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vom 10.12.2012, aktuelle Version,

Christine Lavant

Christine Lavant: Graffito von Jef Aerosol am Musilhaus in Klagenfurt

Christine Lavant, eigentlich Christine Habernig, geb. Thonhauser (* 4. Juli 1915 in Groß-Edling bei St. Stefan im Lavanttal, Kärnten; † 7. Juni 1973 in Wolfsberg) war eine österreichische Künstlerin und Schriftstellerin.

Leben

Christine Lavant wurde als neuntes Kind des Bergarbeiters Georg Thonhauser und seiner Frau Anna geboren. Das Neugeborene hatte fünf Wochen Skrofeln auf Brust, Hals und im Gesicht und erblindete beinahe. Mit drei Jahren (1918) kam eine erste Lungenentzündung hinzu, die später beinahe jedes Jahr wiederkehren sollte. Bei einem Krankenhausaufenthalt 1919 wurde das Kind bereits als nicht mehr lebensfähig angesehen.

Dennoch wurde Lavant 1921 in der Volksschule in St. Stefan eingeschult. Bei einem Aufenthalt im Krankenhaus in Klagenfurt, während dessen sich ihr Augenleiden besserte, bekam sie von ihrem behandelnden Arzt Primarius eine Ausgabe von Rainer Maria Rilkes Werken geschenkt, die sie auf dem 60 km langen Fußmarsch nach Wolfsberg zurück im Rucksack bei sich führte.

1927 verschlechterte sich ihre Gesundheit und zusammen mit einer Lungentuberkulose trat nun auch die Skrofulose wieder auf. Nach einer als risikoreich angesehenen Röntgenbestrahlung verschwanden aber beide Krankheiten erstaunlich rasch, so dass Lavant 1929 die Volksschule beenden konnte. Der nun folgende Besuch der Hauptschule musste aber abgebrochen werden, da der Fußweg für das schwächelnde Kind zu lang schien. Das Mädchen beschäftigte sich nun mit kleineren häuslichen Arbeiten, Malen, Schreiben und Lesen, und begann zu stricken. Eine 1930 übersehene Mittelohrentzündung führte dann zur einseitigen beinahen Ertaubung.

1931 lernte Lavant Frau Lintschnig, eine ihrer dann treuesten Freundinnen, kennen. Es entstanden nun viele Aquarelle, die sie später verschenkte. Zu jener Zeit kamen aber auch die ersten schweren Depressionen auf, die die Heranwachsende letztlich nötigten, bei den Eltern zu bleiben. Aus den produktiveren Phasen erwuchs nun ein erster Roman unbekannten Titels, den sie beim Grazer Leykam Verlag einreichte. Trotz positiver erster Reaktion erhielt Lavant 1932 dann eine Absage, was zur Vernichtung von allem bisher Geschriebenen und zum Aufgeben des Schreibens führte. Nach schweren Depressionen begab sich Christine Lavant 1935[1] auf eigenen Wunsch in eine Nervenheilanstalt in Klagenfurt. Ihre Erlebnisse hat sie im Text Aufzeichnungen aus einem Irrenhaus verarbeitet, der erst postum veröffentlicht wurde.

1937 lernte Christine Lavant ihren späteren Mann, den Kunstmaler Josef Habernig, kennen. Im selben Jahr starb ihr Vater. 1938 folgte der Tod der Mutter. Lavant musste nun die elterliche Wohnung, in die sie zurückgekehrt war, wieder verlassen. Erneut versuchte sie, sich ihren Unterhalt durch Strickarbeiten zu erwerben, wurde aber auch von ihren Geschwistern finanziell unterstützt. 1939 heiratete sie den um 30 Jahre älteren Josef Habernig.

1945 begann sie erstmals wieder zu schreiben und sendete ihre so entstandenen Gedichte an die Familie Purtscher, die sie an die Dichterin Paula Grogger weitergab. Durch Grogger vermittelt kam es so zu einem Treffen mit dem Verleger Viktor Kubczak. Es sollte aber noch bis 1948 dauern, bis unter dem hier erstmals verwendeten Namen »Christine Lavant« im Brentano Verlag in Stuttgart ein Bürstenabzug der Gedichte Die Nacht an den Tag erscheinen sollte, der aber verlorenging. Der Verleger riet der Dichterin, Prosa zu schreiben, die diesem Wunsch nachkam und die Erzählung Das Kind verfasste.

1949 erschienen die Erzählung Das Krüglein und der Gedichtband Die unvollendete Liebe, 1950 führte eine Dichterlesung bei den St. Veiter Kulturtagen zu einem großen persönlichen Erfolg der Dichterin. Aus der Begegnung mit dem Maler Werner Berg sollte sich eine jahrelange enge Freundschaft entwickeln. Dann übersiedelte Lavant in das Haus ihrer Freundin Lintschnig, wo sie mit Ausnahme einer eineinhalbjährigen Unterbrechung bis zu ihrem Tod wohnte.

1952 erschienen die Erzählungen Baruscha in Graz bei Leykam. 1956 wurden Die Bettlerschale (Gedichte) bei Otto Müller in Salzburg veröffentlicht. Es folgten der Staatliche Förderungspreis für Lyrik und der Lyrik-Preis der Neuen deutschen Hefte. Von Brentano wurde die Erzählung Die Rosenkugel herausgegeben. Über den Tonhof des Kärntner Komponisten Gerhard Lampersberg kommt sie in Kontakt mit Vertretern der Wiener Avantgarde.

Es folgte 1959 Spindel im Mond (Gedichte) bei Otto Müller, und 1960 Sonnenvogel (Gedichte) bei Horst Heiderhoff in Wülfrath. Der Band Wirf ab den Lehm. Gedichte und Erzählungen, den Wieland Schmied bei Stiasny in Graz herausgab, würdigte die Dichterin erstmals mit einer Werk-Auswahl. 1962 folgte Der Pfauenschrei (Gedichte) bei Otto Müller. Dann wurden 13 Gedichte in den Lyrischen Hefte (Nr. 11, hrsg. v. Arnfrid Astel, Heidelberg) veröffentlicht. Im Jahr 1963 erlitt Josef Habernig einen Schlaganfall, der auch Christine Lavant zusammenbrechen ließ. Es folgte ein erster Aufenthalt im Krankenheim.

1966 übersiedelte Lavant nach Klagenfurt. 1967 erschienen Hälfte des Herzens (Gedichte) bei Bläschke in Darmstadt. 1968 kehrte die Dichterin dann nach neuerlichem Krankenheimaufenthalt nach St. Stefan zurück. Es folgte 1969 mit Nell die Veröffentlichung früher Erzählungen (hrsg. (ohne Nennung) von Jeannie Ebner) bei Otto Müller.

1970 bekam die Dichterin den Großen Österreichischen Staatspreis für Literatur, musste aber wieder zu einem weiteren Aufenthalt ins Krankenheim. 1972 erschienen die Gedichte, von Grete Lübbe-Grothues aus Bettlerschale, Spindel im Mond und Pfauenschrei kompiliert beim Deutschen Taschenbuch Verlag in München, während die Dichterin zu einem weiteren Aufenthalt im Krankenheim gezwungen war. Am 7. Juni 1973 verstarb Christine Lavant im Landeskrankenhaus Wolfsberg nach einem Schlaganfall.

Auszeichnungen und Ehrungen

Werke (Auswahl)

  • Das Kind. Erzählung. Brentano, Stuttgart 1948.
  • Die Nacht an den Tag. Lyrik. Brentano, Stuttgart 1948.
  • Das Krüglein. Erzählung. Brentano, Stuttgart 1949.
  • Die unvollendete Liebe. Gedichte. Brentano, Stuttgart 1949.
  • Baruscha. Leykam, Graz 1952.
  • Die Bettlerschale. Gedichte. Otto Müller, Salzburg 1956.
  • Die Rosenkugel. Erzählung. Brentano, Stuttgart 1956.
  • Spindel im Mond. Gedichte. Otto Müller, Salzburg 1959.
  • Sonnenvogel. Gedichte. Heiderhoff, Wülfrath 1960.
  • Wirf ab den Lehm. Eingeleitet und ausgewählt von Wieland Schmied. Stiasny, Graz 1961.
  • Der Pfauenschrei. Gedichte. Otto Müller, Salzburg 1962.
  • Hälfte des Herzens. Herausgegeben von Horst Heiderhoff und Dieter Leisegang. Bläschke, Darmstadt 1967.
  • Nell. Vier Geschichten. Otto Müller, Salzburg 1969.
  • Kunst wie meine ist nur verstümmeltes Leben. Nachgelassene und verstreut veröffentlichte Gedichte, Prosa und Briefe. Ausgewählt und herausgegeben von Armin Wigotschnig und Johann Strutz. Otto Müller, Salzburg 1978.
  • Sonnenvogel. Gedichte. Ausgewählt und herausgegeben von Roswitha Th. Hlawatsch und Horst G. Heiderhoff. Heiderhoff, Waldbrunn 1982.
  • Versuchung der Sterne. Erzählungen und Briefe. Ausgewählt von F. Israel. St. Benno, Leipzig 1984.
  • Und jeder Himmel schaut verschlossen zu. Fünfundzwanzig Gedichte für O.S.. Herausgegeben von Hans Weigel. Jungbrunnen, Wien / München 1991
  • Kreuzzertretung. Gedichte, Prosa, Briefe. Herausgegeben von Kerstin Hensel. Reclam, Leipzig 1995.
  • Die Schöne im Mohnkleid. Erzählung. Herausgegeben von Annette Steinsiek. Otto Müller, Salzburg / Wien 1996.
  • Herz auf dem Sprung. Die Briefe an Ingeborg Teuffenbach. Herausgegeben von Annette Steinsiek. Otto Müller, Salzburg / Wien 1997.
  • Das Wechselbälgchen. Herausgegeben von Annette Steinsiek und Ursula A. Schneider. Otto Müller, Salzburg / Wien 1998.
  • Das Kind. Herausgegeben nach der Handschrift im Robert-Musil-Institut und mit einem editorischen Bericht versehen von Annette Steinsiek und Ursula A. Schneider. Otto Müller, Salzburg / Wien 2000.
  • Aufzeichnungen aus dem Irrenhaus. Herausgegeben und mit einem Nachwort versehen von Annette Steinsiek und Ursula A. Schneider. Otto Müller, Salzburg / Wien 2001.
  • Briefe an Maja und Gerhard Lampersberg. Herausgegeben von Arno Rußegger und Fabjan Hafner. Im Auftrag des Robert Musil-Instituts für Literaturforschung der Universität Klagenfurt / Kärntner Literaturarchiv. Otto Müller, Salzburg / Wien 2003.

Literatur

  • Ingeborg Teuffenbach: Christine Lavant – „Gerufen nach dem Fluss“. Zeugnis einer Freundschaft. Amman, Zürich 1989, ISBN 3-250-10122-2.
  • Inge Glaser: Christine Lavant – Eine Spurensuche. Edition Praesens, Wien 2005, ISBN 3-7069-0293-1.
  • Mirko Križman: Jezikovne strukture v pesniškem opusu avstrijske pesnice Christine Lavant. (Sprachstrukturen in der Lyrik der österreichischen Dichterin Christine Lavant). Filozofska fakulteta, Maribor 2008.
  • Dirk Kemper: Überblendungstechnik und literarische Moderne. Zu Christina Lavants „Das Kind“. In: Mitteilungen aus dem Brenner-Archiv. Innsbruck 2008, Nr. 27, S. 111–122.
  • Sophie Therese Külz: „Viel lieber säße ich noch tief im Mohn“. Fremdheitserfahrungen im Werk Christine Lavants. Lang, Frankfurt am Main 2012 (Trierer Studien zur Literatur, Bd. 49), ISBN 978-3-631-62373-2.
  Commons: Christine Lavant  – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Quellenangaben

  1. Christine Lavant: Aufzeichnungen aus einem Irrenhaus, Salzburg-Wien 2001; die Jahresangabe findet sich im Nachwort von Anette Steinsiek und Ursula A. Schneider auf S. 88