Ulrich von Liechtenstein
Ulrich von Liechtenstein (auch: Lichtenstein, * um 1200; † 26. Januar 1275) war ein Minnesänger und Dichter des Mittelalters, der in mittelhochdeutscher Sprache dichtete.
Leben
Ulrich von Liechtenstein gehörte einem in der Steiermark begüterten und einflussreichen Ministerialengeschlecht an, das sich nach seinem Stammsitz (47° 10′ 0,64″ N, 14° 40′ 32,16″ O) Liechtenstein südöstlich von Judenburg, heute eine Ruine, nannte, jedoch nicht mit den österreichischen Liechtensteinern stammesverwandt war.
Ulrich bekleidete einige bedeutende politische Ämter: In den Jahren 1244/1245 war er Truchsess der Steiermark, von 1267 bis 1272 war er Marschall; im Jahr 1272 auch Landrichter. Aus den Jahren 1227 bis 1274 sind 95 Urkunden erhalten, in denen sein Name erwähnt wird; acht dieser Urkunden hat er selbst ausgestellt.
Die Frauenburg (heute Burgruine) soll sein Lieblingssitz gewesen sein. Sie befindet sich oberhalb des Ortes Frauenburg in der Gemeinde Unzmarkt-Frauenburg im Murtal in der westlichen Obersteiermark. Auf der Frauenburg soll er bestattet worden sein.[1]
Genealogie
Vorfahren und Nachkommen Ulrichs:[2]
-
Aribo II. († 1102)
- Hartnid von der Traisen, Hochfreier
- Hartwig von Reidling († 1136, urk. bis 1147?), ∞ NNw, Tochter von Dietmar von Dornberg und Lungau (1100–1130)
- Dietmar I. (1126–1140 von Reidling, 1140–1145 von Liechtenstein), vor 1140 Bau Feste Liechtenstein bei Judenburg (damit Abstieg in landesfürstliche Ministerialität verbunden)
- Dietmar II.
- Dietmar III. (1164–1218), ∞ Kunegunde (1140–1217)
- Ulrich (I. von Liechtenstein, auch von Frauenburg, urk. 1227–1274), Minnesänger, Erbauer der Frauenburg, ∞ Perchta von Weißenstein
- Ulrich II. (1250–1285), ∞ Kunigunde von Goldegg
- Otto II. (1252–1311), 1. ∞ Agnes von Wildon, 2. ∞ Diemut von Liechtenstein-Nikolsburg († nach 1265), 3. ∞ Adelheid von Pottendorf
- Diemut (1250), ∞ Wulfing von Trennstein
- Perchta (1260), ∞ Herrand von Wildon, Dichter
- Otto, Pfarrer von Graz
- Dietmar IV. von Offenburg, ∞ Gertrud von Wildon
- Hedwig, ∞ Dietmar von Steyr
- NNw, ∞ Heinrich von Wasserburg, österr. Kämmerer
- Ulrich (I. von Liechtenstein, auch von Frauenburg, urk. 1227–1274), Minnesänger, Erbauer der Frauenburg, ∞ Perchta von Weißenstein
- Dietmar III. (1164–1218), ∞ Kunegunde (1140–1217)
- Dietmar II.
- Dietmar I. (1126–1140 von Reidling, 1140–1145 von Liechtenstein), vor 1140 Bau Feste Liechtenstein bei Judenburg (damit Abstieg in landesfürstliche Ministerialität verbunden)
- Hartwig von Reidling († 1136, urk. bis 1147?), ∞ NNw, Tochter von Dietmar von Dornberg und Lungau (1100–1130)
- Hartnid von der Traisen, Hochfreier
Werke
Die Minnelyrik Ulrichs ist in die große Sammlung des Codex Manesse aufgenommen worden. Vorher schon hat Ulrich selbst seine 58 doene in einer Minnesänger-Lebensbeschreibung, dem sogenannten Frauendienst, gesammelt. Er erzählt darin in Ich-Form sein Leben als die Geschichte eines um Minne werbenden Ritters. Der Grad der Stilisierung dieser Lebensgeschichte nach literarischen Mustern ist schwer abzuschätzen. Die andersartige Selbstauffassung des Individuums im Mittelalter verbietet es jedenfalls, den Frauendienst mit den modernen Begriffen der 'Fiktion' oder der 'Autobiographie' zu belegen. Wenn hier ein teils komisches Licht auf das Minnewerben fällt (drastische Erniedrigungen des Minnewerbers als Zeichen bedingungsloser Hingabe), so vertritt Ulrich in seinem Frauenbuch eine ernsthafte, belehrende Intention.
- Frauendienst (Vrowen dienst). 1255 (Auszug Süeze doene Audio)[3]
- Frauenbuch (Der vrouwen puoch). 1257 (eLibrary Austria eLib Volltext)
- Sumervar ist nu gar (KLD 58.XXIX)
- Disiu liet heizent frouwen tanz (KLD 58.XLVI)
- Wunneclîchen hôhe mîn gemüete (KLD 58.XLIII)
Die Lyrik Ulrichs gilt als konventionell, artistisch und vom hohen Minnesang um 1200, besonders von Walther von der Vogelweide, abhängig. Die minnetheoretischen und erzählenden Schriften zeichnen sich im Gegensatz dazu durch avancierte erzähltechnische Mittel aus (Ich-Erzählung im Frauendienst, gerahmter Dialog im Frauenbuch), wenn auch Ulrich nicht zu den großen Erzählern des deutschen Mittelalters gerechnet werden kann.
Ehrungen
Benennung der Ulrich-Lichtenstein-Gasse (am Südende der Conrad-von-Hötzendorf-Straße) in Graz.
Literatur
Textausgaben
- Frauendienst. Übertragen von Franz Viktor Spechtler; Kümmerle, Göppingen 1987, 2. Auflage 2003, ISBN 3-87452-721-2 (= Göppinger Arbeiten zur Germanistik; Band 485); Wieser, Klagenfurt 2001, ISBN 3-85129-309-6.
- Ursula Peters (Hrsg.): Frauendienst (Jugendgeschichte). In Abbildungen aus dem Münchner Cod. germ. 44 und der Großen Heidelberger Liederhandschrift. (= Litterae; Nr. 17), Göppingen 1973, ISBN 3-87452-147-8.
- Digitale Gesamtausgabe der Lyrik: Ulrich von Liechtenstein in Lyrik des Deutschen Mittelalters (LDM)
Sekundärliteratur
- Sandra Linden, Christopher Young (Hrsg.): Ulrich von Lichtenstein. Leben – Zeit – Werk – Forschung. Berlin / New York, De Gruyter 2010.
- Christiane Ackermann: Im Spannungsfeld von Ich und Körper. Subjektivität im 'Parziva' Wolframs von Eschenbach und im 'Frauendienst' Ulrichs von Liechtenstein. Köln u. a., Böhlau 2009 (= Ordo 12).
- Franz Viktor Spechtler, Barbara Maier (Hrsg.): Ich – Ulrich von Liechtenstein. Literatur und Politik im Mittelalter. Akten der Akademie Friesach „Stadt und Kultur im Mittelalter“ 1996. Wieser, Klagenfurt 1999, ISBN 3-85129-266-9. (Schriftenreihe der Akademie Friesach 5).
- Heinz Gerstinger: 'Frau Venus reitet … – Die phantastische Geschichte des Ulrich von Lichtenstein. 1995.
- Judith Klinger: Ich: Körper: Schrift. Potentiale und Grenzen der Kommunikation in Ulrichs von Liechtenstein 'Frauendienst'. In: Gespräche – Boten – Briefe. Körpergedächtnis und Schriftgedächtnis im Mittelalter. Hrsg. v. Horst Wenzel. München 1997, S. 106–126.
- Jan-Dirk Müller: Ulrich von Liechtenstein. In: Verfasserlexikon. Band 9. 1995, Spalte 1274–1282.
- Franz Viktor Spechtler: Liechtenstein, Ulrich von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 14, Duncker & Humblot, Berlin 1985, ISBN 3-428-00195-8, S. 522 f. (Digitalisat).
- Hermann Reichert: Vorbilder für Ulrichs von Lichtenstein Friesacher Turnier. In: Carinthia. I, 173, 1983, S. 171–192.
- Michael Pieper: Die Funktionen der Kommentierung im 'Frauendienst' Ulrichs von Liechtenstein. (= Göppinger Arbeiten zur Germanistik; Band 351), Lauterburg 1982, ISBN 3-87452-564-3.
- Hermann Reichert: Rosensiegel Ulrichs von Lichtenstein. In: Jahrbuch des Vereins für Landeskunde von Niederösterreich 46/47, 1980/1981, S. 425–440 und Bildanhang.
- Klaus M. Schmidt (Bearb.): Begriffsglossare und Indices zu Ulrich von Lichtenstein. (= Indices [Indizes] zur deutschen Literatur; 14/15), München 1980, ISBN 3-601-00409-7.
- Ursula Peters: Frauendienst. Untersuchungen zu Ulrich von Lichtenstein und zum Wirklichkeitsgehalt der Minnedichtung. (= Göppinger Arbeiten zur Germanistik; Band 46), Göppingen 1971.
- Bernd Thum: Ulrich von Lichtenstein. Höfische Ethik und soziale Wirklichkeit. Heidelberg 1968.
- Anton Schönbach: Liechtenstein, Ulrich von. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 18, Duncker & Humblot, Leipzig 1883, S. 620–623.
- Constantin von Wurzbach: Liechtenstein, Ulrich von. In: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich. 15. Theil. Kaiserlich-königliche Hof- und Staatsdruckerei, Wien 1866, S. 135 f. (Digitalisat).
- Ulrich von Liechtenstein im Wien Geschichte Wiki der Stadt Wien
Weblinks
- Ulrich von Liechtenstein im Repertorium „Geschichtsquellen des deutschen Mittelalters“
- Literatur von und über Ulrich von Liechtenstein im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Werke von Ulrich von Liechtenstein im Projekt Gutenberg-DE
- Eintrag zu Ulrich von Liechtenstein im Austria-Forum (im AEIOU-Österreich-Lexikon)
- Ulrich von Liechtenstein im Codex Manesse
- Meister Eckhart und seine Zeit - Literatur - Ulrich von Li(e)chtenstein
- Ulrichs von Lichtenstein Frauendienst - BSB Cgm 44 - digitalisierte Handschrift im Kulturportal bavarikon
- Ulrich von Liechtenstein im Internet Archive
Einzelnachweise
- ↑ Leopold Beckh-Widmanstetter: Ulrich's von Liechtenstein, des Minnesängers, Grabmal auf der Frauenburg. Graz 1871 (E-Kopie).
- ↑ Angabe nach dem Nachwort in Lit. Frauendienst, Spechtler, Wieser, Klagenfurt 2001 (auf der Webseite des Verlags, alte Webseite, web.archive.org)
- ↑ In der slowenischen Sprach- und Literaturgeschichte wird vielfach ein Reimbericht aus dem Frauendienst zitiert, in dem er slowenische Worte des Herzogs Bernhard von Spanheim zitiert. Dieser hatte ihn bei seiner Durchreise durch Kärnten in Thörl-Maglern/Vrata Megvarje am 1. Mai 1227 auf Slowenisch mit den folgenden Worten begrüßt: "Der fürste und die gesellen sin / mich hiezen willekommen sin. / ir gruoz was gegen mich alsus: / "buge waz primi, gralva Venus!" (Der Fürst und sein Gefolge hießen mich willkommen sein. Ihr Gruß an mich war so: "Gott zum Gruß, königliche Venus). Ulrich war als Venus verkleidet gewesen. Vgl.: Reginald Vospernik, Pavle Zablatnik, Erik Prunč, Florjan Lipuš: Das slowenische Wort in Kärnten = Slovenska beseda na Koroškem, Schrifttum und Dichtung von den Anfängen bis zur Gegenwart = Pismenstvo in slovstvo od začetkov do danes. ÖBV, Wien 1985, S. 22–23. ISBN 3-215-04304-1
Personendaten | |
---|---|
NAME | Ulrich von Liechtenstein |
ALTERNATIVNAMEN | Ulrich von Lichtenstein |
KURZBESCHREIBUNG | mittelhochdeutscher Dichter |
GEBURTSDATUM | um 1200 |
STERBEDATUM | 26. Januar 1275 |
License Information of Images on page#
Image Description | Credit | Artist | License Name | File |
---|---|---|---|---|
Codex Manesse , UB Heidelberg, Cod. Pal. germ. 848, fol. 237r, Herr Ulrich von Liechtenstein | http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/cpg848/0469 | Meister des Codex Manesse | Datei:Codex Manesse Ulrich von Liechtenstein.jpg | |
The Wikimedia Commons logo, SVG version. | Original created by Reidab ( PNG version ) SVG version was created by Grunt and cleaned up by 3247 . Re-creation with SVG geometry features by Pumbaa , using a proper partial circle and SVG geometry features. (Former versions used to be slightly warped.) | Reidab , Grunt , 3247 , Pumbaa | Datei:Commons-logo.svg | |
Begriffsklärungs-Icon (Autor: Stephan Baum) | Eigenes Werk ( Originaltext: Own drawing by Stephan Baum ) Original Commons upload as File:Logo Begriffsklärung.png by Baumst on 2005-02-15 | Stephan Baum | Datei:Disambig-dark.svg | |
Dieses Foto zeigt das im digitalen Kulturgüterverzeichnis der Gemeinde Graz (Österreich) unter der Nummer 1332 ( commons , de ) aufgeführte Objekt. | Selbst fotografiert | Photo: Andreas Praefcke | Datei:Grazer Burg Büste Ulrich von Liechtenstein.jpg | |
Bewertungsicon "Quelle" für Artikel mit fehlenden Quellen. | based on Image:Qsicon_Quelle.png and Image:QS icon template.svg | Hk kng , Image:Qsicon_Quelle.png is by User:San Jose , Image:QS icon template.svg is by User:JesperZedlitz | Datei:Qsicon Quelle.svg | |
Wikisource logo, no text variant | By Rei-artur pt en Rei-artur blog | Nicholas Moreau | Datei:Wikisource-logo.svg |