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vom 19.06.2022, aktuelle Version,

Rudolf Altschul

Rudolf Altschul, FRSC (geboren 24. Februar 1901 in Prag, Österreich-Ungarn; gestorben 4. November 1963 in Saskatoon, Kanada) war ein deutschsprachiger tschechoslowakischer Anatom, Psychiater und Literat.

Leben

Altschuls Vater Emanuel war Handelsvertreter; seine Mutter Emma (geb. Schneider) starb bereits 1918. Altschul besuchte in dem später von der Kommune Prag eingemeindeten Karolinenthal ab 1907 die Grundschule und ab 1911 die K. k. deutsche Staatsrealschule, auf der er sich mit Hans Klaus anfreundete.[1]

Mit Konstantin Ahne und Hans Klaus bildete Altschul die literarische Gruppe Protest, die in mehreren Anläufen zwischen 1919 und 1923 kurzlebige Zeitschriften herausgab und Lesungen veranstaltete, wofür sie die dafür erforderlichen Texte selbst schrieben.[2] Altschul veröffentlichte in ihrer Zeitschrift Avalun 1921 die Erzählung Die Geretteten.[3][4]

Altschul studierte Medizin an der Karl-Ferdinands-Universität. Nachdem er 1925 promoviert wurde, bildete er sich 1925/26 an der Salpêtrière in Paris weiter und ging von 1926 bis 1929 nach Rom an die Neurologie der Policlinico Umberto I der Universität La Sapienza.[5] Er heiratete 1928 die Pragerin Anna Karoline Fischer.[5] Seit 1929 war Altschul Forschungsassistent bei Alfred Kohn am Histologischen Institut der Deutschen Universität Prag und hatte eine private psychiatrische Praxis. In dieser Tätigkeit blieb er bis zur deutschen Besetzung der Tschechoslowakei im März 1939. Seine Frau Anna und er trennten sich für die Flucht und er floh im April zunächst nach Rom zu seiner früheren Arbeitsstelle.[6] Ende August erreichte er England, wo er seine Frau wiedertraf und sie am 2. September 1939 in Liverpool auf der Athenia einschifften, um nach Kanada zu gelangen. Beide überlebten die Versenkung des Schiffes am Folgetag durch ein deutsches U-Boot. Im Oktober wiederholten sie die Atlantiküberquerung, diesmal in die neutrale USA, und gelangten von dort nach Saskatoon, wo Altschul eine Stelle an der Universitätsklinik zugesagt worden war.[6]

Seine Schwester Wilma Katz (geb. Altschul) und sein Bruder Franz wurden Opfer des Holocaust, seine Schwester Irma wurde im Ghetto Theresienstadt inhaftiert und überlebte die Verfolgungen. Sie emigrierte nach dem Krieg aus der Tschechoslowakei zu ihrem Bruder nach Kanada.[5]

Von 1939 bis 1963 war Altschul an der University of Saskatchewan beschäftigt, ab 1948 als ordentlicher Professor und ab 1955 als Leiter des Departments.[5] Er verfasste Arbeiten auf den Gebieten der Histologie, der Neurologie und zur Arteriosklerose. Er wurde Mitglied der American Association for the Advancement of Science, der American Association of Anatomists, Präsident der Canadian Association of Anatomists und Fellow der Royal Society of Canada, FRSC.[5]

Altschul war neben diesen beruflichen Verpflichtungen auch weiterhin literarisch aktiv. In seinem Nachlass fand Hartmut Binder literarische Arbeiten, die Altschul zum Teil in Englisch schrieb und aus dem Englischen ins Deutsche übersetzt hatte, sie blieben unvollendet und unveröffentlicht.[6]

Schriften

  • Selected studies on arteriosclerosis. Springfield, Ill.: Charles C. Thomas 1950
  • (Hrsg.): Niacin in vascular disorders and hyperlipemia. Springfield, Ill., Thomas 1964
  • Über eigenartige Begleitsymptome eines Hirnechinococcus. Aus der Klinik fur Nerven- und Geisteskrankheiten der kgl. Universität Rom. in: European Neurology, 1927, S. 325–341
  • Fachzeitschriftenbeiträge

Literatur

  • Hartmut Binder (Hrsg.): Prager Profile: vergessene Autoren im Schatten Kafkas. Berlin: Mann 1991. Darin: Hartmut Binder: Die verlorene Generation. Hans Klaus und sein Kreis, S. 97–252.
  • Susanne Blumesberger, Michael Doppelhofer, Gabriele Mauthe: Handbuch österreichischer Autorinnen und Autoren jüdischer Herkunft 18. bis 20. Jahrhundert. Band 1: A–I. Hrsg. von der Österreichischen Nationalbibliothek. Saur, München 2002, ISBN 3-598-11545-8, S. 29 (Nr. 207).
  • Werner Röder, Herbert A. Strauss (Hrsg.), International Biographical Dictionary of Central European Emigrés 1933–1945, Vol II, 2 München: Saur 1983 ISBN 3-598-10089-2, S. 23f.

Einzelnachweise

  1. Hartmut Binder: Die verlorene Generation. Hans Klaus und sein Kreis, 1991, S. 132–135
  2. Hartmut Binder: Die verlorene Generation. Hans Klaus und sein Kreis, 1991, S. 137–225 passim
  3. Hartmut Binder: Die verlorene Generation. Hans Klaus und sein Kreis, 1991, S. 193–197
  4. Die Geretteten (1921), abgedruckt bei Hartmut Binder: Die verlorene Generation. Hans Klaus und sein Kreis, 1991, S. 242–246
  5. 1 2 3 4 5 Werner Röder, Herbert A. Strauss (Hrsg.), International Biographical Dictionary of Central European Emigrés 1933–1945, Vol II, 2 München: Saur 1983 ISBN 3-598-10089-2, S. 23
  6. 1 2 3 Hartmut Binder: Die verlorene Generation. Hans Klaus und sein Kreis, 1991, S. 225–227