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vom 21.06.2022, aktuelle Version,

Ottokar Tumlirz

Ottokar Anton Alois Tumlirz, auch Tumlir, (* 17. Januar 1856 in Weipert, Böhmen; † 4. Mai 1928 in Innsbruck) war ein böhmisch-österreichischer Physiker.

Leben

Tumlirz war der Sohn eines Zollbeamten. Er studierte ab 1874 Physik, Mathematik und Philosophie an der Deutschen Universität Prag (unter anderem bei Ernst Mach und Ferdinand Lippich) und wurde dort 1879 bei Mach in Physik promoviert. Danach war er dort bis 1890 Assistent von Ernst Mach im Institut für Experimentalphysik. In dieser Funktion hielt er auch Vorlesungen in Prag. 1884 wurde er Privatdozent nach der Habilitation in Prag. 1890 wurde er Assistent von Joseph Stefan an der Universität Wien und 1892 außerordentlicher Professor für theoretische Physik an der Universität Czernowitz als Nachfolger des Mach-Schülers Anton Waßmuth (1844–1927), der nach Innsbruck und später nach Graz ging. 1894 wurde Tumlirz dort ordentlicher Professor. 1905 bis zur Emeritierung (er trat zurück) 1925 war er Professor an der Universität Innsbruck als Nachfolger von Karl Exner. Sein Nachfolger in Innsbruck war sein Doktorand Arthur March (auch Erwin Schrödinger hatte sich Hoffnung auf die Nachfolge gemacht).[1]

1889 wurde er Mitglied der Leopoldina[2] und 1904 der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.

Werk

Er schrieb Lehrbücher zur Potentialtheorie und Elektrodynamik (darunter 1883 das wohl früheste Lehrbuch zur Maxwellschen Elektrodynamik in deutscher Sprache und wahrscheinlich überhaupt, das auch ins Französische übersetzt wurde[3]) und befasste sich neben Elektrodynamik mit Thermodynamik. Im Anschluss an Bernhard Riemann befasste er sich auch mit Stoßwellen.[4][5] In seinen Vorlesungen in Innsbruck berücksichtigte er schon früh die Radioaktivität, die Entdeckung der Röntgenstrahlen und die Quantentheorie Max Plancks.

In Experimenten meinte er 1908 den Nachweis der Corioliskraft aufgrund der Erdrotation auf den Strudel bei Abfluss von Wasser durch eine Öffnung erbracht zu haben.[6] Dabei ließ er das Wasser zwischen zwei parallelen horizontalen Glasplatten in einem zylindrischen Gefäß in eine senkrechte Glasröhre mit vielen kleinen Löchern sehr langsam ausströmen (Geschwindigkeit unter 1 mm pro Minute), wobei die Stromlinien mit einem Farbstoff sichtbar gemacht wurden. Mach berichtet darüber in einem Aufsatz (Inventors I have met, The Monist, 1912, S. 232)[7] und hielt die Demonstration für korrekt.[8] Nach Tai L. Chow[9] waren die Ergebnisse von Tumlirz Experiment nicht eindeutig. Tumlirz leitete in seinem Aufsatz auch die Theorie des Phänomens ab.

Schriften

  • Die Elektromagnetische Theorie des Lichtes, Leipzig 1883 (französische Übersetzung: Théorie électromagnétique de la lumière, Paris: Hermann 1892)
  • Das Potential und seine Anwendung zu der Erklärung der elektrischen Erscheinungen, Wien: Hartleben 1884 (englische Übersetzung: Potential and Its Application to the Explanation of Electrical Phenomena, London: Rivingtons 1889)

Literatur

  • Rudolf Vierhaus (Hrsg.), Deutsche Biographische Enzyklopädie, K. G. Saur/De Gruyter 2008

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Er war sogar an erste Stelle der Bewerbungsliste gesetzt worden. Das sickerte in die Öffentlichkeit durch und führte zu einer Kampagne gegen den als Freidenker bekannten Schrödinger, so dass March den Zuschlag erhielt, der dadurch in eine unangenehme Lage geriet und sich genötigt sah sich öffentlich von der Kampagne zu distanzieren.
  2. Mitgliedseintrag von Ottokar Tumlirz bei der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, abgerufen am 6. Januar 2016.
  3. Maxwell´s Treatise erschien 1883 in deutscher Übersetzung in Berlin. Weitere frühe deutschsprachige Bücher dazu sind von Paul Drude (Physik des Äthers, 1894, Lehrbuch der Optik 1900), Ludwig Föppl (Einführung in die Maxwellsche Theorie, 1894), Woldemar Voigt (Kompendium der theoretischen Physik 1896), Emil Cohn (Das elektromagnetische Feld 1900), Paul Volkmann (Vorlesungen über die Theorie des Lichts, 1891), die Vorlesungen von Ludwig Boltzmann (Vorlesungen über Maxwells Theorie der Elektrizität und des Lichts, 1891, 1893) und Hermann von Helmholtz (Vorlesungen über die elektromagnetische Theorie des Lichts, 1897)
  4. Christoph Hoffmann, Peter Berz (Hrsg.): Über Schall, Ernst Machs und Peter Salchers Geschoßfotografien, Wallstein, 2001
  5. Tumlirz, Über die Fortpflanzung endlicher Wellen endlicher Schwingungsweite, Sitzungsberichte Wiener Akademie der Wissenschaften, Band 95, 1887, S. 367–387. Analysiert in Peter Krehl, History of shock waves, Springer 2009, S. 393. Statt Impulserhaltung wie bei Riemann benutzt er Energieerhaltung und leitet eine erhöhte Geschwindigkeit ab (im Vergleich zu gewöhnlichen Schallwellen) wie in Experimenten von Mach beobachtet
  6. Tumlirz, Ein neuer physikalischer Beweis für die Achsendrehung der Erde, Sitzungsberichte Wiener Akad. Wiss., Band 117, 1908, S. 819–841.
  7. Mach, Inventor´s I have met, Archive
  8. The Twisted Garden Hose and the Myth of the Toilet Flush, Blog von Elke Stangl 2013.
  9. Chow, Classical Mechanics, 2. Auflage, CRC Press, S. 354. Er erwähnt 1962 von Shapiro auf der Nordhalbkugel und 1965 von Trefethen auf der Südhalbkugel durchgeführte sorgfältige Experimente, die als Nachweis für durch Corioliskraft bestimmtes Drehverhalten gewertet wurden.