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vom 21.03.2015, aktuelle Version,

Feldenkrais-Methode

Die Feldenkrais-Methode ist ein körperorientiertes, pädagogisches Verfahren, welches nach seinem Begründer Moshé Feldenkrais (1904–1984) benannt ist. Feldenkrais lehrte, dass sich durch die Schulung der kinästhetischen und propriozeptiven Selbstwahrnehmung grundlegende menschliche Funktionen verbessern, Schmerzen reduzieren lassen und dies allgemein zu als leichter und angenehmer empfundenen Bewegungen führt. Dabei orientiert sich die Feldenkrais-Methode am so genannten „organischen Lernen“ wie es in der „normalen“ Entwicklung vom Baby zum Kleinkind stattfindet und von dem Feldenkrais aufgrund seiner Beobachtungen und Studien annahm, dass sich dieses Lernen auch über die Kindheit hinaus fortsetzen lässt. (Siehe auch „Neuronale Plastizität“).

Feldenkrais entwickelte seine Methode in zwei unterschiedlichen Techniken, die er „Funktionale Integration“ (engl. Functional Integration) und „Bewusstheit durch Bewegung“ (engl. Awareness through Movement) nannte. Funktionale Integration kann als eine Interaktion zwischen „Lehrer“ und „Schüler“ beschrieben werden, die häufig nonverbal auf der körperlichen Ebene stattfindet. „Bewusstheit durch Bewegung“ wird dagegen in Gruppen unterrichtet, wobei der „Lehrer“ die „Schüler“ verbal durch strukturierte Bewegungsexperimente führt und deren Aufmerksamkeit durch Wahrnehmungsfragen lenkt.

Der Begründer

Moshé Feldenkrais war Ingenieur, Physiker und daneben 20 Jahre lang auch Judolehrer. Er war der erste Europäer, der den schwarzen Gürtel in Judo erhielt und Mitbegründer des Jiu-Jitsu Club de France, des ersten Judo-Clubs in Europa. Feldenkrais schrieb mehrere Bücher über Judo und Jiu-Jitsu, wovon das letzte, [1] - so sein Lehrer Koizumi - bereits zeigt, dass er Judo als Wissenschaftler begriff. Koizumi schreibt: „He has studied and analysed Judo as a scientist in the light of the laws of physics, physiology and psychology […] and he reports the results to the scientific mind of our time.“ (S. vii).

1940 musste Feldenkrais vor den Nazis aus Paris nach Schottland fliehen, wo er von der britischen Admiralität zusammen mit anderen als wichtig erachteten Wissenschaftlern an einem geheimen Ort versteckt wurde. Um sich die Zeit zu vertreiben, informierten die Wissenschaftler einander in Vortragsabenden über die Themen an denen sie arbeiteten. In diesem Rahmen hielt auch Feldenkrais Vorträge, in denen er „einen neuen Ansatz [propagiert], das menschliche Gehirn anzuregen und weiterzuentwickeln und zwar durch geradezu lächerlich-einfache und unscheinbare Bodenübungen. Aber seine provozierenden Thesen sind neurophysiologisch sehr fundiert, überzeugend und reichen vom menschlichen Lernen, über die Rolle der Schwerkraft, der Entstehung der Angst, von menschlicher Sexualität bis zur besonderen Rolle des Gleichgewichtsorgans und zu einem neuen Begriff menschlicher Reife.“[2] Diese Vorträge veröffentlichte Feldenkrais 1949 unter dem Titel Body and Mature Behavior. A Study of Anxiety, Sex, Gravitation, and Learning. Spätestens ab diesem Zeitpunkt begann Feldenkrais, seine eigene Methode systematisch zu entwickeln. Der Vergleich zwischen Higher Judo: Groundwork und Body and Mature Behavior zeigt deutlich den Bezug der Methode zum Judo, offenbart aber auch den Grad an Generalisierung mit dem Feldenkrais dieses aus seinem spezifischen Kontext loslöste und verallgemeinerte.

Feldenkrais nahm drei Wochen Unterricht bei Heinrich Jacoby, der über ihn notierte: „Trotz großer körperlicher Gewandtheit, Kraft, Courage repräsentiert Dr. F. weder in seiner Sprechweise noch in seiner Bewegungsqualität das, was er 'theoretisch' als wünschenswert formuliert. (...) Aber er ist sehr bereit, das selber zuzugestehen, bereit, zu probieren und infrage zu stellen.“ Feldenkrais beschrieb seine Begegnung mit Jacoby ähnlich offen: „Ich war ein Athlet von einigem Ruf und kräftig gebaut. Jacoby war ein kleiner, beinahe schmächtiger Mann, der, wie er mir erzählte, erst im Alter von sieben Jahren gehen gelernt hatte. Er war bucklig, bewegte sich aber mit großer Anmut.“[3]

Methode

Die Methode basiert auf Judo, auf der künstlerischen Körperschulung der 1920er Jahre sowie auf Erkenntnissen der manuellen Medizin. Im Mittelpunkt der Methode stehen Bewegungsmuster, die den Lebensalltag eines Menschen prägen, und die Möglichkeiten, diese angemessen zu variieren. Sie möchte den Menschen befähigen, über die Wahrnehmung von Bewegungsabläufen seine Bewusstheit zu erweitern und größere sensomotorische Differenziertheit zu erlangen. Nachteilige Bewegungsmuster sollen gelöst und neue Bewegungsalternativen aufgezeigt werden. Auf diese Weise kann er schließlich besser erkennen und verstehen, wie er sich selbst wahrnimmt und im täglichen Leben organisiert. Beschwerden werden zu entsprechenden Bewegungsmustern zurückverfolgt und Defizite möglichst durch andere, neu erkannte Bewegungsmöglichkeiten überbrückt. Indem sich der Lernende über das eigene Tun bewusst wird, entsteht neue Beweglichkeit für Körper und Geist.

Die Methode findet insbesondere zur Wiedererlangung der vollen Mobilität nach Verletzungen in der Rehabilitation und beim Abbau von fehlhaltungsbedingten Schmerzen Anwendung. Ihrem Konzept nach können jedoch Menschen in den unterschiedlichsten Lebenssituationen von ihren Möglichkeiten profitieren. Sie soll geistige und körperliche Frische bis ins hohe Alter erhalten helfen. Auch beispielsweise für Musiker, Tänzer, Sportler und andere an Bewegung Interessierte kann sie von Nutzen sein.

Moshé Feldenkrais ging davon aus, dass menschliches Denken, Fühlen, Wahrnehmen und Bewegen niemals isoliert anzutreffen sind, sondern gemeinsame „Zutaten“ menschlichen Handelns seien. Bewegung war für ihn Ausdruck der ganzen Person und schien ihm der am besten geeignete Ansatzpunkt, um Verbesserungen zu erreichen. Entscheidende Idee war für ihn dabei die menschliche Fähigkeit zur Selbsterziehung, einer Erziehung, die nicht durch äußere gesellschaftliche Umstände bedingt ist, sondern von den Wünschen und Möglichkeiten des Individuums ausgeht. Die Fähigkeit des Menschen der Selbstreflexion, also sich über das, was man tut, bewusst zu sein, bezeichnete M. Feldenkrais als Bewusstheit. Bewusstsein wäre demzufolge die Wahrnehmung seiner Selbst in zeitlicher und räumlicher Orientierung, der Schlaf hingegen das Lösen des Bewusstseins aus der räumlichen und zeitlichen Struktur.

Varianten

Die Methode wird von ausgebildeten Feldenkrais-Lehrern in Gruppen- und Einzelunterricht gelehrt.

  • Der Gruppenunterricht (Bewusstheit durch Bewegung genannt) führt dabei verbal angeleitet durch eine Folge von einzelnen oft kleinen, einfachen Bewegungen, die von Wahrnehmungshinweisen auf einzelne Details der Bewegung begleitet werden. Häufig fügen sich die einzelnen Details zum Ende einer Lektion zu einer größeren Bewegung zusammen, die üblicherweise dadurch mit mehr Leichtigkeit und weniger Anstrengung ausgeführt werden kann.
  • Die Einzelarbeit (Funktionale Integration) bedient sich leichter, präziser Berührung als Mittel der unmittelbaren körperlichen Kommunikation anstelle der Sprache und ermöglicht das Erspüren von Bewegungszusammenhängen und das effizientere Zusammenspiel der an einer Bewegung beteiligten Einzelkomponenten. Eine solche Unterrichtseinheit kann gezielt auf einzelne, vom Lernenden eingebrachte Aspekte ausgerichtet sein, oder ein umfassenderes Ziel verfolgen.

Feldenkraisunterricht wird in vielen Bereichen verwendet:

  • Gesundheitsvorsorge, Verletzungsvorbeugung, Schmerzbewältigung
  • Arbeit mit Behinderten
  • Rehabilitation (z.B. nach Unfällen, Knochenbrüchen, Tinnitus, neurologischen Erkrankungen)
  • Tanz, Theater, Musik, Kunst
  • Kampfkünste, Sport.

Kontext

Bei der Entwicklung seiner Methode wurde Feldenkrais unter anderem von Gustav Fechner, Frederick Matthias Alexander, Gerda Alexander, Georges I. Gurdjieff, Émile Coué, Milton Erickson, William Bates, Milton Trager, Heinrich Jacoby und Kanō Jigorō beeinflusst. Neuere Bewegungs- und Wahrnehmungskonzepte wie Semota basieren ebenfalls auf theoretischen Grundlagen der Feldenkraispädagogik.

Da sich die Methode nur teilweise als Therapierichtung begreift und ein komplexes Menschenbild zugrunde legt, stellt sich zudem die Frage nach angemessenen Beurteilungskriterien und einer entsprechenden Methodologie. In verschiedenen medizinischen Feldern (z. B. in der Rehabilitation, in psychosomatischen Kliniken wie auch in der Traumatherapie) unterstützen Feldenkrais-Pädagogen die Heilung. Sensomotorisches Lernen geschieht hierbei durch Bewusstwerden von Bewegungsabläufen.

Wissenschaftliche Untersuchungen konnten die therapeutisch vorhergesagten Wirkungen nur teilweise belegen.[4][5] Zugleich gibt es einen umfangreichen und wachsenden Korpus an Einzelfallstudien (Kasuistiken) und wissenschaftlichen Arbeiten.[6][7] Feldenkrais-Arbeit verbessert Atmung und Haltung, steigert das allgemeine Wohlbefinden und erleichtert chronische Schmerzzustände. Sie wird in der Rehabilitation bei Behinderung eingesetzt, nach Unfällen und im Alter. Trainerinnen bieten diese Methode der Selbsterziehung an, um die körperliche und geistig-seelische Beweglichkeit zu steigern.[8]

Primärliteratur

Sekundärliteratur

  • Jeremy Krauss: Einfach bewegen: Feldenkrais - Der Weg zur Verbesserung von Bewegung und Beweglichkeit. 1996. Junfermann.
  • Roger Russell (Hrsg.): Feldenkrais im Überblick. 2004, Junfermann.
  • Norbert Klinkenberg: Feldenkrais-Pädagogik und Körperverhaltenstherapie. 2005, Loeper.
  • Roger Russell: Dem Schmerz den Rücken kehren: Die kluge Lösung für Rückenschmerzen. Die Feldenkrais-Methode in der Praxis. 2005, Junfermann.
  • Carl Ginsburg: The Intelligence of Moving Bodies: A Somatic View of Life and its Consequences. 2010, AWAREing Press.
  • Carola Bleis: Feldenkrais. 2011, BLV, ISBN 978-3-8354-0741-1.
  • Wolfgang Busch: Feldenkrais und Psychosomatik. Auswirkungen der Feldenkraismethode -- Bewusstheit durch Bewegung -- unter besonderer Berücksichtigung psychosomatischer Aspekte. (Dissertation) 2011, BoD, ISBN 978-3842346062.

Einzelnachweise

  1. Higher Judo: Groundwork, North Atlantic Books, 2010.
  2. Zitiert nach Robert Schleip: Vorwort zu Der Weg zum reifen Selbst von M.Feldenkrais (orig. Body and Mature Behavior )
  3. ' ' Die Entdeckung des Selbstverständlichen ' ' , S. 34.
  4. Gutman GM, Herbert CP, Brown SR: „Feldenkrais versus conventional exercises for the elderly“. In J Gerontol, 32, 562–572, 1977.
  5. James M, Kolt G, McConville J, Bate P: „The effects of a Feldenkrais program and relaxation procedures on hamstring length“. In Aust J Physiother, 44, 49–54, 1998.
  6. http://www.feldenkrais-foerderverein.de/index.php?option=com_content&view=article&id=62&Itemid=56
  7. http://feldenkrais-method.org/en/biblio
  8. https://vikas.de/federspiel%20-%20feldenkraismethode.html