Arne Jacobsen
Arne Emil Jacobsen (* 11. Februar 1902 in Kopenhagen; † 24. März 1971 ebenda) gilt als einer der international bedeutendsten Architekten und Designer Dänemarks im 20. Jahrhundert. Seine Entwürfe folgten dem Stil des Funktionalismus.
Leben und Wirken
Arne Jacobsen wuchs in gutbürgerlichen Verhältnissen auf. Sein Vater war ein jüdischer Kaufmann und die Mutter eine ehemalige Bankangestellte.[1] In jungen Jahren zeichnete er viel die Flora und Fauna Dänemarks. Jacobsen erlernte bis 1924 den Beruf des Steinmetzen. Auf Wunsch des Vaters studierte er Architektur an der Königlich Dänischen Kunstakademie in Kopenhagen, wo er 1927 den Abschluss machte. Danach arbeitete er zwei Jahre als Architekt im städtischen Bauamt, bis er sich 1929 mit dem Architekten Flemming Lassen zusammenschloss, um das „Haus der Zukunft“ zu entwerfen. Das runde Gebäude mit einem Helikopterlandeplatz auf dem Dach sollte bei einer Ausstellung der Architektenkammer von Kopenhagen vorgestellt werden. Für die Einrichtung des Hauses entwickelte Jacobsen einige Möbel aus Metall, dies waren Jacobsens erste Arbeiten als Designer.
In den folgenden Jahren arbeitete Jacobsen an verschiedenen Bauprojekten, das erste Großprojekt war die Bellavista-Siedlung in Klampenborg. Die Siedlung am Strand des Öresunds aus mehreren Häusern, einem Restaurant und dem Bellevue Theater wurde in mehreren Bauabschnitten zwischen 1932 und 1935 fertiggestellt. In der Nähe baute er 1936 die Tankstelle Skovshoved. Zusammen mit Erik Møller gewann er 1936 den Architekturwettbewerb für das neue Rathaus von Århus, das 1942 fertiggestellt wurde. Während der deutschen Besetzung Dänemarks im Zweiten Weltkrieg floh der jüdische Jacobsen mit seiner zweiten Frau vor den Nationalsozialisten nach Schweden.
1956 wurde Jacobsen Professor emeritus an der Königlich Dänischen Kunstakademie. Neben der Lehre arbeitete er weiter an Projekten. Er begann im gleichen Jahr die Arbeiten am SAS Royal Hotel in Kopenhagen. Bei dem ersten Wolkenkratzer der Stadt wurden alle Details von Jacobsen selbst entworfen, vom Gebäude über die Textilien bis zum Besteck des Restaurants. Einige seiner bekannten Möbelentwürfe, wie Ei und Schwan, entstammen dem 1960 vollendeten SAS-Projekt.
Im Jahr 1964 wurden Arbeiten von ihm auf der documenta III in Kassel in der Abteilung Industrial Design gezeigt. Bei seinen späteren Projekten, wie zum Beispiel dem Entwurf und Bau des neuen Schulgebäudes für das Hamburger Christianeum oder der Dänischen Botschaft in London, arbeitete er mit den Architekten Otto Weitling und Hans Dissing zusammen, die einige der Projekte nach Jacobsens Tod 1971 fortführten. Eine seiner letzten Arbeiten war das Gebäude der Dänischen Nationalbank in Kopenhagen, das er 1966 begann. Es wurde erst sieben Jahre nach seinem Tod fertiggestellt.
Stil
Jacobsen ist dem modernen Funktionalismus zuzuordnen. Seine Bauten und Designarbeiten waren beeinflusst durch Ludwig Mies van der Rohe, Le Corbusier und durch das Bauhaus. In seinem Werk spiegelt sich sein Perfektionismus wider. Er soll fast permanent gearbeitet haben. Erholung bestand für ihn darin, sich einem anderen Bereich kreativer Betätigung zuzuwenden.
Architektur
Jacobsens Architektur zeichnet sich durch eine klare, an Geometrie und Material orientierte Formensprache aus. Diese leitete sich dabei weniger, wie es gern dargestellt wird, aus der Funktion ab, sondern entsprang dem rigiden modernistischen Konzept Jacobsens, dem sich, im privaten Alltag, auch dessen Familie unterwerfen musste. Jacobsen galt Kritikern als architektonischer Diktator, der Gebäude so rigide durchgestaltete, dass es keinen Raum für persönliche Änderungswünsche gab.
Neben seinen Arbeiten in Dänemark, unter anderem am SAS Royal Hotel in Kopenhagen von 1960, war er auch international tätig. So entwarf er in Deutschland errichtete Gebäude, unter anderem das Gebäude des Gymnasiums Christianeum in Hamburg-Othmarschen und das Verwaltungsgebäude der Vattenfall GmbH in der Hamburger City Nord im Stadtteil Winterhude. Weitere Entwürfe von Jacobsen wurden in Berlin (Mustersiedlung Südliches Hansaviertel), Hannover (Glasfoyer im Großen Garten), Mainz (Rathaus und Firmenzentrale Novo Nordisk), Castrop-Rauxel sowie in Burgtiefe auf Fehmarn realisiert.
Design
Im Gegensatz zu den architektonischen Arbeiten orientierten sich viele seiner Design-Projekte stark an organischen Formen. Jacobsen entwickelte hieraus an die Formensprache abstrakter Kunst erinnernde Objekte, die sich durch eine prägnante und klare Gestalt auszeichneten. Ein Hintergrund dieser anderen Akzentsetzung im Designbereich dürfte Jacobsens Naturverbundenheit gespielt haben: Jacobsen war passionierter Botaniker. Populär wurden mehrere seiner Sitzmöbel, die ab 1950 entstanden. Diese tragen Namen wie Die Ameise, Das Ei, Der Schwan, Grand Prix oder Serie 7. Letzterer ist der meistverkaufte Stuhl aller Zeiten. Seine Sitzmöbel wurden alle zusammen mit der Firma Fritz Hansen entwickelt, die diese bis heute produziert.
Für Louis Poulsen entwarf er von 1955 bis 1969 sehr erfolgreich Hänge- und Stehlampen. Ein Revival erlebte vor allem die AJ-Stehlampe Anfang dieses Jahrhunderts.
Ebenfalls sehr bekannt wurde seine Essbesteckserie AJ: Stanley Kubrick wählte sie für den in den 1960er Jahren gedrehten Film 2001: Odyssee im Weltraum.
Im Zuge der Gebäudeentwicklung konstruierte Jacobsen drei Wanduhren für drei wichtige architektonische Gebäude in seiner Laufbahn. Die "Roman Wanduhr" für das Aarhus Rathaus (1942), die "City Hall" für das Rathaus Rødovre (1956) und die "Bankers Wanduhr" für die Nationalbank von Dänemark (1971). Diese wurden später unter Weiterentwicklung mit dem Designer Teit Weylandt, welcher zuvor Leiter der Produktentwicklungsabteilung bei Arne Jacobsen war, unter der Marke Rosendahl Timepieces zu Designklassikern.[2] Heute gibt es diese Uhren als Wanduhren und Tischuhren für den Haushalt, welche nach strengen Auflagen noch nach den Originalskizzen Jacobsens hergestellt werden.
Die von Jacobsen für den Hersteller Stelton entworfenen Gebrauchsgegenstände der Cylinda Line/Cylinder Line sind moderne Klassiker. Sie wurden von Paul Smith zum 50-jährigen Firmenjubiläum 2010 neuinterpretiert.
Ehrungen und Auszeichnungen
- 1925: Silbermedaille für einen Stuhlentwurf bei der Pariser Weltausstellung
- 1936: Eckersberg-Medaille
- 1954: Ehrenpreis der Internationalen Kunst- und Architekturausstellung in Sao Paulo für das Massey-Harris-Gebäude
- 1955: C.F. Hansen Medaille
- 1957: Grand Prix bei der XI. Triennale di Milano
- 1962: Ehrenmedaille des Akademischen Architektenverbandes
- 1963: Fritz-Schumacher-Preis
- 1964: Außerordentliches Mitglied der Akademie der Künste (Berlin), Sektion Baukunst[3]
- 1966: Ehrendoktor in Oxford, England
- 1968: Ehrendoktor in Glasgow
- 1969: Goldmedaille Pio Manzu von der Akademie der freien Künste in San Marino
- 1971: Goldmedaille der Akademie für Architektur in Frankreich
Literatur
- Charlotte & Peter Fiell: Skandinavisches Design. Köln 2005 ISBN 3-8228-4115-3
- Andrew Hollingsworth: Danish Modern. Gibbs Smith, Layton (Utah) 2008, ISBN 1-58685-811-4, ab S. 107.
- Louisiana Museum of Modern Art: Arne Jacobsen. Absolut Modern. Hatje Cantz, Ostfildern 2003, ISBN 978-3-7757-1290-3.
- Carsten Thau und Kjeld Vindum: Arne Jacobsen. Kopenhagen 2002, ISBN 978-87-7407-230-0.
- Félix Solaguren-Beascoa: Arne Jacobsen – Approach to his complete works 1926-1971. Copenhagen 2002, ISBN 978-87-7407-270-6.
- Tobias Faber: Arne Jacobsen. Hatje, Stuttgart 1964
Weblinks
- Literatur von und über Arne Jacobsen im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Arne Jacobsen. In: archINFORM.
- Arne Jacobsen und das Christianeum
- Informationen zu Arne Jacobsen auf der Seite der Deichtorhallen
- Biographie von Arne Jacobsen bei Stylepark
- Dokumentation über Arne Jacobsen von Fritz Hansen
- Materialien von und über Arne Jacobsen im documenta-Archiv
- Arne Jacobsen bei Fritz Hansen (englisch)
- Arne Jacobsen bei der Design-Agentur Tagwerc mit Texten zu seinen Entwürfen und seiner Designphilosophie
Einzelnachweise
- ↑ Ariane Hoffmann: 11. Februar 1902: Der Geburtstag des dänischen Designers (Memento vom 21. Juli 2015 im Internet Archive), WDR 3, ZeitZeichen, 11. Februar 2012, MP3-Datei, 14 Min.
- ↑ rosendahl.com: Arne Jacobsen
- ↑ Datenbankeintrag Arne Jacobsen bei der AdK
Personendaten | |
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NAME | Jacobsen, Arne |
ALTERNATIVNAMEN | Jacobsen, Arne Emil (vollständiger Name) |
KURZBESCHREIBUNG | dänischer Designer und Architekt |
GEBURTSDATUM | 11. Februar 1902 |
GEBURTSORT | Kopenhagen |
STERBEDATUM | 24. März 1971 |
STERBEORT | Kopenhagen |
License Information of Images on page#
Image Description | Credit | Artist | License Name | File |
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Ant chair designed 1952 by danish architect Arne Jacobsen. | Eigenes Werk | Arkines | Datei:AJ 3101 ant.jpg | |
Bellavista housing, Strandvejen 419-451, Klampenborg (Copenhagen, Denmark) - 1934 Architect Arne Jacobsen | Die Autorenschaft wurde nicht in einer maschinell lesbaren Form angegeben. Es wird angenommen, dass es sich um ein eigenes Werk handelt (basierend auf den Rechteinhaber-Angaben). | © Hans Andersen | Datei:Arne Jacobsen Bellavista 2005-09.jpg | |
Photograph of Arne Jacobsen, Danish architect and designer | http://www.canemaker.dk/dansk/arnejacobsen.html | Autor/-in unbekannt Unknown author | Datei:Arne Jacobsen photo.jpg | |
Christianeum , Hamburg; Architekt: Arne Jacobsen | Eigenes Werk | Katharina von Hoefs | Datei:Christianeum.07.08.jpg | |
The Wikimedia Commons logo, SVG version. | Original created by Reidab ( PNG version ) SVG version was created by Grunt and cleaned up by 3247 . Re-creation with SVG geometry features by Pumbaa , using a proper partial circle and SVG geometry features. (Former versions used to be slightly warped.) | Reidab , Grunt , 3247 , Pumbaa | Datei:Commons-logo.svg | |
Begriffsklärungs-Icon (Autor: Stephan Baum) | Eigenes Werk ( Originaltext: Own drawing by Stephan Baum ) Original Commons upload as File:Logo Begriffsklärung.png by Baumst on 2005-02-15 | Stephan Baum | Datei:Disambig-dark.svg | |
Hamburg, City Nord, Verwaltungsgebäude HEW | Fotograf: selbst | Benutzer:Staro1 | Datei:Hh-citynord-hew2.jpg | |
Lamp designed by Arne Jacobsen | Eigenes Werk | Christos Vittoratos | Datei:Lamp arne-jacobsen.jpg | |
Minimalist cutlery designed by Arne Jacobsen used in the 1968 film 2001: A Space Odyssey by Stanley Kubrick . Displayed at Stanley Kubrick: The Exhibit , Los Angeles County Museum of Art. | DSC03407 | Matthew J. Cotter from Wigan, United Kingdom | Datei:Stanley Kubrick The Exhibition - LACMA - 2001 A Space Odyssey - Arne Jacobsen cutlery (8999717870) (cropped).jpg | |
Arne Jacobsen's "The Swan" and "The Egg". | https://www.flickr.com/photos/criminalintent/89026773/ | Lars Plougmann | Datei:The Swan&The Egg.jpg |