Eisschallplatte
Eine Eisschallplatte oder Schallplatte aus Eis ist ein Tonträger aus Eis, ähnlich einer normalen Schallplatte, die auf einem Plattenspieler abgespielt wird. Die akustische und visuelle Wahrnehmbarkeit verändert sich während der Spieldauer durch den Schmelzprozess.
Herkunft
Die Eisschallplatte ist eine künstlerische Schöpfung der Bildhauerin Claudia Märzendorfer und des Klangkünstlers Nik Hummer. Die Arbeit an der Entwicklung der Eisschallplatte begann 1999. Die Welturaufführung erfolgte am 8. Juni 2005 in der Kunsthalle Wien unter dem Titel "Viel Lärm um Nichts" im Rahmen des Konzertprogramms der Ausstellung "Lebt und arbeitet in Wien 2." Kurator des Konzertprogrammes war Hans Groiss für das Music Information Center Austria.
Eisschallplatten von Nik Hummer und Claudia Märzendorfer wurden seit 2004 als konzertante Performance, auf künstlerischen Fotografien, in filmischen Dokumentationen, Videos, auf Fotos und Zeichnungen unter folgenden Titeln präsentiert: "Frozen Records", "Frozen Records Edition", "Viel Lärm um Nichts", "Frozen Archive".
Daraus entstanden zwei limitierte Kunsteditionen: eine Buchmappe mit Fotografien, Zeichnungen und einer CD sowie ein Flightcase mit einem Bausatz für eine Eisschallplatte. In weiterer Folge entstanden eine CD-Edition und eine Schellackplatte mit Aufnahmen von Eisschallplatten (2006).
Entstehung
Die Wiener Bildhauerin Claudia Märzendorfer entwickelt seit 1996 Gussformen für Eisplastiken. Noch während ihres Studiums der Bildhauerei zeigte sie ihre erste Arbeit aus gefrorenem Wasser unter dem Titel "Kaltwäsche" (Semper-Depot, Wien 1999). Bei dieser bildhauerischen Performance wurden aus Ton modellierte Wäschestücke in Silikonformen abgegossen. Diese Formen wurden danach mit Wasser gefüllt und der Inhalt gefroren.
In den folgenden Jahren veröffentlichte Claudia Märzendorfer eine Reihe autobiografischer Werke, zu denen unter anderem die Eisarbeiten "perfektes Verschwinden", "Haus und als er das Messer in die Sonne warf" und "Eisschallplatten" zählen. Das wiederkehrende Moment in ihren bildhauerischen Arbeiten ist der Prozess der Veränderung und eine zeitliche Komponente, die als wesentlicher Faktor in die Arbeiten mit hineinkomponiert ist. Ein typisches Merkmal der künstlerischen Arbeiten Claudia Märzendorfers ist die Fragilität des Objekts.
Ab 1999 entwickelte sie gemeinsam mit Nik Humme, mehrere Soundperformances, Filme und Installationen mit Eisgussarbeiten. Nik Hummer war zu dieser Zeit Mitglied der elektroakustischen Formation thilges3, die eine Reihe von Performances und Aktionen im urbanen Raum inszenierten. Auf der ersten Eisschallplatte war eine Komposition für Trautonium zu hören, die von thilges3 für die Vertonung eines Theaterstücks von Samuel Beckett aufgenommen haben.
Die direkte Vorgängerarbeit der Eisschallplatten, eine Kooperation von thilges3 und Claudia Märzendorfer unter dem Titel "Viel Lärm um Nichts", war "perfektes Verschwinden "(Wien 2000). Dazu entstanden auch ein Film und die Mini-CD „rosner“ von thilges3.
Performances mit Eisschallplatten
Claudia Märzendorfer entwickelte nach zahlreichen Auftritten mit Eisschallplatten zwischen 2005 und 2007 die Arbeit "Frozen Archive", in der sie das stetig wachsende Archiv von Aufnahmen und Tonspenden als große Installation für die Wiener Secession 2007 vorsah. Parallel dazu entstanden in den folgenden Jahren zahlreiche Arbeiten aus gefrorenem Wasser.
Die bisher größte Performance mit Schallplatten aus Eis entstand für das Wiener Mozartjahr 2006 mit über 2500 Eisschallplatten (inkl. Covers und Sleeves), die von Nik Hummer und Claudia Märzendorfer auf vier Plattenspielern abgespielt wurden. Für diese Performance wurden 25 Wiener Musiker mit einer 10-minütigen Komposition für Eisschallplatte beauftragt. In den Jahren 2005 bis 2007 haben die beiden Künstler etwa 5000 Eisschallplatten öffentlich präsentiert. Der Prozess der Herstellung war von Anfang an öffentlich. Im Jahr 2006 wurde in Kooperation mit Bill Drummond die KLF-Produktion Chill Out in Eis abgegossen.
Performances
- VLUN [=Viel Lärm um Nichts], Kunsthalle, Wien, 2005, kuratiert von Hans Groiss
- VLUN, Garage Festival, Stralsund, 2005, kuratiert von Carsten Stabenow und Gesine Pagels
- VLUN, Stop Spot Festival, OK Zentrum für Gegenwartskunst, Linz, 2005
- VLUN, Fresh Trips Festival, Kunstraum, Innsbruck, 2005
- Frozen Records, Tesla, Berlin, 2006, kuratiert von Carsten Seiffarth
- Frozen Records, Wellengrad Festival, Radio Orange, Wien, 2006, in Kooperation mit Bill Drummond
- VLUN, Modernist Mozart Festival, Wien, 2006
- Frozen Records 2, Tesla Open Studio, Berlin, 2006, kuratiert von Carsten Seiffarth
- Frozen Records, Todaysartfestival, Den Haag, 2007, kuratiert von Remco Schurbiers
- I love God, Minoriten, Graz, 2012, kuratiert von Zenita Komad
Komponistinnen (Auswahl)
- Noël Akchoté
- Martin Brandlmayr
- Bernhard Breuer
- Christian Fennesz
- Gammon
- Clementine Gasser
- Christof Dienz
- Franz Hautzinger
- Helge Hinteregger
- Manfred Hofer
- Nik Hummer
- Electric Indigo
- Melita Jurisic/Armin Steiner
- Eyvind Kang, Katharina Klement
- KLF
- Wolfgang Mitterer
- Michael Moser
- Gerhardt Moswitzer
- Matija Schellander
- Martin Siewert
- thilges3
- Ruth Weiss
- Philip Quehenberger
Ausstellungen
- Galerie Strickner, Wien, 2009
- Salzburger Kunstverein, Salzburg, 2007
Literatur
- Here’s to you, Claudia Märzendorfer, Werkverzeichnis, Berlin, Revolver 2010 (http://www.revolver-books.de/), ISBN 978-3-86895-136-3
Wirkungsgeschichte
- Shout out Louds,
- Katie Patterson,
- Lyota Yagi,
- Ivan Abreu,
- Optimal:media,
- Ulrike Mohr,
- Blenno Wurstbrücke
Weblinks
- http://claudiamaerzendorfer.com/
- http://www.gammon.at/thilges/
- http://www.kunsthallewien.at/cgi-bin/event/event.pl?id=1252;lang=de;back=905mica_interview
- http://todaysart.nl/2007/artists/Claudia_M_and_aumlrzendorfer_+_Nik_Hummer/13/0/info.ta07
- https://www.youtube.com/watch?v=h5G2scukRSM
- https://www.youtube.com/watch?v=0jrP8JlyAE8
- http://www.musicaustria.at/magazin/pop-rock-elektronik/interviews-portraets/reihe-motz-art-interviews-skulpturale-musik
- http://www.wienerzeitung.at/themen_channel/musik/pop_rock_jazz/282981_Musik-zu-Eis-machen.html
- http://www.berliner-zeitung.de/archiv/claudia-maerzendorfer-entlockt-schallplatten-aus-eis-musik-da-rauscht-der-moment-dahin,10810590,10434922.html
- http://derstandard.at/2580172