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vom 22.06.2020, aktuelle Version,

August Neidhardt von Gneisenau

August Neidhardt von Gneisenau, Gemälde von George Dawe, 1818. Gneisenaus Unterschrift:
Gneisenau-Standbild von Christian Daniel Rauch gegenüber der Neuen Wache in Berlin, 1855

August Wilhelm Anton Neidhardt, später Neidhardt von Gneisenau, ab 1814 Graf Neidhardt von Gneisenau (* 27. Oktober 1760 in Schildau; † 23. August 1831 in Posen) war ein preußischer Generalfeldmarschall und Heeresreformer. Nach der Teilnahme am Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg 1783 und an der Verteidigung Kolbergs 1807 stieg er in die Militärführung auf und trieb zusammen mit Gerhard David von Scharnhorst die Heeresreform voran. Als Stabschef Gebhard Leberecht von Blüchers hatte er großen Anteil an den Siegen über Napoleon 1813–1815. Gneisenau gehört zu den bedeutendsten Heeresreformern der Befreiungskriege.[1] Sein berühmtester Nachfahre war der Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus Claus Schenk Graf von Stauffenberg.

Leben

Jugend (1760–1782)

Gneisenau-Geburtshaus in Schildau
Gedenktafel am Geburtshaus

Geboren als August Wilhelm Antonius Neithardt, waren Gneisenaus Eltern der Artillerieleutnant und Baumeister August Wilhelm Neidhardt (* 24. Januar 1734 in Reick, † 6. Juni 1802 in Oppeln) und dessen Frau Marie Margarethe, geborene Müller (* 8. November 1738 in Würzburg, † 22. Oktober 1761). Der Vater nannte sich „Neithardt“; erst in den folgenden Jahren wurde der Beiname „von Gneisenau“, von einem früheren Besitztum der Familie in Oberösterreich, Schloss Gneisenau, hinzugefügt. Als der spätere Feldmarschall 1777 auf der Universität Erfurt immatrikuliert wurde, wurde er im Register als „Antonius Neithardt, Torgaviensis Stud. phil.“ aufgeführt.[2] Dagegen nannte ihn die brandenburg-ansbachische Rangliste von 1783 „Neithardt von Gneisenau“, und diesen Doppelnamen behielt er auch im preußischen Dienst.

Der Vater diente im Siebenjährigen Krieg, ab 1759 als Offizier, im Reichs-Reserve-Artilleriepark des Obersächsischen Kreises der Reichsarmee gegen Preußen. Wie üblich, folgte ihm die Ehefrau im Tross. Als im Feldzug von 1760 die Reichsarmee Schildau vor den anrückenden Preußen räumte, blieb die Hochschwangere im Quartier zurück. Dort brachte sie Gneisenau zur Welt und erkrankte schwer. Im Winter 1760/61 genesen, schloss sie sich mit dem Sohn in der Gegend um Hof und Saalfeld wieder dem Tross an. Der Vater übernahm nach dem Frieden von Hubertusburg ab 1763 in kleineren Städten des Reichs Stellen als Baubeamter an. Nach dem Tod der Mutter übergab er seinen Sohn an Pflegeeltern. Ein bis zwei Jahre später kam der junge Gneisenau 1767 zu seinem Großvater, dem Oberst des Ingenieurwesens im Hochstift Würzburg, Johannes Georg Müller (1693–1771), nach Würzburg und besuchte die dortige Jesuitenschule bis 1772. Im Jahr 1773 lebte Gneisenau vorübergehend bei seiner Tante Eva Margarete Müller, die nach ihrer Heirat nach Schwäbisch Gmünd gegangen war. Später im Jahr nahm ihn sein Vater zu sich nach Erfurt. Dort war er im selben Jahr Baudirektor für „Stadt und Land Erfurt und das Eichsfeld“ geworden, hatte geheiratet und ein Haus erworben. Im Dezember 1773 bekam Gneisenau einen Halbbruder. Der Vater schickte Gneisenau von 1773 bis 1777 auf das katholische Gymnasium. Am 1. Oktober 1777 immatrikulierte sich Gneisenau an der Universität Erfurt und studierte militärische Mathematik, Artilleriewesen, Befestigungskunst und Kartografie. Durch seinen lockeren Lebenswandel verlor der 18-Jährige das großväterliche Erbe und brach 1778 sein Studium ab. Er trat dann in das in Erfurt in Garnison liegende österreichische Husaren-Regiment „Graf Wurmser“ ein und zog als Gemeiner in den Bayerischen Erbfolgekrieg. Nach dem Frieden von Teschen (Cieszyn) im Jahr 1779 trat Gneisenau in den Dienst des Markgrafen Karl Alexander von Brandenburg-Ansbach. In der Rangliste des dortigen Jägerbataillons ist Gneisenau erstmals mit dem Namen verzeichnet, den inzwischen auch sein Vater angenommen hatte: Neithardt von Gneisenau.

Teilnahme am Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg (1782/83)

Der, wie andere deutsche Fürsten auch, an Geldmangel leidende Markgraf Karl Alexander vermietete während des Amerikanischen Unabhängigkeitskrieges Truppen an Großbritannien. Gneisenau meldete sich zum Einsatz in Nordamerika, wurde zum Leutnant ernannt und 1782 nach Amerika verschifft. Da der Krieg fast vorüber war, verbrachte Gneisenau seine Zeit meist in der Garnison von Québec. Bereits Ende 1783 kehrte er in die Garnison Bayreuth zurück und trat zur Infanterie über.

Aufstieg im preußischen Heer (1783–1806)

Auch wegen des eintönigen Dienstes verließ er die Dienste des Markgrafen von Ansbach-Bayreuth und bewarb sich 1785 beim preußischen Heer. Vor seiner eigentlichen Anstellung hospitierte Gneisenau mit Genehmigung Friedrichs des Großen als Sekondeleutnant im Potsdamer Generalquartiermeisterstab. Als jüngster Premierleutnant wurde er 1786 zum leichten Infanterie-Regiment Chaumontet in die Garnison Löwenberg (Lwowek) versetzt. Er lernte in seiner Garnisonszeit die englische, französische und polnische Sprache und studierte Geschichte, Literatur und Kriegswissenschaften. Am 17. März 1788 wurde er in die Freimaurerloge „Zu den drei Felsen“ der GroßlogeGroße National-Mutterloge Zu Den Drei Weltkugeln“ in Schmiedeberg i. Riesengebirge aufgenommen.

1790 erfolgte die Beförderung zum Stabskapitän. Von 1792 bis 1795 war Gneisenau mit seinem Bataillon bei der zweiten Polnischen Teilung zusammen mit russischen Truppen eingesetzt. Im Jahr 1795 wurde Gneisenau zum Hauptmann befördert und als Kompaniechef nach Jauer (Jawor) versetzt. Er heiratete 1796 die vermögende Karoline von Kottwitz, mit der er in den Folgejahren vier Töchter und drei Söhne hatte. Nachdem seine Frau 1803 das Gut Mittel-Kauffung erworben hatte, studierte Gneisenau landwirtschaftliche Schriften, entwarf Pläne zur Melioration und richtete eine Kartoffelbrennerei ein. Nebenher beschäftigte er sich weiter intensiv mit Studien zum Truppendienst, zur Infanterie, Kavallerie, Artillerie, Ingenieurkunde, Taktik und Militärgeografie.

Heeresreformer während der napoleonischen Herrschaft (1806–1812)

Am 10. Oktober 1806 nahm Gneisenau unter dem Befehl des Prinzen Louis Ferdinand von Preußen im Gefecht bei Saalfeld erstmals an Kampfhandlungen gegen die Truppen Napoleons teil und wurde verwundet. Trotzdem kämpfte er in der Doppelschlacht bei Jena und Auerstedt am 14. Oktober 1806 im Gefolge des preußischen Generals Ernst von Rüchel. Nach der Niederlage der preußischen Truppen entkam Gneisenau zum Sammelpunkt der geschlagenen preußischen Armee nach Graudenz. Er wurde am 17. Dezember 1806 zum Major befördert und mit seinem Bataillon an die russische Grenze in (Preußisch-)Litauen verlegt. In Denkschriften analysierte Gneisenau die Fehler der Preußen in den Schlachten bei Jena und Auerstedt und forderte eine Reform der Taktik. Vom König Friedrich Wilhelm III. von Preußen wurde Gneisenau auf Empfehlung des Generals Ernst von Rüchel, inzwischen Generalgouverneur der Provinz Preußen, als neuer Kommandant in die belagerte pommersche Festung Kolberg entsandt, wo er am 29. April 1807 auf dem Seeweg über die Ostsee eintraf. Gneisenau organisierte die erfolgreiche Verteidigung der Festung auch durch die Einbeziehung patriotischer Bürger um den Bürgerrepräsentanten Joachim Nettelbeck. Der Waffenstillstand zwischen Preußen und Frankreich beendete den Kampf um Kolberg am 2. Juli 1807. Gneisenau war bereits am 13. Juni 1807 zum Oberstleutnant befördert worden und wurde auf Wunsch von Scharnhorst in die Militär-Reorganisationskommission berufen.

Zwischen 1807 und 1810 hielt sich Gneisenau meist in Memel und Königsberg auf. Unter anderem arbeitete er mit General Graf Yorck das neue Exerzier-Reglement für die Infanterie (1812) aus. Mit weiteren Offizieren war er mit der Aufklärung der Vorgänge betraut, die zur Kapitulation der Festungen Erfurt, Magdeburg, Nienburg und Neiße sowie des Hohenloheschen Korps bei Prenzlau und zur Niederlage der Schlacht bei Jena und Auerstedt und dem Gefecht bei Halle geführt hatten. Im Sommer 1808 forderte er in einer Denkschrift an den König die Volksbewaffnung, die Züge der Guerillataktik erkennen ließ, und verfasste wenig später die „Konstitution für die allgemeine Waffenerhebung des nördlichen Deutschlands gegen Frankreich“. Im Mai 1808 wurde Gneisenau zum Inspekteur der Festungen ernannt und im September 1808 auch zum Chef des Ingenieurkorps. Am 1. März 1809 wurde er als Mitglied des Artillerie- und Ingenieurdepartements ins preußische Kriegsministerium berufen. Im Mai 1809 griff Gneisenau seinen Gedanken der Volkserhebung wieder auf und regte die Aufstellung einer „Preußischen Legion“ an der Seite der Österreicher an.

Im Mai 1809 wurde Gneisenau zum Oberst befördert und quittierte im Juli 1809 seinen Dienst „für die Dauer des Friedens“, nachdem er und andere Reformer von reaktionären Kräften am Hof verleumdet und des Verrats beschuldigt worden waren. In inoffiziellem Auftrag reiste Gneisenau im August 1809 nach Großbritannien, um die Möglichkeiten britischer Hilfe im Kampf gegen Napoleon zu sondieren. In Kenntnis seiner militärischen Fähigkeiten boten ihm lediglich Friedrich Wilhelm, Herzog von Braunschweig, das Kommando in seinem Freikorps, der Schwarzen Schar, und die Briten den Eintritt in die Deutsch-Englische Legion an. Enttäuscht kehrte Gneisenau im Dezember 1810 nach Berlin zurück. Zum Schutz vor französischen Spitzeln brachte ihn Clausewitz bei einem Tischler in Pankow (bei Berlin) unter. Danach begab sich Gneisenau auf sein Gut in Schlesien, hielt aber weiter engen Kontakt zu den Reformern (Scharnhorst, Boyen und Blücher).

Im März 1811 wurde er vom Staatskanzler Hardenberg auf dessen Gut Tempelberg bei Fürstenwalde gerufen, um die neue Situation aufgrund der sich verschärfenden Zuspitzung der russisch-französischen Beziehungen zu erörtern. Im gleichen Jahr bereiteten Scharnhorst, Boyen, Clausewitz und Gneisenau eine Volkserhebung vor, die Gneisenau verfasste und Hardenberg am 8. August 1811 dem König übergab. Dieser Plan wurde jedoch vom König abgelehnt. Gneisenau arbeitete aber weiter an den Plänen für den Aufstand. Nach dem Vertrag vom 24. Februar 1812, in dem sich Preußen zur Aufstellung eines Hilfskorps für den Krieg der Franzosen gegen Russland verpflichtete, reichte Gneisenau seine Entlassung aus dem Staatsdienst ein und reiste zum zweiten Mal nach Großbritannien. Erneut wollte er die Möglichkeiten einer britischen Unterstützung in Erfahrung bringen. Die Reise führt ihn über Wien nach Vilnius zu Zar Alexander I., für den er eine Analyse der russischen Streitkräfte ausarbeitete. Über Stockholm kam Gneisenau – wieder ohne offiziellen Auftrag – nach London. Er führte Gespräche mit der Regierung, ohne allerdings konkrete Zusagen zu erhalten. Über Kolberg reiste Gneisenau an den preußischen Königshof in Breslau, wo er am 11. März 1813 eintraf.

Wirken in den Befreiungskriegen (1812–1815)

August Neidhardt von Gneisenau, Zeichnung
Das 1814 zum Grafenstand verliehene Wappen

Nach der französischen Niederlage im Russlandfeldzug von 1812/13 konnten sich die Reformer in Preußen endlich durchsetzen, und am 16. März 1813 erklärte König Friedrich Wilhelm III. von Preußen dem napoleonischen Frankreich den Krieg. Gneisenau wurde als Generalmajor im selben Monat wieder in das preußische Heer eingestellt und als Zweiter Generalquartiermeister zur Armee Blüchers versetzt, in der auch sein Sohn August bei der Kavallerie diente. Beim Einrücken in den Rheinbundstaat Sachsen verfasste Gneisenau einen Aufruf zum gemeinsamen Widerstand. In Dresden, das von den Franzosen geräumt worden war, ordnete Gneisenau die Schaffung von Flussübergängen an, da die Elbbrücken von den Franzosen gesprengt worden waren. In der Schlacht bei Großgörschen am 2. Mai 1813 befehligte Gneisenau die Kavallerie des linken Flügels. Da der Erste Generalquartiermeister der Blücher-Armee, Scharnhorst, in dieser Schlacht verwundet wurde, übernahm Gneisenau in der Folge die Aufgaben des Ersten Generalquartiermeisters. In der Schlacht bei Bautzen unterlagen die vereinten preußisch-russischen Truppen erneut, während das Reitergefecht bei Haynau (Chojnow) gewonnen wurde.

Die Zeit des Waffenstillstands vom 4. Juni bis August 1813 nutzte Gneisenau zur weiteren Ausbildung und Ausrüstung der preußischen Truppen, insbesondere der Schlesischen Armee Blüchers. Gleichzeitig führte er – in der Nachfolge des erkrankten Friedrich Wilhelm von Götzen d. J. – auch die Geschäfte des Generalgouvernements Schlesien. Er ließ auch die schlesischen Festungen ausbauen und weiter aufrüsten. Mitte August hatte die Schlesische Armee eine Stärke von 105.000 Mann und bestand aus zwei russischen und einem preußischen Korps. Nach den Gefechten bei Löwenberg, Bunzlau und Goldberg zwischen dem 21. August und dem 23. August 1813 musste sich die schlesische Armee allerdings zurückziehen. Aber in der Schlacht an der Katzbach am 26. August errangen die Verbündeten den Sieg.

Bis Ende September 1813 kämpfte die von Blücher und Gneisenau geführte Schlesische Armee in Schlesien und drang dann ab 26. September 1813 über Bautzen nach Norden vor. Am 5. Oktober 1813 stand die Armee östlich von Bitterfeld. Auch die anderen beiden verbündeten Heere, die Nordarmee unter dem schwedischen Kronprinzen Bernadotte und die Böhmische Armee unter dem österreichischen Fürsten Karl Philipp zu Schwarzenberg, konzentrierten ihre Kräfte im mitteldeutschen Raum bei Leipzig, wo es am 18. Oktober 1813 zur entscheidenden Völkerschlacht bei Leipzig kommt, die mit dem Sieg der Verbündeten endete. Blücher und Gneisenau zogen mit ihren Truppen als Erste in die Stadt ein. Beide wurden auf dem Marktplatz von Zar Alexander I. von Russland, von Kaiser Franz von Österreich, von König Friedrich Wilhelm III. von Preußen und von Fürst Schwarzenberg belobigt. Gneisenau vermisste allerdings schmerzlich ein persönliches Wort der Anerkennung durch den preußischen König. Am 18. Dezember 1813 wurde Gneisenau zum Generalleutnant befördert. Sein Feldzugplan zum direkten Marsch der verbündeten Armeen wurde allerdings aus politischen Gründen anfangs verworfen. Erst am Jahresende 1813 gelang es Gneisenau, seinen Plan durchzusetzen. Die Schlesische Armee überschritt am 1. Januar 1814 bei Kaub den Rhein und marschierte westwärts Richtung Frankreich. In seinen Briefen warnte Gneisenau vor Verhandlungen mit Napoleon über einen Friedensabschluss, die bis Februar 1814 geführt wurden. Am 31. März 1814 endete der Feldzug mit der Kapitulation von Paris. Napoleon, dessen zivile und militärische Anhänger sich daraufhin den Bourbonen zugewandt hatten, musste abdanken und Frankreich verlassen. Der König erhob Gneisenau wegen seiner Verdienste in den Grafenstand und am 3. August 1814 ernannte ihn die Berliner Universität gemeinsam mit Hardenberg, Blücher, Yorck, Kleist, Bülow und Tauentzien zum Dr. phil. h. c. Über seine Erlebnisse im Freiheitskrieg berichtete Gneisenau unter anderem in zahlreichen Briefen an den inzwischen entlassenen General Ernst von Rüchel, Gneisenaus altem Gönner.

Nach Napoleons Rückkehr 1815 blieb Gneisenau weiter Stabschef von Blüchers Armee. Ein eigenes Kommando blieb ihm somit versagt, eine Entscheidung, die auf das andauernde Misstrauen des Hofes gegen ihn als „Jakobiner“ (mit seinen vormaligen Volksbewaffnungsplänen) zurückging, und die ihn tief kränkte. Trotzdem erfüllte er seine Aufgaben mit Tatkraft und Energie. Er bemühte sich für die Armee um Waffen und Geld aus Großbritannien, um die Versorgung der Truppe mit Verpflegung und Bekleidung zu gewährleisten und plante mit Blücher den Feldzug. Die geplante Vereinigung der britisch-niederländischen Armee unter Wellington mit der preußischen Armee unter Blücher scheiterte, als Napoleon die Preußen bei Ligny angriff und schlug. Die Schlacht der Franzosen gegen die Briten bei Quatre-Bras endete unentschieden. Blücher war bei einem von ihm geführten Angriff vermisst; die Verantwortung für die Armee ging auf Gneisenau über. So fasste er allein den Plan, unter Aufgabe der Versorgungslinien nicht nach Osten, sondern nach Norden zu marschieren, um so doch noch eine Vereinigung mit den Truppen Wellingtons zu erreichen. Diese Entscheidung wird dadurch erleichtert worden sein, dass der Rückzug nach Osten durch das anmarschierende IV. Armee-Korps unter Bülow unmöglich wurde. Wellington stellte sich Napoleon am 18. Juni 1815 bei Belle Alliance in Belgien zur Schlacht bei Waterloo. Erst als am späten Nachmittag die preußischen Truppen das Schlachtfeld erreichten, fiel die Entscheidung zugunsten der Verbündeten. Napoleon wurde vernichtend geschlagen und später auf Beschluss der Alliierten nach St. Helena verbannt. Die preußischen Truppen erbeuteten zahlreiche Gegenstände aus Napoleons Besitz. Gneisenau behielt das kaiserliche Siegel und wurde im Juli 1815 zum General der Infanterie befördert. Der bayerische König Maximilian I. Joseph zeichnete ihn mit dem Großkreuz des Militär-Max-Joseph-Ordens aus.[3]

Verlust des Einflusses, Alter und Tod (1815–1831)

Nach dem Krieg zog sich der an Gicht erkrankte Gneisenau zunächst auf sein verschuldetes Gut zurück. Aber bereits im Oktober 1815 übernahm er das Generalkommando am Rhein. Gneisenau hielt Verbindung zu fortschrittlichen Intellektuellen zumal in Berlin und wurde – als „Jakobiner“ – verstärkt und dauerhaft zum Ziel von Angriffen konservativ-reaktionärer Kreise am Königshof. Daraufhin reichte er im April 1816 seinen Abschied ein. Der König lehnte ab und gewährt stattdessen einen „Urlaub auf unbestimmte Zeit“. Als Gneisenau Wochen später zurückkehrte, war seine Dienststellung schon mit einem anderen besetzt. Gneisenau wurde vom König in den Preußischen Staatsrat berufen, aber erst Hardenberg gelang es, Gneisenau zur Annahme der Berufung zu überreden. Er erhielt den Vorsitz in den Abteilungen „Äußere Angelegenheiten“ und „Militärangelegenheiten“. Im Jahr 1818 wurde Gneisenau vom König zum (nur der Repräsentation dienenden) Gouverneur von Berlin ernannt. 1819 wurde die Eigenständigkeit der Landwehr abgeschafft, ohne dass man Gneisenau als Vorsitzenden der Abteilung für Militärangelegenheiten konsultierte. Er wurde zum Präses der Ober-Militär-Examinationskommission ernannt, die die wissenschaftliche Eignungsprüfung der Offiziere abhielt, und war dort mit reiner Verwaltungsarbeit beschäftigt. Jeder Einfluss auf Entscheidungen war ihm damit entzogen; seine Gegner hatten ihn kaltgestellt. Auf Gneisenaus eigene Empfehlung wurde die Position des Gouverneurs von Berlin 1820 zur Entlastung der Staatskasse gestrichen, Titel und Berliner Dienstwohnung blieben ihm jedoch erhalten. Er pendelte zwischen Berlin und seinem Gut Erdmannsdorf bei Hirschberg, das er gegen Gut Mittel-Kauffung eingetauscht hatte. Gneisenau engagierte sich für die Künste, befürwortete die Wiederherstellung des alten Schlossgartens in Berlin und sorgte unter anderem mit Schinkel, Christian Daniel Rauch und Carl von Clausewitz dafür, dass Scharnhorst ein würdiges Grabmal erhielt, das noch heute auf dem Invalidenfriedhof zu Berlin zu sehen ist.

Im Jahr 1822 starb die Tochter Agnes, verheiratet mit Scharnhorsts Sohn Wilhelm, bei der Geburt ihres dritten Kindes. Gneisenau kümmerte sich nun um seine Enkel, da sich sein Schwiegersohn im Ausland aufhielt.

Am 18. Juni 1825 fand bei den Feierlichkeiten zum 10. Jahrestag der Schlacht bei Waterloo die Ernennung Gneisenaus zum Generalfeldmarschall statt. Als königliche Schenkung erhielt er das Gut Sommerschenburg in der preußischen Provinz Sachsen. Er wurde auch weiterhin revolutionärer Ideen verdächtigt, obwohl er längst konservative Ansichten hatte; so wurde sein Briefwechsel kontrolliert.

Als sich die Kämpfe des 1830 ausgebrochenen Novemberaufstands in Russisch-Polen im März 1831 einer Entscheidung näherten, ernannte Friedrich Wilhelm III. Gneisenau zum Oberkommandierenden der Truppen in den vier Ostprovinzen Preußens: Des I. (Preußen), II. (Pommern), V. (Posen) und VI. Armee-Korps (Schlesien) und stattete ihn mit besonderen Vollmachten aus. Sein Stabschef war Clausewitz. Zar Nikolaus I. von Russland wünschte, die aufständischen Polen allein niederzuwerfen. Die preußischen Truppen verhielten sich entlang der Grenze neutral, wobei sie einen Kordon gegen die aus Russisch-Polen herandringende Cholera-Epidemie bildeten. Dennoch fiel Neidhardt von Gneisenau am 23. August 1831 in Posen der Cholera zum Opfer, nachdem er noch am 1. Mai an Wilhelm von Scharnhorst geschrieben hatte: „Ich meinerseits halte die Cholera weder für so ansteckend noch für so gefährlich.“

Nachkommen

Gneisenaus Söhne August, Hugo und Bruno schlugen eine militärische Laufbahn ein. Die Tochter Agnes (1800–1822), war mit Wilhelm von Scharnhorst, die Tochter Hedwig (1805–1890) seit 1828 mit Graf Friedrich von Brühl, die Tochter Emilie mit Graf Karl von Hohenthal auf Schloss Püchau verheiratet. Die Tochter Ottilie blieb ledig.

Die Hitler-Attentäter Berthold und Claus Schenk Graf von Stauffenberg waren Urenkel Gneisenaus aus der Familie seiner Tochter Emilie.

Mausoleum: Grabstätte und Denkmal

Gneisenau-Mausoleum von Karl Friedrich Schinkel in Sommerschenburg

Die sterblichen Überreste des Generalfeldmarschalls Graf Neidhardt von Gneisenau wurden zunächst auf einer Bastion der Festung Posen aufgebahrt. Nach Abklingen der Cholera wurden sie in die Kirche von Wormsdorf (Landkreis Börde) überführt und fanden ihre letzte Ruhe 1841 in Sommerschenburg.

Nach dem Willen des Königs sollte dem verdienten Soldaten ein würdiges Grabmal mit einer Marmorstatue des alten Freiheitskämpfers errichtet werden. Dem bekannten Architekten Karl Friedrich Schinkel wurden die Planung und Errichtung des Mausoleums übertragen, während der Bildhauer Christian Daniel Rauch der seine Ausbildung, darunter mehrere Jahre in Italien, der Königin Luise verdankte – mit der Ausführung des Denkmals beauftragt wurde. Jedoch verzögerte sich die Herstellung der letzteren, da das Schiff, das den Marmorblock aus Carrara in Italien beförderte, in einem Sturm in der Biskaya unterging. Weitere Jahre vergingen, bis ein neuer Block in Auftrag gegeben, in Marmorbrüchen von Carrara ausgewählt, herausgebrochen und auf die Reise geschickt werden konnte. Als König Friedrich Wilhelm III. am 7. Juni 1840 starb, trat eine erneute Verzögerung ein. Im Frühjahr 1841 war endlich alles so weit, dass das Denkmal errichtet und der Sarg nach Sommerschenburg überführt werden konnte.

Der neue König von Preußen, Friedrich Wilhelm IV., der den Generalfeldmarschall sehr verehrt hatte, sah es als eine seiner ersten Regierungsmaßnahmen an, die lange verzögerte öffentliche Ehrung nun endlich durchzuführen. Am 18. Juni 1841 – 26 Jahre nach Waterloo – fand die Einweihung des Mausoleums in Gegenwart des Königs sowie des königlichen Hauses und Hofes statt. Generäle von Truppenteilen aller Waffengattungen, Vertreter der Behörden und der Geistlichkeit waren als Ehrengäste geladen. Auch die Bevölkerung durfte an der Feier teilnehmen.

Das Grabdenkmal war eine Stiftung des Königs und des preußischen Offizierskorps. Mit einer namhaften Stiftung hatte auch ein Freund Gneisenaus aus der Kolberger Zeit, der Generalkonsul des Britischen Empire in Danzig, Alexander Gibsone, zu dem Bauwerk beigetragen.

Im Einvernehmen mit der Familie Neidhardt von Gneisenau wurde auf Gibsone's Wunsch ein Denkmal-Wächterhaus im schweizerischen Stil erbaut, das „für alle Zeiten von einem verdienten Kriegsveteranen zu bewachen und zu pflegen“ sei.
Die Inflation von 1923 verschlang jedoch das Stiftungskapital. Nach dem Tode des letzten Veteranen betraute Friedrich August Graf Neidhardt von Gneisenau – seit 1882 Besitzer von Sommerschenburg – einen Angestellten der Gutsverwaltung mit der nebenberuflichen Überwachung des Mausoleums. Der letzte Wächter war der Förster Tomaschewski; er wurde ein Opfer des Krieges.

Über der Gruft steht auf einer halbrund geführten Mauer aus Sandsteinquadern ein dorisches Tempelchen des Architekten Köppe aus Magdeburg, das den Hintergrund für das Standbild des Generalfeldmarschalls bildet. Im Inneren des Tempels führen Sandsteinstufen zur eigentlichen Gruft hinab, die aus einer tonnengewölbten Vorhalle besteht, hinter der der Bronzesarkophag des Feldherren steht. Fußboden und Seitenwände der Vorhalle bestehen aus Marmorplatten, die an den Seiten mit Grabschriften der Familie Gneisenau beschriftet sind. Der Raum empfängt von der Decke her blaues Licht.
An der Wand über dem Sarkophag stand der Spruch:

Ich habe einen guten Kampf gekämpft,
ich habe den Lauf vollendet,
ich habe Glauben erhalten,
Hinfort wird mir beigelegt
die Krone der Gerechtigkeit.
2. Tim.4.7“

Dieser Spruch wurde von einer ewigen Lampe beleuchtet.

Das Marmorstandbild des Grafen steht vor der Tempelfassade auf einem hohen Marmorpostament. Es hat durch den drapierten Mantel ein antikes Gepräge, der Kopf ist unbedeckt, die Linke auf den Degen gestützt. In der rechten Hand hält er eine Rolle, der Blick ist nach Westen gewandt.
Zu beiden Seitens des Sockels stehen zwei preußische Mörser von 1838 aus der Geschützfabrik Berlin-Spandau; später wurden, als Geschenk Kaisers Wilhelm I., zwei französische Kanonen von 1870/71 hinzugefügt; im Zweiten Weltkrieg wurden sie zur Rohstoffgewinnung eingeschmolzen.

Weitere Denkmäler

  • Das Roßgärter Tor trug sein Relief in gelbem Sandstein. In den Hufen (Königsberg) war seit 1911 eine Straße nach ihm benannt.[4]
  • In Berlin schuf Christian Daniel Rauch 1855 ein bronzenes Gneisenaustandbild für das Denkmalensemble an der Neuen Wache in der Straße Unter den Linden. Im Jahre 1951 abgeräumt und eingelagert, erhielt es 1964 im hinteren Bereich einer Grünanlage am Opernpalais einen neuen Platz.
  • Aus Dankbarkeit und zur Erinnerung an die ruhmreiche Verteidigung der Stadt Kolberg gegen das überlegene französische Heer 1807 wurde vor dem Mariendom in Kolberg am 2. Juli 1903 ein Denkmal für Gneisenau und den Kapitän Joachim Nettelbeck enthüllt. Das Denkmal war ein Werk des Berliner Bildhauers Georg Meyer-Steglitz, es wurde nach der Inbesitznahme Kolbergs durch Polen 1945 zerstört.
  • Zur Platzanlage des Borussia-Nationaldenkmals von Peter Breuer in Memel gehörte eine Herme Gneisenaus. Die Besetzung der Stadt durch Litauen führte 1923 zur Zerstörung der Anlage.
  • In Schildau (Kreis Torgau) stand eine Gneisenau-Büste auf dem Marktplatz. Die Büste ist verschollen.
  • 1960 wurde in Schildau an derselben Stelle eine Büste des Heeresreformers vom Dresdner Bildhauer Walter Flemming mit vier Reliefmedaillons am Sockel aufgestellt.
  • In Erfurt erinnert eine Gedenktafel am ehemaligen Wohnhaus Gneisenaus in der Marktstraße 7 an dessen biografische Verbindungen zu Erfurt.[5]

Rezeption

Gneisenau- Nettelbeck-Denkmal in Kolberg
Gneisenau-Denkmal in Schildau
Sonderbriefmarke der Deutschen Post (DDR) zum 200. Geburtstag von Neidhardt von Gneisenau, 1960

Offizieller Beiname der Geburtsstadt

Seit 1952 trägt Schildau, die Geburtsstadt des Generalfeldmarschalls und Heeresreformers, den offiziellen Beinamen Gneisenaustadt.

Bergwerk

Die nach ihm benannte Zeche Gneisenau war ein 1873 gegründetes Steinkohlen-Bergwerk im Dortmunder Stadtteil Derne, das bis zum 5. August 1985 in Betrieb war.

Deutsche Armeen

Drei deutsche Marinen tauften Schiffe auf den Namen Gneisenau:

Bei den Grenztruppen der DDR trug das Grenzregiment 25 den Ehrennamen Neidhardt von Gneisenau.

Kasernen

Zivile Schiffe

  • Gneisenau, Reichspostdampfer der Feldherren-Klasse des Norddeutschen Lloyd.
  • Gneisenau, Passagierschiff des Norddeutschen Lloyd, getauft am 17. Mai 1935 von Ursula Gräfin von Gneisenau.

Saal

Straßen und Wege

In vielen deutschen Orten wurden Straßen, Alleen und Wege nach Gneisenau benannt.

Briefmarken

Zur Erinnerung an den 200. Geburtstag Gneisenaus legte die Postverwaltung der DDR eine Sonderbriefmarke auf.

Briefe

Literatur

Commons: August Neidhardt von Gneisenau  – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. https://www.wissen.de/lexikon/gneisenau-august-graf-neidhardt-von
  2. Der Biograph Hans Delbrück folgert aus diesem Immatrikulationsnamen, dass Gneisenau zum einen in seiner Jugend den Rufnamen Anton hatte, und dass er andererseits bei seinen Kollegen nicht als „Schildbürger populär werden wollte“ (vgl. Schildau), und deshalb Torgau als seinen Herkunftsort angab.
  3. Rudolf von Kramer, Otto Freiherr von Waldenfels: VIRTUTI PRO PATRIA. Der königlich bayerische Militär-Max-Joseph-Orden Kriegstaten und Ehrenbuch 1914-1918. Selbstverlag des königlich bayerischen Militär-Max-Joseph-Ordens, München 1966, S. 444.
  4. Robert Albinus: Königsberg Lexikon. Würzburg 2002, S. 104
  5. Steffen Raßloff: Preußischer Militärreformer. In: Thüringer Allgemeine vom 31. August 2013.