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vom 09.06.2015, aktuelle Version,

Prothese

Armprothesen

Eine Prothese (altgriechisch πρό pro „vor, anstatt“ und ϑέσις thesis „das Setzen, Stellen“)[1] bezeichnet in der Medizin den Ersatz von Gliedmaßen, Organen oder Organteilen durch künstlich geschaffene, funktionell ähnliche Produkte.

Typen von Prothesen

Befindet sich die Prothese außerhalb des Körpers wie bei künstlichen Gliedmaßen, spricht man von einer Exoprothese. Beispiele sind Bein-, Arm- oder Handprothesen. Andernfalls handelt es sich um ein Implantat.

  • Ein geschlossenes Implantat, auch Endoprothese genannt, ist vollständig von Körpergewebe umgeben. Ein klassisches Beispiel ist das künstliche Hüftgelenk.
  • Ein offenes Implantat ist im Knochen verankert und ragt zugleich aus dem Körpergewebe heraus. Zu diesem Typ gehören Zahnimplantate, aber auch Implantate zur Befestigung von Beinprothesen oder Nasen-, Augen- und Ohrmuschelimitationen (Epithesen).

Geschichte

Ägyptische Zehenprothese, ausgestellt im Ägyptischen Museum in Kairo.

Die ersten einfachen Prothesen für Gliedmaßen gab es schon im 20. Jahrhundert v. Chr. in Ägypten; der Nachbau einer aus der Zeit um 600 v. Chr. stammende Prothese einer Großen Zehe, die in einer Mumie entdeckt worden war, erwies sich in Experimenten als funktionell.[2] Der römische Offizier Marcus Sergius Silus soll eine eiserne Handprothese getragen haben.[3]

Im späten Mittelalter kamen passive, bewegliche Prothesen für die obere Extremität auf, die sogenannten Eisernen Hände, deren bekanntester Vertreter die jüngere Eiserne Hand des Ritters Götz von Berlichingen ist. Das Konstruktionsprinzip hielt sich bis ins 18. Jahrhundert.[4]

Für die Verwundeten militärischer Auseinandersetzungen zur Zeit der napoleonischen Feldzüge entwickelte der Mechaniker und Erfinder Johann Nepomuk Mälzel 1809 in Wien Fußprothesen.[5]

„Wodurch sich aber Hr. Mälzel nicht allein Beifall, sondern auch Ansprüche auf öffentlichen Dank erworben hat, das sind die von ihm erfundenen künstlichen Füsse. Er wußte durch eine äußerst einfache, leichte und auch dauerhafte Mechanik ein Leben in die Füsse zu bringen, welches von Kunstverständigen und Anatomen bewundert wird, und wodurch diese künstlichen Füsse beinahe von natürlichen nicht zu unterscheiden sind. Die siebenfache Biegung des Knies und die dreifache des Vorderfusses erlauben, daß man damit ganz bequem auf Treppen und zu Pferde steigen kann. Hr. Mälzel hat bereits mehrere solcher Füsse zur vollen Zufriedenheit seiner Besteller geliefert, und dadurch, seiner am würdigsten, den Vorwurf gewisser Journale widerlegt, welche sagten, daß er sein Talent nur fürs Angenehme, aber nicht fürs Nützliche verwende.“ [6]

Die ersten willkürlich, also ohne Unterstützung der gesunden Hand, beweglichen Armprothesen entwickelten der Berliner Zahnarzt Peter Baliff (auch Ballif; 1775–1831) um 1812 und Margarethe Caroline Eichler 1836.[7]

Mit dem Ersten Weltkrieg stieg der Bedarf an Prothesen für die oberen und unteren Extremitäten in Europa deutlich an, und damit auch die Neuentwicklungen. Führende Chirurgen wie Ferdinand Sauerbruch oder Konrad Biesalski erfanden Prothesen wie den so genannten Sauerbruch-Arm oder die Fischer-Hand, die wegen der Kosten jedoch nur wenigen Personen zur Verfügung standen.

Moderne Prothesen

Während mit den ersten Prothesen kaum Funktionen des ursprünglichen Organs oder Körperteils hinreichend ersetzt wurden (man denke an Glasaugen), ermöglichen heute mikroprozessorgesteuerte Arm- oder Bein-Prothesen komplexere Bewegungen und sportliche Betätigung. Bei Armprothesen mit Greiffunktion (im Gegensatz zu passiven Schmuckprothesen, die lediglich eine kosmetische Wirkung haben), die der menschlichen Hand nachempfunden sind (im Gegensatz zu funktionalen Greifern bzw. Hook-Prothesen), besteht die Außenhaut heutiger handelsüblicher Prothesen aus PVC, welches robuster ist und der Haut mehr ähnelt als andere Stoffe, wie Holz oder Leder-Stahlprothesen. Der Nachteil von PVC-Außenhäuten, sog. Kosmetikhandschuhen, besteht darin, dass sie leicht verschmutzen. Der Kunststoff verfärbt sich und muss nach ca. 3- bis 4-monatiger Tragezeit gewechselt werden. Eine Alternative sind Kosmetikhandschuhe aus Silikon. Sie sind schmutzabweisend, verfärben sich nicht, aber reißen leicht ein. Außerdem haben sie einen starken Abrieb und sind deutlich teurer als PVC-Handschuhe. Ein neuerer Ansatz besteht darin, Silikonhandschuhe mit einem verstärkenden Gewebe aus Nylon zu durchziehen. Solche Handschuhe halten ca. sechs Monate, kosten aber doppelt so viel wie herkömmliche aus PVC. Bei Beinprothesen wird auch häufig eine Kosmetik aus in Form des Körperteils geschliffenem Schaumstoff mit übergezogenem Kosmetikstrumpf verwendet.

Prothesen der unteren Extremität können außerdem in Fußprothesen für Amputationen und Exartikulationen unterhalb des Sprunggelenkes, in Unterschenkelprothesen für Amputationen unterhalb des Knies und Oberschenkelprothesen für Amputationen oberhalb des Knies sowie für Exartikulationen des Knies unterschieden werden. Für die prothetische Versorgung bei Hüftexartikulationen oder Hemipelvektomien baut man Ganzbeinprothesen.

Prothesen der oberen Extremität können in Oberarm- und Unterarmprothesen eingeteilt werden.

Die Kniegelenk-Unterschenkelkonstruktion besteht bei leichten Prothesen aus einem Rohrskelett. Dennoch kommen ältere Techniken noch zum Einsatz, in Abhängigkeit von der physischen und psychischen Befindlichkeit des Patienten. Nicht unberücksichtigt bei der Auswahl der Versorgung darf der Beruf des Patienten dabei bleiben, weil durch berufsspezifische Belastungen auch entsprechende Belastungen auf die Prothese einwirken können. Prothesenschäfte für Prothesen der unteren sowie der oberen Extremität werden immer individuell für den jeweiligen Patienten vom Orthopädietechniker bzw. vom Prothetiker hergestellt. Als Grundlage für die Herstellung dient in den meisten Fällen ein Gipsabdruck des jeweiligen Amputationsstumpfes.

Prothesen ersetzten aber auch Sinnesorgane sowie Gehörknöchelchen, Gelenke, Herzklappen und sogar das gesamte Herz. Derzeit wird daran geforscht, mittels „Tissue Engineering“ aus eigenem Gewebe Ersatzteile wie zum Beispiel Herzklappen zu züchten. Diese als Implantat verwendeten Prothesen fallen unter die Kategorie Endoprothese.

Epithesen dienen dem Ersatz von Weichteilgeweben (zum Beispiel Nasenteilen nach Tumoroperation).

Sonstige Prothesen

Hauptartikel: Augenprothese und Zahnersatz

Prothesen im Sport

Der südafrikanische Sprinter Oscar Pistorius mit Beinprothesen

Im Sport wurden Prothesen lange Zeit als Behinderung angesehen. Bis vor nicht langer Zeit waren Athleten mit Prothesen gegenüber Athleten ohne Prothesen im Nachteil. Das ändert sich zur Zeit. Durch die Qualität moderner Prothesen werden diese heute zum Teil sogar als unerlaubte Hilfsmittel angesehen. Es ist umstritten, ob ein Leichtathlet mit Unterschenkelprothesen an Sportwettkämpfen für nicht-behinderte Sportler teilnehmen darf. Je nach Sportart können verschiedene Prothesen benutzt oder die alten „umgebaut“ werden.

Bauteile

Nach dem Ersten Weltkrieg entwarf der deutsche Unternehmer Otto Bock Prothesen, die industriell hergestellt werden können. Er teilte die damaligen Holzprothesen in drei Baugruppen ein, die in Werkstätten durch Orthopädiemechaniker zusammengefügt und an den Patienten individuell angepasst werden sollten.

Die Baugruppen waren:

  • Schaft
  • Knie-/Wadenpassteil
  • Fuß

Diese Einteilung gilt immer noch, auch wenn sich die Herstellung von Prothesen inzwischen zur Rohrskeletttechnologie revolutioniert hat.

Rohrskelettprothesen werden in Schaft, Rohr und Fuß eingeteilt. Bei Oberschenkelprothesen kommt das Kniegelenk als Bauteil noch hinzu.

Siehe auch

Literatur

  • Zur Geschichte der Prothetik: Martin Friedrich Karpa: Die Geschichte der Armprothese unter besonderer Berücksichtigung der Leistung von Ferdinand Sauerbruch (1875-1951), Dissertationsschrift, Bochum 2005 als Volltext (PDF, ca. 4,65 MB)
  Commons: Prosthetics  – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Gemoll: Griechisch-deutsches Schul- und Handwörterbuch
  2. Jacqueline Finch: The ancient origins of prosthetic medicine. In: The Lancet, Band 377, Nr. 9765, 2011, S. 548–549, doi:10.1016/S0140-6736(11)60190-6 Volltext
    Mummies' false toes helped ancient Egyptians walk
  3. C. Plinius Secundus: Naturalis Historia Liber VII. (Digitalisat).
  4. Liebhard Löffler: Der Ersatz für die obere Extremität: die Entwicklung von den ersten Zeugnissen bis heute. Enke, Stuttgart 1984, ISBN 3-432-94591-4.
  5. Vgl. Augsburgische Ordinari Postzeitung, Nro. 273, Mittwoch, den 15. Nov. 1809, S. 1f.
  6. Vgl. Bayerische Nationalzeitung, 11. Okt. 1809, S. 992f.
  7. Liebhard Löffler: Der Ersatz für die obere Extremität: die Entwicklung von den ersten Zeugnissen bis heute. Enke, Stuttgart 1984, ISBN 3-432-94591-4, S. 89ff.
Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema. Er dient nicht der Selbstdiagnose und ersetzt keine Arztdiagnose. Bitte hierzu diesen Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten!