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vom 17.05.2022, aktuelle Version,

Pfarrkirche Deutschlandsberg

Kath. Pfarrkirche Allerheiligen in Deutschlandsberg
Der Altarraum der Kirche

Die römisch-katholische Stadtpfarrkirche Deutschlandsberg steht in der Kirchengasse in der Stadtgemeinde Deutschlandsberg in der Steiermark. Die Kirche ist auf das Fest Allerheiligen geweiht, ihr zweites Patrozinium ist jenes des Hl. Laurentius, das von der alten Kapelle in der Burg Deutschlandsberg hieher übertragen wurde.[1] Die Pfarre gehörte bis Ende August 2018 zum Dekanat Deutschlandsberg in der Diözese Graz-Seckau, seit Auflassung dieses Dekanates liegt sie im Seelsorgeraum Südweststeiermark.[2] Die Kirche steht unter Denkmalschutz.

Geschichte

Ursprünglich stand eine zwischen 1383 und 1394 von Albrecht dem Schneider erbaute Kapelle auf dem Platz der heutigen Kirche. 1643 wurde Deutschlandsberg zu einer eigenständigen Pfarre erhoben. Die heutige Kirche wurde ab 1688 von Jakob Schmerlaib errichtet und am 5. Oktober 1704 geweiht. Der Helm des Kirchturmes wurde durch Blitzschlag am 5. August 1813 schwer beschädigt.[3] Im Jahr 1980 wurde das Innere der Kirche restauriert.[4][5]

Eine weitere umfangreiche Renovierung erfolgte in den Jahren 2019 bis 2021. Zu diesem Zweck war die Kirche vom 14. Juni bis 31. Oktober 2021 vollständig geschlossen. Zur Bekämpfung des Holzwurmbefalls hatte bereits vom 1. bis 5. Juli 2019 eine Begasungsaktion stattgefunden.

Die Renovierungsarbeiten umfassten eine Neugestaltung des Altarraumes mit Altar und Ambo, die Aufstellung des Taufbeckens in der Kirchenmitte, die Neugestaltung des Eingangsbereiches und die Erneuerung der Kirchenbänke. Den Architektenwettbewerb im Vorfeld hatte Markus Jeschaunig mit seinem Projekt „lignum vitae“ (lat.: Holz des Lebens) gewonnen.

Unter dem Boden des Eingangsbereiches wurden bei diesen Arbeiten und der damit verbundenen Grabung des Bundesdenkmalamtes vom 6. bis 24. September 2021 fünf Skelette aus der Erbauungszeit der Kirche gefunden, darunter am Pfeiler der Orgelempore das eines Priesters (erschlossen aus dem beigegebenen 18 cm hohen Kreuz). Es wird angenommen, dass es sich um das Grab von Georg Wutscher handelt, der in den späten 1680er-Jahren Pfarrer in Deutschlandsberg war. Die anderen vier Skelette werden in die Zeit unmittelbar nach der Weihe der Kirche 1704 datiert. Es wird angenommen, dass diese Begräbnisstätten mit einer Pestepidemie in dieser Zeit in Verbindung stehen, in deren Zusammenhang auch das Grabdenkmal der Hl. Rosalia, einer Pestpatronin, errichtet wurde.[6]

Die Wiedereröffnung fand am Tag des Patroziniums, dem Allerheiligentag, 2021 statt; da aber der neue Altar nicht rechtzeitig fertig wurde, musste seine Weihe in den Februar 2022 verschoben werden.[7]

Beschreibung

Die Kreuzgruppe an der Außenmauer

Das Äußere der Wandpfeilerkirche ist durch in den Putz geritzte Pilaster gegliedert. Der Kirchturm befindet sich westlich der schmucklosen Südmauer der Kirche. Sein Unterbau ist gotisch und sein Obergeschoss sowie der im Jahr 1868 aufgesetzte Spitzhelm sind neogotisch. Weiters befindet sich eine am Ende des 18. Jahrhunderts möglicherweise von Josef Pogner gefertigte, figürliche Kreuzgruppe an der Außenmauer der Kirche.[4][5]

Das vierjochige Langhaus mit insgesamt acht Seitenkapellen und darüber liegenden Emporengängen geht übergangslos zum zweijochigen Chor mit Halbkreisschluss über. Sowohl das Langhaus als auch der Chor werden von einem auf Wandpfeilern sitzenden Kreuzgewölbe mit Gurtbögen überspannt. Die beiden Buntglasfenster des Chores stammen aus der ehemaligen Gruftkapelle der Liechtensteiner in Wies. Die Sakristei sowie das Oratorium sind seitlich an den Chor angebaut und über Treppen erreichbar. Im südlichen Teil des Langhauses befindet sich eine dreiachsige Empore.[4]

Der barocke Hochaltar wurde am Anfang des 18. Jahrhunderts aufgestellt und sein Altarblatt zeigt eine Allerheiligendarstellung. Das freistehende Tabernakel stammt aus dem zweiten Viertel des 18. Jahrhunderts. Die Altäre der barocken Seitenkapellen stammen aus dem Ende des 17. und Beginn des 18. Jahrhunderts. Auf dem Marienaltar steht eine um 1670/80 gefertigte Marienstatue. Der laut einer Inschrift auf der Predella von Matthias Märchl gefasste Aloysiusaltar wurde im Jahr 1732 und der Vierzehnnothelferaltar im Jahr 1734 aufgestellt. Das Altarbild des Antoniusaltars wurde 1702 von Franz Stainpichler gemalt, welcher auch den Großteil der restlichen Altarbilder anfertigte. Der Ölbergaltar stammt aus der Mitte des 18. Jahrhunderts. Auf einem weiteren Altar befindet sich eine Darstellung der Pietà und der Schächer am Kreuz. Die barocke Kanzel stammt vom Anfang des 18. Jahrhunderts. In den Jahren ab 1875 wurde die Kirche auch in anderen Teilen grundlegend renoviert (Ausbesserung der Altäre, neue Turmuhr, Hochaltar 1882, Kirchenboden 1884 usw.). Eine neuerliche Generalrenovierung fand 1892/93 statt, die Kirchenbänke stammen aus dieser Zeit. 1889 wurden die Lindenbäume vor der Kirche gepflanzt.[8] An der westlichen Kirchenwand hängt ein spätgotisches Kruzifix, welches aus dem aufgelassenen Dominikanerinnenkloster in Radlje ob Dravi stammt. Weiters befinden sich in der Kirche im zweiten Viertel des 18. Jahrhunderts gemalte Bilder der Apostel sowie ein Grabstein aus dem Jahr 1752.[4][5]

Der neue Altar besteht aus einem 3000 kg schweren hellgrau-grünlichen Quarzitblock aus sogenanntem „Rauriser Marmor“. Das ist ein Gestein, das vor über 350 Millionen Jahren entstand und durch die Entstehung der Alpen an die Oberfläche gebracht wurde. Drei seiner Seiten wiederholen die Struktur der Rinde des Lindenbaumes, der genau in der Kirchenachse vor deren Eingang steht, die Oberseite und die Rückseite sind glatt geschliffen. Die Rinde wurde mit Lasertechnik detailgetreu in ein digitales 3D-Modell übernommen und vom Steinmetzbetrieb „Rauriser Natursteinzentrum“ mit einer CNC-Fräse auf den Stein übertragen.[9] Die Oberfläche entstand durch maschinelle und händische Nachbearbeitung.[10][11]

Der Ambo hat dieselbe Baumstruktur. Das Taufbecken ist zylindrisch, ebenfalls mit der Baumrindenstruktur. Der Fußboden um das Taufbecken hat eine blaue Terrazzofläche und soll symbolisch an den Fluss Jordan erinnern, in dem Jesus von Johannes dem Täufer getauft wurde. Das Lesepult mit seinem Messingstabwerk, das ebenfalls von Markus Jeschaunig gestaltet wurde, erinnert an die Aststruktur eines Baumes. Holzbauteile (Ministrantenbank usw.) sind aus geöltem Nussholz. Natursteinplatten aus Stainzer Naturstein, die beim Umbau 30 cm unter dem späteren Fußbotenniveau gefunden wurden, sind unter der Orgelempore neu und sichtbar verlegt worden. Die dokumentieren den Übergang vom historischen Steinmauerwerk der Vorgängerkirche und dem späteren barocken Kirchenschiff.[9]

Die Altarweihe fand am 6. Februar 2022 durch Bischof Wilhelm Krautwaschl statt.

Orgel

Eine ursprünglich aus der Filialkirche St. Ulrich am Ulrichsberg stammende Orgel wurde im Jahr 1740 aufgestellt. 1875 wurde durch den damals neu ernannten Pfarrer und Dechant August Bossi nach einem Vandalenakt eine neue Orgel in Auftrag gegeben und 1875 eingeweiht.[8]Sie wurde 1967 restauriert. Die heutige Orgel wurde von der Orgelbaufirma Krenn aus Graz im Jahr 1983 errichtet. Sie besitzt bei zwei Manualwerken und Pedalwerk 27 Register und ist somit eine der größten Orgeln der Weststeiermark.

Glocken

Das allgemeine Geläute besteht seit 1868 aus fünf Glocken, dazu kommt ein 60 kg schweres Zügenglöcklein, das in der Sterbestunde eines Menschen geläutet wird. Die älteste Glocke ist die Franz-von-Sales-Glocke. Sie wurde 1796 in Graz gegossen und überdauerte die Ablieferungen des Zweiten Weltkrieges.

Die anderen Glocken wurden von der Glockengießerei Oberascher in Salzburg gegossen und am 14. Mai 1950 geweiht. Die größte Glocke ist 1476 kg (nach anderer Quelle 1746 kg[12]) schwer und auf das Patrozinium der Kirche, allen Heiligen, geweiht. Sie hat einen Durchmesser von 148 cm. Sie trägt in lateinischer Sprache die Inschrift „Alle Heiligen, unsere Pfarrpatrone, bittet für uns.“ und darunter den Glockenspruch „Die ihr im Himmel wohnt,/Wo Gottes Frieden thront,/Erbittet uns hienieden/Einen gerechten Frieden.“[12]

Die zweitgrößte Glocke ist die Ave-Maria-Glocke, 866 kg schwer, 100 cm Durchmesser. Unter dem Bild der Mutter Gottes mit dem Kind steht die Inschrift „Maria mit dem Kinde lieb'/Uns allen Deinen Segen gibt.“ Dritte Glocke ist die Herz-Jesu-Glocke mit 525 kg und dem Spruch „Dem Herzen Jesu singe.“. Vierte Glocke ist die Laurentius-Glocke mit 368 kg, die unter dem Bild des Heiligen den Spruch trägt „Mach sehend die Blinden,/Auf daß sie finden,/den Weg des Herrn.“. Das Zügenglöcklein (auch Josefiglocke genannt) ist dem Hl. Josef gewidmet und trägt den Spruch „Entreiß uns dem Verderben, wenn wir sterben!“.[12]

Die Vorgängerinnen der fünf 1950 neu geweihten Glocken waren den Metallsammlungen der beiden Weltkriege zum Opfer gefallen, sie wurden am 24. November 1916, 1. September 1917 und im Jahr 1942 abgeliefert. Das Geläute, das die Glocken nach dem Ersten Weltkrieg ersetzt hatte, war am 2. Oktober 1921 (zwei Glocken) und 17. Mai 1925 (drei Glocken) in den Turm aufgezogen worden,[13] hatte aber nicht lange Bestand.

Im Jahr 2021 erfuhr die gesamte Glockenanlage im Rahmen der Kircheninnenrenovierung eine Restaurierung durch die Firma Perner aus Passau. Hierbei wurden aufgrund von Turmschwankungen Obergewichte an den drei großen Glocken angebracht, deren Läutewinkel reduziert und zwei neue Klöppel angefertigt, sowie das Zügenglöcklein, welches zuvor in der Laterne des Kirchturmdaches hing, in die Glockenstube transloziert und elektrifiziert.[14]

Nr. Name Gießer Gussjahr Nominal
1 "Allen Heiligen" Glockengießerei Oberascher 1950 des1
4 "Ave Maria" Glockengießerei Oberascher 1950 f1
3 "Herz Jesu" Glockengießerei Oberascher 1950 as1
4 "Hl. Laurentius" Glockengießerei Oberascher 1950 b1
5 "Franz-von-Sales" Feltl, Graz 1796 des2
6 "Hl. Josef" Glockengießerei Oberascher 1950 g2

Literatur

  • Bundesdenkmalamt (Hrsg.): Dehio Steiermark (ohne Graz). 2. Auflage. Berger, Horn/Wien 2006, ISBN 3-85028-439-5, S. 69–70.
Commons: Pfarrkirche Deutschlandsberg  – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Pfarrblatt für den Pfarrverband Deutschlandsberg, Ausgabe 3/2018, S. 4.
  2. Gerhard Fischer: Die katholische Kirche in der Steiermark geht neue Wege. Zusammenlegung der Dekanate Deutschlandsberg und Leibnitz zur Region Süd-West-Steiermark. Wochenzeitung Weststeirische Rundschau vom 31. August 2018. 91. Jahrgang Nr. 35, S. 2.
  3. Feuersnot und Feuerabwehr in Alt-Landsberg. Wochenzeitung Weststeirische Rundschau vom 11. März 2022. 95. Jahrgang Nr. 10, S. 4.
  4. 1 2 3 4 Bundesdenkmalamt (Hrsg.): Dehio Steiermark (ohne Graz). 2. Auflage. Berger, Horn/Wien 2006, ISBN 3-85028-439-5, S. 69–70.
  5. 1 2 3 Pfarrkirche Deutschlandsberg. www.deutschlandsberg.graz-seckau.at, abgerufen am 3. August 2012.
  6. Ernest Theußl: Überraschende Funde in der Stadtpfarrkirche. Wochenzeitung Weststeirische Rundschau vom 4. Februar 2022. 95. Jahrgang Nr. 5, S. 3.
  7. Ernst Theußl: Innenrenovierung und Wiedereröffnung der Stadtpfarrkirche. Wochenzeitung Weststeirische Rundschau vom 5. November 2021. 94. Jahrgang Nr. 44, S. 2 (Einleitung auf S. 1).
  8. 1 2 Gerhard Fischer: 140. Jahrestag des Amtsantritts von Dechant Bossi und 110. Sterbetag. In: Weststeirische Rundschau. Nr. 35, Jahrgang 2014 (29. August 2014), 87. Jahrgang, ZDB-ID 2303595-X. Simadruck Aigner u. Weisi, Deutschlandsberg 2014, S. 2.
  9. 1 2 Neue Altarraumgestaltung für Pfarrkirche Deutschlandsberg. Das Lindenbaum Motiv wurde in den Innenraum geholt. Wochenzeitung Weststeirische Rundschau vom 18. Februar 2022. 95. Jahrgang Nr. 7, S. 3.
  10. Innenrenovierung und Wiedereröffnung der Stadtpfarrkirche. Feierliche Altarweihe in Deutschlandsberg. Rauriser Stein im Zentrum der Kirche. Wochenzeitung Weststeirische Rundschau vom 11. Februar 2022. 95. Jahrgang Nr. 6, S. 3 (Einleitung auf S. 1).
  11. Deutschlandsberg. Wie Bäume des Lebens. In: Sonntagsblatt für Steiermark. Informations- und Kommunikationsorgan der Katholiken in der Diözese Graz-Seckau, 9. Februar 2022. (abgerufen am 11. Februar 2022).
  12. 1 2 3 alle, schließt die Reihen, daß wir die Glocke taufend weihen …" In: Weststeirische Rundschau. Nr. 46, Jahrgang 2020 (13. November 2020), 93. Jahrgang, S. 2.
  13. Sie reichten sich die Hände.Beitrag der Kirchen zum Stadtjubiläum. In: Weststeirische Rundschau. Nr. 22, Jahrgang 2018 (1. Juni 2018), 91. Jahrgang, S. 1.
  14. 1. Woche vom 14. bis 20. Juni 2021. Abgerufen am 15. September 2021.

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