärte. Im letzten Moment erfuhr Girardi von dieser Aktion und floh zu Katharina Schratt. Auf ihr Betreiben und dem Einschalten des Burgtheaterarztes Staniek und des Gerichtspsychiaters Hinterstoißer wurde Girardi für „geistesgesund“ erklärt.[1] Nach einer anderen Darstellung dieses Ereignisses wurde Girardi vom berühmten Psychiater Julius Wagner-Jauregg kurzfristig ohne Untersuchung in die Grazer Nervenheilanstalt eingewiesen. Girardis Ehefrau Helene hatte vor, den Schauspieler entmündigen zu lassen, und nutzte dazu ihre Kontakte zu Wagner-Jauregg. Der Schauspielerin Katharina Schratt, bekanntermaßen die „Freundin“ des Kaisers, gelang es durch ihre gesellschaftlichen Verbindungen, Girardi wieder aus der Heilanstalt herauszuholen.[2]
Legendäres
Unter dem Titel Der Komödiant von Wien verfilmte Karl Paryla 1954 Girardis Leben. Mit viel Herzblut gelang es ihm, dem Komödianten und Schauspieler ein filmisches Denkmal zu setzen.
Auf Girardi selbst soll der nach ihm benannte Rostbraten zurückgehen: Da Girardi als Gemüseliebhaber bekannt war, soll eines Tages die Schauspielerin Katharina Schratt versucht haben, die Vorlieben ihrer beiden Gäste Girardi und Kaiser Franz Joseph I., der Rindfleisch bevorzugte, „unter einen Hut zu bringen“. Sie wies die Köchin an, das Rindfleisch mit Gemüse zu bedecken, sodass vom Fleisch nichts mehr zu sehen war – der Girardi-Rostbraten war erfunden.
Girardi sorgte auch für die Popularität eines flachen Strohhuts mit gerader Krempe, den er mit Vorliebe trug. Dieser Hut wurde später unter der Bezeichnung „Girardi-Hut“ bekannt.
Die Girardigasse in Wien-Mariahilf (6. Bezirk), die Girardigasse in Graz, die Alexander-Girardi-Straße in Salzburg sowie die Alexander-Girardi-Straße in Bad Ischl sind nach ihm benannt. 1929 schuf Otto Hofner das Girardi-Denkmal im Girardipark in Wien. In Cortina d’Ampezzo gibt es zu seinen Ehren die Alexander Girardi Hall.
In den philosophischen Geschichten Ernst Blochs, unter dem Titel „Spuren“ – 1930 erstmals veröffentlicht – findet sich eine, in der Bloch Girardi zum Protagonisten macht. Sie heißt „Spuk, dumm und aufgebessert“, Ffm 1985, S. 78 f.
Filmografie
- 1908: Fiakerlied
- 1913: Der Millionenonkel
Literatur
- Ludwig Eisenberg: Großes biographisches Lexikon der Deutschen Bühne im XIX. Jahrhundert. Verlag von Paul List, Leipzig 1903, S. 328, (Textarchiv – Internet Archive).
- Nachruf von Leo Perovsky: Der letzte Biedermeier.. In: Sport & Salon, 28. April 1918, S. 7 (Online bei ANNO) mit zahlreichen Fotos seiner Bühnenrollen auf S. 8.
- Peter Altenberg: Alexander Girardi.. In: Sport & Salon, 28. April 1918, S. 9 (Online bei ANNO) mit der letzten Aufnahme vom Atelier d’Ora
- Girardi Alexander. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 1, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1957, S. 446.
- Günther Hansen: Girardi, Alexander. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 6, Duncker & Humblot, Berlin 1964, ISBN 3-428-00187-7, S. 409 f. (Digitalisat).
Rezeption und Nachleben
- Der Fall Alexander Girardi, Theaterstück von Nici Neiss, UA April 2018 im Theater Freie Bühne Wieden, Wien[3]
Weblinks
- Alexander Girardi im Wien Geschichte Wiki der Stadt Wien
- Eintrag zu Alexander Girardi im Austria-Forum (im AEIOU-Österreich-Lexikon)
- Alexander Girardi bei The German Early Cinema Database
- Alexander Girardi bei filmportal.de
- Alexander Girardi in der Internet Movie Database (englisch)
- Alexander Girardi bei Operissimo auf der Basis des Großen Sängerlexikons
- Fiakerlied, gesungen von Alexander Girardi
- Archivaufnahmen mit Alexander Girardi im Onlinearchiv der Österreichischen Mediathek
Einzelnachweise
- ↑ Beatrix Schiferer: Alexander Girardi. Jugend und Volk, Wien-München. 1975. ISBN 3-7141-6531-2
- ↑ Reinhold M. Czar/Gabriele Timischl: Geheimnisvolle Steiermark. Magisches, Besonderes, Kurioses und Unbekanntes. Leopold Stocker Verlag, Graz 2011 ISBN 978-3-7020-1305-9, S. 108.
- ↑ https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/kultur/buehne/960726_Publikumsliebling-fast-im-Irrenhaus.html
Personendaten | |
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NAME | Girardi, Alexander |
KURZBESCHREIBUNG | österreichischer Schauspieler und Operettensänger (Tenor) |
GEBURTSDATUM | 5. Dezember 1850 |
GEBURTSORT | Graz |
STERBEDATUM | 20. April 1918 |
STERBEORT | Wien |
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Alexander Girardi (1850-1918) | http://www.wvlw.at/archiv/f-wienerlied.html www.wvlw.at/archiv/f-wienerlied.html | Datei:AlexanderGirardiJung.jpg | ||
Grab des Schauspielers und Sängers Alexander Girardi (1850–1918) auf dem Wiener Zentralfriedhof (33E/9/15–16) | Eigenes Werk | Papergirl | Datei:Alexander Girardi grave, Vienna, 2018 (I).jpg | |
Giradi-Villa | Eigenes Werk | Thomas Ledl | Datei:Bad Ischl Girardi-Villa 1.jpg | |
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Marie Geistinger and Alexander Girardi, painting 1894 | Stadtchronik Wien, Verlag Christian Brandstädter, p. 381 | Datei:Girardi-&-Geistinger.png | ||
Geburtshaus von Alexander Girardi , Leonhardstraße 28, Graz | Eigenes Werk | Andi oisn | Datei:Graz-Leonhardstraße28-Geburtshaus Alexander Girardi.jpg | |
Girardipark in Wien 1 | Eigenes Werk | Gugerell | Datei:Wien 01 Girardipark d.jpg | |
Alexander Girardi der Publikumsliebling mit seinen Theaterdirektoren | Triestingtaler Heimatmuseum Weisssenbach: Karikaturausschnitt einer über 100 jahre alten Zeitschrift: der floh | mir unbekannter karikaturist der Zeitschrift "der floh", erstellt vor über 100 Jahren, selbst erstellter Bildausschnitt-- N lemie 09:48, 22. Apr. 2008 (CEST) 20:54, 21. Apr. 2008 (CEST) | Datei:Girardi-schönerer-zell.jpg |