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vom 08.05.2020, aktuelle Version,

Alfred Planyavsky

Alfred Planyavsky (geboren am 22. Jänner 1924 in Wien; gestorben am 18. Juni 2013 in Wien) war ein österreichischer Kontrabassist, langjähriges Mitglied der Wiener Philharmoniker und Musikhistoriker.

Grabstätte Alfred Planyavsky

Leben und Werk

Planyavsky gehörte von 1933 bis 1938 den Wiener Sängerknaben an. Ab 1941 war er Soldat im Zweiten Weltkrieg, wurde von den Amerikanern gefangen genommen und war während seiner Gefangenschaft in den USA Tenorsolist und Leiter eines Kriegsgefangenen-Kirchenchors. Im Jahr 1946 begann er an der Wiener Musikakademie Gesang und Kontrabass zu studieren. Er wurde Tenorsolist im Wiener Akademie-Kammerchor und Mitglied des Wiener Männergesangvereins.[1]

Für die Schallplattenfirma Vox Productions nahm er in den Jahren 1950 bis 1952 als Tenor-Solist eine Reihe von Messen von Bach, Beethoven, Mozart und Schubert auf. Es sang der Wiener Akademie-Kammerchor, es spielten die Wiener Symphoniker und es dirigierten Ferdinand Grossmann, Rudolf Moralt und Felix Prohaska. 1952 schloss Planyavsky sein Studium ab. 1954/55 war er Mitglied der Wiener Symphoniker. 1955 wurde er Mitglied des Wiener Staatsopernorchesters, 1957 der Wiener Philharmoniker. Von 1957 bis 1967 unterrichtete er am College der Wiener Sängerknaben,[2] begann zu publizieren, die Salzburger Nachrichten druckten zwei seiner Gedichte ab,[3] und er spielte eine Reihe von Uraufführungen Paul Angerers und Fritz Skorzenys, Werke, die Planyavsky gewidmet waren. 1967 wurde er vom Bundespräsidenten zum Professor ernannt und wurde Mitglied der hochangesehenen Wiener Hofmusikkapelle.[4] 1970 erschien sein erstes Buch, 1974 gründete er das Wiener Kontrabass-Archiv, welches sich in der Musiksammlung der Österreichischen Nationalbibliothek befindet. In der Folge wurde er mehrfach als Jurymitglied eingeladen. 1979 erschien sein erstes Buch in japanischer Sprache, 1984 veranstaltete die Gesellschaft der Musikfreunde in Wien eine Ausstellung anlässlich des 10-jährigen Jubiläums seines Archivs. 1986 schloss er sein Magister-Studium an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Wien ab, 1989 wurde er in den Ruhestand versetzt.

Planyavsky erhielt zahlreiche Ehrungen und Auszeichnungen.

Geschichte des Kontrabasses

Die erste Auflage von Planyavskys Geschichte des Kontrabasses erschien 1970, die zweite Auflage umfasst 686 Seiten Text, 231 Seiten Anhang, 908 Fußnoten, 139 Abbildungen und 173 Notenbeispiele. Die Kritik nannte es sogleich ein Standardwerk, fallweise sogar die Bibel des Kontrabasses. Zubin Mehta: „Ich bin von der Wichtigkeit dieses Buches überzeugt und glaube, dass es dem alten Instrument neue Horizonte eröffnen wird.“ Das Buch beinhaltet eine Reihe von Informationen über die musikhistorische Entwicklung des Instruments, die alten Geigenbaumeister, die Spielpraxis und den Einsatz des Instruments als Solo in den wenigen dafür geschriebenen Orchesterwerken und in der Kammermusik. Planyavsky beschreibt auch den unterschiedlichen Einsatz in den diversen Zeiten und Regionen und würdigt große Kontrabassisten verschiedener Nationalitäten, wie Édouard Nanny, Friedrich Pischelberger und Franz Simandl, aber auch Komponisten, wie Giovanni Battista Vitali.

Im Jahr 1989 gab er sein zweites Buch heraus, vorerst im Eigenverlag: Der Barock-Kontrabass Violone. Hierin beschreibt er die Geschichte des Violone als Bassinstrument in der Barockmusik.[5] 1998 erschien die 2., wesentlich erweiterte Auflage in einem regulären Verlag[6] und zugleich die englischsprachige Fassung unter dem Titel The Baroque Double Bass Violone.[7] Wiederum gab es wohlwollende Stimmen der Presse.[2][8][7][9] Das Journal of the American Musical Instrument Society erklärte das Buch, neben den Arbeiten von Brun und Elgar, zur Pionierarbeit, bemerkte aber auch, dass sich Planyavsky überwiegend auf Sekundärquellen stützte.[10]

Weiters publizierte Planyavsky regelmäßig in namhaften Medien, wie der Furche, der Österreichischen Musikzeitschrift oder der Zeitschrift Das Orchester.[4]

Wiener Kontrabass-Archiv

1974 begann er, Konzertliteratur für den Kontrabass zu sammeln, 1986 vermachte er – noch zu Lebzeiten – seine Sammlung der Österreichischen Nationalbibliothek. Als Hauptanliegen schildert er selbst „die historische Rolle des Barockkontrabasses Violone als große Baßgeige (nicht Baßvioline!) auf quellenkundlicher Basis darzustellen und damit die immer noch nachwirkenden Mißdeutungen und Fehlinformationen über seine Familienzugehörigkeit und seine Klangidentität aus der Welt zu schaffen. Voraussetzung für die authentische Darstellung war die Konzentration auf originale Dokumente, darunter etwa 2.000 unbearbeitete Kompositionen, einschließlich ursprünglicher Orchesterbesetzungen aus 500 Jahren, unkommentierte Traktate, Schulwerke, Biographien etc.“[11][12]

Im Jahre 2004 übergab Planyavsky seine Briefsammlung, die unter anderem Korrespondenzen mit Pierre Boulez, Friedrich Cerha, HK Gruber, Hans Werner Henze, György Ligeti, Nikolaus Harnoncourt und Ludwig Streicher enthält, dem Historischen Archiv der Wiener Philharmoniker. Stephan Bonta faßte seine Lebensleistung wie folgt zusammen: „In a real sense, Planyavsky has given his life to the double bass, the instrument that for years he played professionally in Vienna.“[5]

Privates

Planyavsky heiratete 1946 Margarete Molzer, eine Gymnasiallehrerin für Mathematik und Physik. Der Ehe entstammen zwei Kinder: ein Sohn, der Organist und Komponist Peter Planyavsky (1947), und eine Tochter, Johanna (1956).

Er wurde auf dem Döblinger Friedhof (Gruppe 29, Nummer 65) in Wien beerdigt.

Zitat

„Ich vermag mich aber nicht zu erinnern, jemals einen Spezialwälzer von 537 Seiten über ein scheinbares Randgebiet mit solcher Spannung gelesen und dann gleich noch einmal, Zeile für Zeile und Fußnote für Fußnote, gelesen zu haben wie Alfred Planyavskys „Geschichte des Kontrabasses“ […]. Ein Wurf, nur daraus erklärlich, dass der junge philharmonische Kontra­bassist nicht nur als Prak­tiker sein Vorhaben anging, sondern auch die Akribie eines echten Wissen­schaftlers und Forschers mit dem leiden­schaftlichen En­ga­ge­ment verband, die Ver­nach­lässi­gung seines Instruments wieder­gut­zu­machen, die die Musik­wissenschaft und eigentlich mehr noch die Pra­xis eines ganzen Jahr­hunderts in dessen Stil­wandlung sich zuschulden kommen ließ.“

Fritz Walden : Ein Instrument wird rehabilitiert, Arbeiterzeitung, 12. Oktober 1971

Buchpublikationen

Auszeichnungen (Auswahl)

Nachweise

  1. Uwe Harten: Planyavsky, Familie. In: Oesterreichisches Musiklexikon. Online-Ausgabe, Wien 2002 ff., ISBN 3-7001-3077-5; Druckausgabe: Band 4, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2005, ISBN 3-7001-3046-5.
  2. 1 2 Roland John Jackson: Performance Practice: A Dictionary-Guide for Musicians. Routledge, 2005, ISBN 978-0-415-94139-6, S. 174 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  3. „Beim Stimmen der Saiten“, 4. August 1962 und „Verzeih’ Mozart“, 22. August 1964
  4. 1 2 Rodney Slatford: Planyavsky, Alfred. In: Grove Music Online (englisch; Abonnement erforderlich).
  5. 1 2 Stephen Bonta: The Baroque Double Bass Violone. By Alfred Planyavsky. Translated by James Barket.. In: Journal of Seventeenth-Century Music. 6, Nr. 2, 2000.
  6. Alfred Planyavsky: Der Barockkontrabass Violone. Schneider, Tutzing 1998, ISBN 3-7952-0903-X (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  7. 1 2 Alfred Planyavsky: The Baroque Double Bass Violone. Scarecrow Press, 1998, ISBN 978-0-8108-3448-4 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  8. Alfred Planyavsky and the Vienna Double Bass Archive. earlybass.com. Abgerufen am 14. August 2015.
  9. Paul R. Laird: The Baroque Cello Revival: An Oral History. Scarecrow Press, 2004, ISBN 978-0-8108-5153-5, S. 52 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  10. Shanon P. Zusman: Planyavsky, Alfred. The Baroque Double Bass Violone (Review). In: Journal of the American Musical Instrument Society. Band 26, 2000, S. 238–242 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  11. Alfred Planyavsky: Wiener Kontrabaß-Archiv, abgerufen am 14. August 2015
  12. Kontrabass-Archiv. Österreichische Nationalbibliothek. 2007. Archiviert vom Original am 5. Februar 2013. Abgerufen am 8. Mai 2020.