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vom 11.06.2020, aktuelle Version,

Ur- und Frühgeschichte Mitteleuropas

Mitteleuropäische Ur- und Frühgeschichte
Holozän (➚ Hochmittelalter)
Karolingerzeit    
Merowingerzeit
Frühes Mittelalter
Völkerwanderung
Römische Kaiserzeit
Frühgeschichte
Latènezeit    
Hallstattzeit
Eisenzeit
Späte Bronzezeit  
Mittlere Bronzezeit
Frühe Bronzezeit
Bronzezeit
Kupfersteinzeit  
Jungsteinzeit
Mittelsteinzeit
Pleistozän Jungpaläolithikum  
Mittelpaläolithikum
Altpaläolithikum
Altsteinzeit
Steinzeit
Urgeschichte

Dieser Artikel gibt einen Überblick über die Ur- und Frühgeschichte Mitteleuropas von der Altsteinzeit bis zum Beginn unserer Zeitrechnung.

Alt- und Mittelsteinzeit

Nachbildung des Unterkiefers von Mauer

Die frühesten Beweise für eine Anwesenheit von Menschen auf dem Gebiet Mitteleuropas, die Quarzit-Artefakte aus der Tongrube Kärlich bei Koblenz, werden auf ein Alter von etwa 700.000 Jahren datiert. Aus der Zeit von vor etwa 600.000 oder 500.000 Jahren stammt der Unterkiefer von Mauer, der zu Homo heidelbergensis gestellt wird. Weitere Funde von Homo heidelbergensis stammen beispielsweise aus Bilzingsleben in (Thüringen), aus Schöningen und Bad Cannstatt, die auf etwa 400.000 bis 250.000 Jahre vor heute datiert werden. Im Gebiet der heutigen Schweiz sind Funde aus der Altsteinzeit relativ selten. Mit dem Neandertaler (im Mousterien) finden sich erste Spuren menschlicher Präsenz in den Alpen.

Menschliche Siedlungsnachweise in Mitteleuropa stammen aus der Zeit vor ca. 300.000 bis 200.000 Jahren ausschließlich aus Warmzeiten. Erst vor etwa 200.000 Jahren ist mit Acheuléen-Fundstellen wie Lübbow, Markkleeberg oder Eythra die erste Besiedlung während einer Abkühlungsphase im Vorfeld der Saaleeiszeit belegt. Damit beginnt die Anpassung des Homo heidelbergensis an die Kaltzeiten und seine Entwicklung zum Neandertaler, der aufgrund seiner eigenständigen Evolution höchstwahrscheinlich nicht zu den direkten Vorfahren des modernen Menschen zählt. Der Neandertaler besiedelte Mitteleuropa bis vor etwa 30.000 Jahren.

Vor etwa 36.000 Jahren ist der Homo sapiens erstmals in Mitteleuropa nachweisbar. Mit ihm beginnt das Jungpaläolithikum. Die Besiedlung durch den modernen Menschen erfolgte durch Jäger und Sammler-Gesellschaften, die vermutlich den großen Tierherden der damaligen Kältesteppen folgten und aus Zentralasien kamen. Man bezeichnet sie als Cro-Magnon-Menschen. Genetisch betrachtet bildeten sie jedoch nicht den Hauptanteil der heutigen Europäer. Einige der ältesten Fundstätten sind das Geißenklösterle und der Hohle Fels bei Blaubeuren sowie der Hohlenstein-Stadel im Lonetal bei Ulm. Die dort gefundenen Kunstwerke (zum Beispiel der Löwenmensch) und Musikinstrumente aus dem Aurignacien gehören zu den ältesten Funden ihrer Art weltweit. Die derzeit ältesten Knochenreste des modernen Menschen in Europa sind in Rumänien gefunden worden und etwa 35.000 Jahre alt (Unterkiefer und Gesichtsreste). Im tschechischen Mladeč (bei Litovel) wurden etwa 31.000 BP alte Schädelreste von zwei etwa 18-jährigen Frauen gefunden, ein Oberkieferfragment eines älteren Mannes und mehrere Zähne zusammen mit bearbeiteten Artefakten. Es folgen die archäologischen Kulturen des Gravettien und Epigravettien. Der Zeitraum des anschließenden Kältemaximums bis vor etwa 20.000 Jahren blieb in den meisten Teilen Mitteleuropas weitgehend menschenleer.

Über weite Abschnitte der Altsteinzeit waren die Alpen fast völlig von Gletschern bedeckt. Eisfrei blieben nur Hochgebirgsterrassen über den Gletschern. Erst während des jüngeren Magdalénien ab etwa 13.000 v. Chr. setzte mit der beginnenden Erwärmung im Gebirge die Wiederbesiedlung ein. Das Paläolithikum endet mit dem Ende der jüngeren Dryas-Phase um 9600 v. Chr. und dem Beginn des Holozäns. Es folgt die Mittelsteinzeit (Mesolithikum).

Noch ist unklar, welche Menschen als eigentliche „Urahnen“ der heutigen mitteleuropäischen Bevölkerung in Frage kommen. Es muss noch mindestens ein bisher unbekanntes Phänomen in der Demografie stattgefunden haben. Dafür kommen zum Beispiel „plötzliche“ erfolgreiche genetische Veränderungen wie die Ablösung der Laktoseintoleranz in den letzten 6000 Jahren oder weitere Migrationswellen steinzeitlicher Jäger und Sammler aus dem Osten in Frage. Die genetische Untersuchung des Erbgutes der Knochenfragmente von 22 Vertretern später Jäger- und Sammlergesellschaften aus Russland, Litauen, Polen und Deutschland (Schwäbische Alb), die vor 15.000 bis 4300 Jahren lebten, zeigt, dass sie eine sehr homogene, einheitliche Gruppe darstellten. Von ihnen stammt der Großteil der heutigen Europäer ab.

Jungsteinzeit

Bandkeramische Gefäße aus Mitteldeutschland

In Pollendiagrammen von mitteleuropäischen Seen und Mooren finden sich Anzeichen für einen beginnenden Ackerbau (beispielsweise am Zürichsee) bereits ab ca. 6900 v. Chr.; sie lassen sich noch nicht mit einer bestimmten archäologischen Kultur verbinden. Mit großer Wahrscheinlichkeit brachten nur sehr wenige Einwanderer aus dem Nahen Osten die neuen Wirtschaftsweisen Ackerbau und Viehhaltung nach Mitteleuropa.

Eine eindeutig belegbare flächendeckende und schnelle Neolithisierung Mitteleuropas (mit Ausnahme des Nord-Ostseeraumes) setzt etwa vor der Mitte des 6. Jahrtausends v. Chr. ein. Sie wird in der Westschweiz von Gruppen getragen, die sich kulturell aus dem Mittelmeerraum herleiten. Wenig später dringen Menschen über die Donauroute aus Südosteuropa nach Nordwesten vor. An die Stelle der mesolithischen Jäger und Sammler und Fischer treten Bauern mit Nutztieren Rind, Schwein, Schaf und Ziege, die primär Emmer und Einkorn anbauen, gebrannte Tongefäße benutzen und geschliffene Steinwerkzeuge verwenden. Die frühen jungsteinzeitlichen Kulturträger sind die Linienbandkeramiker und die Leute der La-Hoguette-Gruppe. Beide sind anhand von Zusammenfunden zumindest teilweise gleichzeitig da, ein früherer Beginn der La-Hoguette-Gruppe kann aber nicht ausgeschlossen werden. Die Kultur von La Hoguette, die mitunter mehr als Viehzüchter- denn als Ackerbaukultur aufgefasst wird, ist fast nur durch ihre Keramik belegt, Haustiere sind bislang nur sporadisch nachgewiesen, was auf eine Agrarstruktur deutet. Ein kultureller Austausch zwischen beiden ist vor allem im westlichen Mitteleuropa belegt.

Der Küstenraum von Nord- und Ostsee ist erst rund 2000 Jahre später vollständig neolithisiert. Die zugehörige Gruppen werden als Trichterbecherkulturen bezeichnet.

Bronze- und Eisenzeit

Die Kelten in Europa
  • Kernbereich nordwestalpine Hallstattkultur (ca. 750–650 v. Chr.)
  • Ausbreitung der späten Hallstattkultur (HaD) um 500 v. Chr.
  • Ausbreitung der keltischen Sprache (3. Jahrhundert v. Chr.)
  • Ab etwa 2000 v. Chr. wird in Mitteleuropa die Metallverarbeitung üblich, zunächst Kupfer und Bronze (Bronzezeit), dann ab etwa 850 v. Chr. auch Eisen (Eisenzeit). Der größte Teil Mitteleuropas gehörte ab der ersten Hälfte des 1. Jahrtausends v. Chr. zum Einflussgebiet der keltischen Kultur.

    Die ältere Eisenzeit wird in Mitteleuropa nach den Funden in einem ausgedehnten Gräberfeld oberhalb des Ortes Hallstatt im Salzkammergut (Österreich) als Hallstattzeit benannt (750–450 v. Chr.). Aufgrund schriftlicher Quellen aus der Antike kann man für diese Zeit vermuten, dass in Süddeutschland, der Schweiz und Teilen Österreichs die Protokelten eingewandert sind. Die Verarbeitung von Eisen und die Erfindung der Töpferscheibe verfeinerten die kulturellen Leistungen der Menschen dieser Zeit. Die politische Macht wurde von einheimischen Fürsten ausgeübt, deren Grabhügel in ganz Mitteleuropa zu finden sind. Die Fürsten der Hallstattzeit verdankten ihren Reichtum sicherlich auch dem Handel und dem Warentransport über die Alpenpässe, wie u. a. die großgriechische Bronzehydria aus einem Grab in Grächwil (Schweiz) aus dem Jahre 570 v. Chr. belegt.

    Die mittlere und jüngere Eisenzeit in Mitteleuropa wird nach dem Fundplatz La Tène am Neuenburgersee in der Schweiz als Latènezeit benannt. (ab ca. 480 v. Chr. bis 40 v. Chr., in mancher Region auch bis Chr. Geb.). Sie entwickelte sich aus der nordwestalpinen Hallstattkultur unter Einfluss aus dem mediterranen Raum als eigenständige Kunst- und Kulturform, die mit den im 5. Jahrhundert in griechischen Quellen genannten Kelten identifiziert wird. Die Latènezeit wird in der Literatur häufig in drei Zeitabschnitte unterteilt:

    Dechelette Reinecke Datierung
    Frühlatène La Tène I La Tène A und B 480 v. Chr. bis 300 v. Chr.
    Mittellatène La Tène II La Tène C 300 v. Chr. bis 100 v. Chr. (regional bis ca. 150 v. Chr.)
    Spätlatène La Tène III La Tène D 150/ 100 v. Chr. bis Chr. Geb.

    Kulturelle Elemente der Latènezeit werden im heutigen französischen (Frankreich), deutsch-französischen (Schweiz) und deutschen Kulturraum (Österreich und im mittleren und westlichen Deutschland) gefunden. Abwandlungen kommen gelegentlich auch in Nordwestdeutschland vor. Einzelne Einflüsse reichen weiter auf den Balkan.

    Die früher verbreitete Gleichsetzung von Germanen und Deutschen wird in der heutigen Forschung nicht mehr aufrecht erhalten. Einerseits trugen auch nichtgermanische Ethnien zur Herausbildung des deutschen Volks bei, andererseits zählen Germanen auch zu den Vorfahren nicht-deutscher Völker. Die Gleichsetzung bestimmter frühgeschichtlicher Völker mit heutigen im Allgemeinen ist nicht haltbar. Ursprünglich an der westlichen Ostsee beheimatet, drangen die Germanen seit etwa 200 v. Chr. in die damals noch keltischen Gebiete Mittel- und Süddeutschlands vor.

    Wanderzüge der Kimbern und Teutonen

    Ins Licht der Geschichte traten sie gegen Ende des 2. Jahrhunderts v. Chr., als die nordgermanischen Stämme der Kimbern und Teutonen von Jütland aus bis auf das Gebiet des Römischen Reichs vordrangen. Nachdem sie mehrere Legionen geschlagen hatten (113 v. Chr. in der Schlacht bei Noreia und 105 v. Chr. in der Arausio (Orange)), besiegte sie der römische Feldherr Marius in den Jahren 102 und 101 v. Chr. in den Schlachten von Aquae Sextiae (Aix-en-Provence) und Vercellae (Vercelli).

    Römisches Reich

    Die keltische und rätische Besiedlung der heutigen Schweiz zur Zeit Cäsars

    Mit der Eroberung Galliens durch Julius Caesar zwischen 58 und 50 v. Chr. wurde der Rhein zur Nordostgrenze und die Germanen zu direkten Nachbarn des Römischen Reiches. Die unter Kaiser Augustus versuchte Eroberung der von Germanen besiedelten Gebiete bis zur Elbe wurde nach der Schlacht im Teutoburger Wald im Jahr 9 n. Chr. abgebrochen.

    Die Gebiete westlich des Rheins und südwestlich des Grenzwalls Limes wurden den römischen Provinzen Germania inferior (Niedergermanien), Germania superior (Obergermanien) und Raetia (Rätien) zugeschlagen. Das Gebiet östlich davon nannten die Römer Germania libera (freies Germanien). Die erste umfassende Beschreibung Germaniens gab der römische Historiker Tacitus um das Jahr 98 in seiner Schrift Germania.

    Die ins Römische Reich einbezogenen Gebiete Germaniens bildeten in den folgenden Jahrhunderten einen Teil der antiken Welt. Die keltisch-germanische Urbevölkerung wurde weitgehend romanisiert. Mit Augsburg, Kempten (Allgäu), Koblenz, Köln, Mainz, Regensburg, Trier und Xanten entstanden damals die ältesten Städte Deutschlands. Trier stieg in der Spätantike sogar zur Kaiserresidenz auf. Nach vermehrten Germaneneinfällen infolge der Reichskrise des 3. Jahrhunderts gaben die Römer 260 den Limes auf und verlegten die Grenze zur Germania magna auf ganzer Länge an den Rhein zurück, bevor diese im Zuge der Völkerwanderung zusammenbrach.

    Zeitliche und geologische Einordnung

    Die folgende Leiste gibt einen Überblick darüber, wie die Ur- und Frühgeschichte Mitteleuropas zeitlich einzuordnen ist:

    Siehe auch

    Literatur

    Überblickswerke

    • Andres Furger, Calista Fischer, Markus Höneisen (Hrsg.): Die ersten Jahrtausende. Die Schweiz von den Anfängen bis zur Eisenzeit. Archäologie und Kulturgeschichte der Schweiz. Bd. 1. NZZ Verlag, Zürich 1998, ISBN 3-85823-721-3

    Paläolithikum, Mesolithikum

    Neolithikum

    Metallzeitalter