Steinhof (Wien)
Steinhof ist eine alte Ortsbezeichnung, die sich von den ehemals in diesem Gebiet befindlichen Ottakringer Steinbrüchen und Steinlagern, welche Steinhöfe genannt wurden, ableitet. Damals gehörte das Gebiet zum Land Niederösterreich, dessen Landtag im Jahr 1902 den Beschluss zum Bau einer Landes-Heil- und Pflegeanstalt fasste. Diese wurde im damaligen 13. Bezirk Wiens auf jenem Teil des Gebietes, der den Flurnamen Spiegelgrund trägt, errichtet und – gleichzeitig wie das Sanatorium Baumgartner Höhe im westlichen Teil der Anlage – im Jahr 1907 eröffnet. Seit 1938 gehört das Gebiet zum 14. Bezirk, Penzing.[1] Das Spitalsareal wird seit 2020 als Klinik Penzing bezeichnet.
Das Gebiet ist von der Stadt Wien als bauliche Schutzzone definiert.[2]
Otto-Wagner-Spital
Das heute vom Wiener Krankenanstaltenverbund geführte Psychiatrische Krankenhaus und Pulmologische Zentrum der Stadt Wien wurde nach Plänen von Otto Wagner errichtet und 1907 eröffnet. Es besteht aus sechzig Pavillons, die von Carlo von Boog entworfen wurden, wie auch das Jugendstiltheater im Zentrum.
Im Jahr 2000 wurden unter der Bezeichnung Sozialmedizinisches Zentrum Baumgartner Höhe Otto-Wagner-Spital mit Pflegezentrum fünf Gesundheitseinrichtungen (Förderpflegeheim Baumgartner Höhe, Neurologisches Krankenhaus Maria-Theresien-Schlössl, Pflegeheim Sanatoriumstraße, Psychiatrisches Krankenhaus Baumgartner Höhe und Pulmologisches Zentrum Baumgartner Höhe) zusammengefasst. 2020 wurde die Einrichtung offiziell in Klinik Penzing umbenannt.
Otto-Wagner-Kirche
Den visuellen Höhepunkt bildet die Kirche zum Heiligen Leopold von Otto Wagner. Nach ihrer auffälligen Kuppel, die einer halben Zitrone gleicht, wird der Ort auch Lemoniberg genannt. Die Kirche am Steinhof wurde 2007 wieder eröffnet, nachdem sie wegen Gesamtrenovierungsarbeiten mehrere Jahre gesperrt war. Sie gehört zu den schönsten Jugendstilbauten Wiens.
Gedenkstätte zur Geschichte der nationalsozialistischen Medizin in Wien
Im Zentrum befindet sich auch die Gedenkstätte zur Geschichte der nationalsozialistischen Medizin in Wien mit Mahnmal und Ausstellung.[3] In der damals Am Spiegelgrund genannten Anstalt wurden zahlreiche Euthanasiemorde begangen, darunter an 789 Kindern.
Steinhofgründe
Die nördlich angrenzenden, 45 Hektar großen Steinhofgründe waren einst ein Teil der Krankenanstalt und wurden gärtnerisch genutzt. Noch heute befinden sich dort zahlreiche alte Obstbäume, die mit ihren teilweise dicken Stämmen und ihrem hohen Anteil an Alt- und Totholz ein in Wien einzigartiger Lebensraum sind. Seit 2009 wurden von der MA 49 – Wiener Forstamt – über 400 junge Obstbäume alter und bewährter regionaler Sorten nachgepflanzt, um den Charakter des Gebietes zu erhalten.[4] In den 1950er Jahren stand auf dem Gelände ein Mittelwellensender, von dem aus das Programm Rot-Weiß-Rot der amerikanischen Armee ausgestrahlt wurde. Die Betonfundamente sind heute noch vorhanden. In den 1970er Jahren gab es Pläne, das Areal zu verbauen. Da sich jedoch bei einer gemeindeweiten Wiener Volksbefragung vom 10. bis 12. Dezember 1981 zeigte, dass die Mehrheit der Bevölkerung das Projekt ablehnte – von mehr als 267.000 teilnehmenden Personen waren 53,46 % gegen das Projekt –, wurden die Steinhofgründe schließlich als vom Forstamt der Stadt Wien betreutes Erholungsgebiet erhalten.[4]
Zukunft
Im April 2006 wurden Planungen veröffentlicht, nach denen die psychiatrische Abteilung im östlichen Teil des Otto-Wagner-Spitals an andere Standorte verlegt werden soll. Der Bereich soll dann für Wohnungen, Hotels oder Geschäftslokale genutzt werden. Die bestehenden Gebäude sollen dabei jedoch nicht wesentlich verändert werden, so dass das Gesamtensemble erhalten bleibt.
Es gibt gegenüber diesem Vorhaben (so wie im ähnlich gelagerten Fall des GZW, des ehemaligen Versorgungsheimes Lainz) Kritik seitens der Parteien Grüne und ÖVP. Nach deren Interpretation der Pläne wäre es sehr wohl möglich, dass dann derzeit bestehende Grünflächen verbaut werden. Der Mitte Dezember 2006 beschlossene neue Flächenwidmungsplan für den Steinhof erscheint gegenüber den ursprünglichen Vorhaben gemildert, wurde aber bis heute (2017) nicht umgesetzt.[5]
Nach einem Teilverkauf des Spitalsgeländes an zwei größere Bauträger haben sich die Baupläne konkretisiert. Bei einer öffentlichen Begehung des Ostteils des Geländes am 21. September 2011 mit Planungsstadträtin Maria Vassilakou und bei einer Bürgerversammlung am 28. September artikulierte sich deutlicher Widerstand von diversen Bürgerinitiativen.[6] Diese forderten die Erstellung eines Gesamt-konzepts zur Nachnutzung des Areals zu Gunsten des gemeinschaftlichen Nutzens, bevor Baumaßnahmen getroffen werden. Im April 2017 erfolgte der Baubeginn von vier Wohnblöcken direkt neben der Pathologie, in der noch bis 2002 Kindergehirne aus der Zeit des Nationalsozialismus gelagert waren, durch den stadteigenen Wohnbauträger GESIBA. Ein Nachnutzungskonzept liegt bis heute nicht vor.
Literatur
- Elisabeth Koller-Glück: Carlo von Boog und Mauer-Öhling: Die Kaiser Franz Joseph-Landes-Heil- und Pflegeanstalt Mauer-Öhling, ein Jugendstiljuwel in Niederösterreich. Verlag Niederösterreichisches Pressehaus, Wien 1988, ISBN 3-85326-863-3.
Hörfunk
- Heike Tauch: Steinhof ist überall. Die Wiener Heil- und Pflegeanstalt Am Steinhof. DLF, 2008
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Christiane Klusacek, Kurt Stimmer: Penzing – Vom Wienfluß zum Wienerwald. Mohl Verlag, Korneuburg 1993, ISBN 3-900272-49-2, S. 137–139, 144.
- ↑ Karte der Schutzzone
- ↑ Ausstellung über Naziverbrechen am Steinhof erweitert (Abgerufen am 17. Juni 2010)
- 1 2 Steinhofgründe – Erholungsgebiet in Wien
- ↑ Der Standard vom 15. Dezember 2006
- ↑ http://www.steinhof-erhalten.at/.
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Südwestansicht der Kirche am Steinhof , auch Leopoldskirche bezeichnet, auf dem Gelände des Sozialmedizinischen Zentrums Baumgartner Höhe bzw. Otto-Wagner-Spitals im 14. Wiener Gemeindebezirk Penzing . Die Kirche wurde von 1904 bis 1907 über dem traditionellen Grundriss eines griechischen Kreuzes nach Plänen des Architekten Otto Wagner als Anstaltskirche errichtet. Sie ist der bedeutendste Sakralbau der Wiener Moderne in Wien. | Eigenes Werk | C.Stadler/Bwag | Datei:Penzing (Wien) - Kirche am Steinhof (2).JPG | |
Information day on building projects at Otto-Wagner-Spital, Steinhof, Vienna | Eigenes Werk | Robert Schediwy | Datei:Steinhofinfotag1.JPG | |
Landing in Vienna on August 2, 2014. Window seat on the pilot’s side. Approach takes you over the city of Vienna and, it was a beautiful day. | Vienna Steinhof Church Aerial 2aug14 - 1 | Andrew Nash from Vienna, Austria | Datei:Vienna Steinhof Church Aerial 2aug14 - 1 (15102404601).jpg | |
Dieses Foto zeigt das im digitalen Kulturgüterverzeichnis der Gemeinde Wien (Österreich) unter der Nummer 45088 ( commons , de ) aufgeführte Objekt. | Eigenes Werk | Haeferl | Datei:Wien - Steinhof - Kurhaus und Brunnen mit Löwenskulpturen.jpg | |
Im V-Gebäude befindet sich die Ausstellung "Der Krieg gegen die Minderwertigen" des Österreichischen Dokumentationsarchivs (Eingang zur Ausstellung rückseitig). | Eigenes Werk | Haeferl | Datei:Wien - Steinhof - V-Gebäude.jpg | |
Gedenkstein mit Tafeln im Erholungsgebiet „Steinhofgründe“ im 14. Wiener Gemeindebezirk Penzing. Die Steinhofgründe, ein rd. 40 Hektar großes Areal, entstanden im Zuge des Baus des Otto Wagnerspitals. Ursprünglich wurden in diesem Bereich Schweine, Rinder und Kühe für die Versorgung des Spitals gehalten: 1 . Ende der 1970er-Jahre sollte dieses Gebiet verbaut werden. Nach Protesten gab es vom 9. bis 11. Dezember 1981 eine Volksbefragung, bei der sich rd. 140.000 Wiener gegen die Verbauung der Steinhofgründe aussprachen. Dies war eine wichtige Grundlage zur Schaffung des heutigen Erholungsgebietes. Der Gedenkstein, der an einer Wegkreuzung in der Nähe des Eingangs Feuerwache Am Steinhof errichtet wurde, erinnert an diese Bürgerinitiative: 2 . | Eigenes Werk | C.Stadler/Bwag | Datei:Wien - Steinhofgründe, Gedenkstein.JPG | |
Steinhofgründe in Wien 14 | Eigenes Werk | Gugerell | Datei:Wien 14 Steinhofgründe e.jpg |