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vom 04.12.2021, aktuelle Version,

Jacques Fromental Halévy

Jacques Fromental Halévy

Jacques François Élie Fromental Halévy (* 27. Mai 1799 in Paris; † 17. März 1862 in Nizza ) war ein französischer Komponist und Musikpädagoge. Bekannt wurde er weithin durch seine Oper La Juive (Die Jüdin).

Herkunft, Lebenslauf

Halévy war ein Sohn des Kantors Élie Halfon Halévy, Sekretär der jüdischen Gemeinde in Paris, Schriftsteller und Hebräisch-Lehrer, und einer französisch-jüdischen Mutter. Meist nennt man den Komponisten mit dem vierten Vornamen kurz Fromental Halévy; dieser Rufname verweist auf den Tagesnamen seines Geburtsdatums im Französischen Revolutionskalender. Er trat 1809 mit knapp neun Jahren in das Pariser Konservatorium ein und wurde Schüler und später Schützling von Cherubini. Nachdem er im Wettbewerb um den Rompreis bereits zweimal den zweiten Platz erreicht hatte, gelang ihm 1819 bei seiner dritten Teilnahme der Sieg mit seiner Kantate Herminie.

Aufgrund des Todes seiner Mutter musste Halévy seine Abreise nach Rom aufschieben; infolgedessen konnte er jedoch einen ersten Kompositionsauftrag annehmen, der ihm öffentliche Aufmerksamkeit einbrachte: Marche Funebre et De Profundis en hébreu für Tenor, dreistimmigen Chor und Orchester, ein Auftragswerk für das Consistoire Israélite du Département de la Seine aus Anlass des öffentlichen Trauergottesdienstes für den ermordeten Herzog von Berry am 24. März 1820. Später erinnerte sich sein Bruder Léon, dass jenes De Profundis, „getränkt mit religiöser Leidenschaft, für Furore sorgte und für den jungen Preisträger des Instituts Aufmerksamkeit erregte“.

Während seiner Zeit als Chorleiter am Pariser Théâtre Italien kämpfte Halévy um die Aufführung einer seiner Opern. Trotz der mittelmäßigen Aufnahme von L'artisan an der Opéra-Comique im Jahre 1827 wurde er Chorleiter an der Académie Royale de musique. Im selben Jahr wurde er am Konservatorium Professor für Harmonielehre und Instrumentalbegleitung, im Jahr 1833 Professor für Kontrapunkt und Fuge und im Jahre 1840 schließlich auch Professor für Komposition. Im Jahre 1836 wurde er in das Institut de France aufgenommen.

La Juive

Mit der Oper La juive (1835) erzielte Halévy seinen ersten Triumph. Sie ist eines der wichtigsten Werke des französischen Genres der Grand opéra. Kennzeichen der Grand Opéra sind sogenannte grands tableaux – große, teils statische Bilder mit gewaltigen Massen- und Chorszenen. Üblicherweise hat eine solche große Oper fünf Akte, die im I. oder auch III. Akt durch ein Ballett unterbrochen werden. Typisch sind die ständig wechselnden Dreierkonstellationen und -konflikte (Rachel–Eudoxie–Léopold; Rachel–Eléazar–Brogny; Rachel–Léopold–Eléazar). Die bekannteste Arie der Oper ist Éléazars „Rachel, quand du Seigneur“ (IV. Akt). Berlioz erwähnte ihr Ritornell in seiner Instrumentationslehre (1844) als ein ungewöhnliches Duett für zwei Englischhörner. Es ist wahrscheinlich, dass diese Arie auf Anfrage des Tenors Adolphe Nourrit eingefügt wurde, der die Rolle des Éléazar in der Uraufführung sang und zudem auch den Text beigesteuerte hatte.[1] Éléazar war später eine Paraderolle des italienischen Tenors Enrico Caruso.

Auch Gustav Mahler war ein großer Verehrer dieser Oper: „[…] ich bin ganz hingerissen von diesem wundervollen, großartigen Werke und zähle es zu dem Höchsten, was je geschaffen worden ist.“[2] Es gab auch andere Bewunderer wie z. B. Richard Wagner, der im Jahre 1842 eine enthusiastische Rezension der Oper für die Dresdner Abend-Zeitung verfasste.[3]

Späteres Leben

Nach La Juive hatte Halévy noch einige kleinere Erfolge, die aber nicht an jenen der Juive heranreichen konnten. Drei Opern seien hier erwähnt: L’éclair, La reine de Chypre und Charles VI. Heine meinte, Halévy sei ein Künstler, aber „nicht im Geringsten ein Genie“. Halévy wurde 1836 Mitglied der Académie des Beaux-Arts. Unter seinem Vorsitz legte ein Komitee die Standard-Tonlage des orchestralen Kammertons (a’) fest.[4] Der Maler Delacroix vermerkte in seinem Tagebuch am 5. Februar 1855 über Halévy:[5]

„Ich ging in Halévys Haus, in dem der Ofen eine erstickende Hitze verbreitete. Seine bejammernswerte Frau hat sein Haus mit Schnickschnack und altem Mobiliar vollgestellt, und diese neue fixe Idee wird ihn noch in die Irrenanstalt bringen. Er hat sich verändert und schaut viel älter aus, wie ein Mann, der entgegen seinem Willen weitergeschleppt wird. Wie kann er in diesem Durcheinander überhaupt eine ernsthafte Arbeit verrichten? Seine neue Position an der Académie beansprucht gewiss einen Großteil seiner Zeit und macht es ihm immer schwerer, den inneren Frieden und die Ruhe zu finden, die er für sein Schaffen benötigt. Ich verließ diese Hölle so schnell wie möglich. Die Straßenluft war danach eine wahre Wohltat.“

Halévys Kantate Prométhée enchaîné wurde im Jahre 1849 am Pariser Konservatorium uraufgeführt und ist die erste westliche Komposition mit Orchester, die Vierteltöne verwendet.

Halévy starb zurückgezogen in Nizza und hinterließ seine letzte Oper Noé unvollendet. Diese wurde von seinem ehemaligen Schüler und Schwiegersohn Georges Bizet vervollständigt. Uraufgeführt wurde sie erst zehn Jahre nach Bizets Tod.

Halévys Familie

Halévys Bruder, der Autor und Historiker Léon Halévy, war der Vater von Ludovic Halévy, Textdichter vieler französischer Opern, darunter Bizets Carmen. Léon Halévy schrieb eine erste Biographie über seinen Bruder (F. Halévy. Sa vie et ses œuvres, 1863).

Jacques Fromental Halévys Frau, Léonie (1820–1884), die während ihrer Ehe ernsthafte psychische Probleme hatte, erfuhr nach seinem Tod eine auffallende Besserung und wurde eine talentierte Bildhauerin. Ihre gemeinsame Tochter Geneviève Halévy (1849–1926) heiratete 1869 den Komponisten Georges Bizet, einen Schüler Halévys. Nach Bizets Tod hatte sie eine Beziehung mit Élie-Miriam Delaborde, einem vermutlichen unehelichen Sohn von Charles Valentin Alkan. 1886 heiratete Geneviève Émile Straus, einen Bankier mit Verbindungen zum Bankhaus Rothschild. Geneviève Straus war eine führende Dame der Pariser Gesellschaft und ihr Salon einer der bedeutendsten im Faubourg Saint-Germain in Paris. Unter den illustren Gästen ihrer Abendgesellschaft befand sich der junge Marcel Proust. Geneviève diente ihm als Vorlage für die Figur der Herzogin von Guermantes in seinem Roman Auf der Suche nach der verlorenen Zeit.

Werke

Halévy schrieb insgesamt 40 Opern, darunter:

Halévy schrieb auch für das Ballett, verfasste eine Schauspielmusik für die französische Version von AischylosGefesseltem Prometheus sowie Kantaten.

Anmerkungen

  1. Fromental Halévy: Derniers souvenirs et portraits. Michel Lévy frères, Paris 1863, S. 167.
  2. Brief vom 18. August 1886 an Friedrich Löhr, zitiert nach: Herta Blaukopf: Gustav Mahler. Briefe. Neuausgabe. Zweite Auflage. Zsolnay, Wien 1996, ISBN 3-552-04810-3, S. 75.
  3. Richard Wagner: „Halévy und die Französische Oper.“ In: ders., Sämtliche Schriften und Dichtungen. Volksausgabe. Band 12. Sechste Auflage, Breitkopf & Härtel et al., Leipzig [o. J.], S. 131–148.
  4. Vgl. Fromental Halévy: „Le diapason“. In: ders., Souvenirs et Portraits. Études sur les beaux-arts. Michel Lévy Frères, Paris 1861, S. 339–371.
  5. Übersetzt nach der englischen Ausgabe: Eugène Delacroix: The journal of Eugène Delacroix: a selection. Edited with an introduction by Hubert Wellington. Translated from the French by Lucy Norton. 3. Auflage. Phaidon, London 1995, ISBN 0-7148-3359-2, S. 288–289 (englisch). Das Tagebuch ist als Digitalisat des Autographs verfügbar beim Institut national d’histoire de l’art INHA.
  6. London. In: Ludwig Bischoff (Hrsg.): Rheinische Musikzeitung für Kunstfreunde und Künstler. Band I, Nr. 1. M. Schloss, Köln 6. Juli 1850, S. 7 f. (digitale-sammlungen.de).
  7. Christopher Dean Hendley: Fromental Halevy's La tempesta: a study in the negotiation of cultural differences. University of Georgia, Athens, Georgia 2005 (englisch, semanticscholar.org).

Literatur

  • Léon Halévy: F. Halévy. Sa vie et ses œuvres. Récits et impressions personnelles – Simples souvenirs. Seconde édition revue et augmentée avec autographes et portraits d'après Roller. Heugel, Paris 1863.
  • Ruth Jordan: Fromental Halévy. His Life and Music, 1799–1862. Kahn & Averill, London 1994, ISBN 1-871082-51-X.
  • Karl Leich-Galland: Fromental Halévy, sein Leben, seine Musik, Bd. 1 ISBN 978-3-940603-32-6, S. 168. Bd. 2, ISBN M-700284-17-6, S. 214. Musik-Ed Galland, Weinsberg 2020
Commons: Jacques Fromental Halévy  – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien