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vom 02.06.2022, aktuelle Version,

Wilhelm Grewe

Das Grab von Wilhelm Grewe auf dem Friedhof Thomasberg in Königswinter

Wilhelm Georg Grewe (* 16. Oktober 1911 in Hamburg; † 11. Januar 2000 in Bonn[1]) war ein deutscher Rechtswissenschaftler und Diplomat. Er lehrte als Professor des Völkerrechts. Er ist Verfasser des Standardwerks Epochen der Völkerrechtsgeschichte (1984). Von ihm stammt die Idee der so genannten Hallstein-Doktrin.

Akademische Laufbahn

In Hamburg geboren, studierte Grewe nach dem Abitur von 1930 bis 1934 Rechtswissenschaft in Hamburg, Berlin, Freiburg und Frankfurt am Main. 1933 wurde er Mitglied der NSDAP.[1] Nach seinem Referendarexamen war er Assistent von Ernst Forsthoff an der Universität Hamburg und promovierte 1936 mit einer Doktorarbeit zum Thema Gnade und Recht. Von 1936 bis 1937 war er an der Universität Königsberg und von 1937 bis 1939 am Deutschen Institut für außenpolitische Forschung in Berlin tätig, wo er die Abteilung Internationales Recht leitete. 1937 publizierte er die Abhandlung Wehrbereitschaft und Verfassungsrecht.[1] 1939 legte Grewe in Berlin sein Assessorexamen ab und lehrte als Dozent für Völkerrecht und Staatsrecht an der gleichgeschalteten Deutschen Hochschule für Politik in Berlin,[1] die ab 1940 in die neue Auslandswissenschaftliche Fakultät der Friedrich-Wilhelms-Universität in Berlin integriert wurde. Thema seiner Vorlesungen waren die Rechtsgrundlagen der Außenpolitik.

Den Beginn des Krieges gegen die Sowjetunion im Jahr 1941 verstand Grewe als „große weltgeschichtliche Mission“.[2] Im selben Jahr habilitierte sich Grewe mit einer Schrift, die später Teil seines Buches Epochen der Völkerrechtsgeschichte werden sollte. Ab 1943 hatte er einen Lehrstuhl für Rechtswissenschaften inne.

Nach dem Zweiten Weltkrieg war Grewe von 1945 bis 1947 Ordinarius für öffentliches Recht und Völkerrecht an der Georg-August-Universität Göttingen und wurde ab 1947 für diese Fächer als Ordinarius an die Universität Freiburg im Breisgau berufen.[3]

Grewe hat zahlreiche Bücher und Aufsätze verfasst, die nicht nur auf eine juristische Sicht beschränkt sind, sondern gleichzeitig auch historische und politische Aspekte berücksichtigen. Sein Hauptwerk bleiben die Epochen der Völkerrechtsgeschichte, die 1984 erstmals erschienen (geschrieben 1944, ergänzt um ein Kapitel zur Nachkriegszeit, doch ohne ein Wort über den Völkermord[4]). Von 1988 bis 1995 edierte er in Zusammenarbeit mit dem Institut für Internationales Recht an der Freien Universität Berlin vier Quellenbände zu den Institutionen des Völkerrechts und seiner Geschichte bis in die heutige Zeit.

Politische Laufbahn

Konrad Adenauer, Bundeskanzler seit September 1949, berief Grewe als Völkerrechtsexperten in seinen Beraterstab. Dadurch erhielt Grewe wesentlichen Einfluss auf die Außenpolitik der Nachkriegszeit (zumal Adenauer ab dem 15. März 1951 in Personalunion auch das Amt des Außenministers innehatte). 1953 wurde Grewe kommissarischer Leiter der Rechtsabteilung, 1955 als Ministerialdirektor[5] der Leiter der politischen Abteilung des Auswärtigen Amtes und Mitbegründer der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP)[6].

Von 1951 bis 1955 leitete Grewe die deutsche Delegation und prägte maßgeblich die Verhandlungen um die Beendigung des Besatzungsstatuts, die zur Unterzeichnung des Generalvertrages/Deutschlandvertrags führten. Dadurch wurden die Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland zu den USA, zu Großbritannien und Frankreich völkerrechtlich abgesichert, in Art. 7 dieses Vertrages wurde das Ziel der Wiedervereinigung Deutschlands ausdrücklich festgelegt. Grewe hatte außerdem wesentlichen Anteil an der Ausarbeitung und Formulierung der Hallstein-Doktrin.

Ab 1958 wurde Grewe deutscher Botschafter, zunächst bis 1962 in Washington, D. C., danach bis 1971 Ständiger Vertreter beim NATO-Rat in Paris und Brüssel, anschließend bis 1976 in Tokio.[7] und ab 1974 zugleich für die Mongolische Volksrepublik.

Grewe wurde mit dem Großen Bundesverdienstkreuz mit Stern ausgezeichnet.[1] 1957 erhielt er das Große Goldene Ehrenzeichen mit dem Stern für Verdienste um die Republik Österreich.[8] Zum 70. Geburtstag erschien eine Grewe gewidmete Festschrift mit dem Titel Im Dienste Deutschlands und des Rechts.

Schriften

  • Deutsche Außenpolitik der Nachkriegszeit. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1960.
  • Spiel der Kräfte in der Weltpolitik. Theorie und Praxis der internationalen Beziehungen (= Ullstein Buch. Band 33018). Econ Verlag, Berlin 1970, ISBN 3-548-33018-5.
  • Rückblenden: 1976–1951. Propyläen, Frankfurt am Main / Berlin / Wien 1979, ISBN 3-549-07387-9.
  • Epochen der Völkerrechtsgeschichte. Nomos, Baden-Baden 1984 (2. unveränderte Aufl. 1988), ISBN 3-7890-1608-X.
  • Die Jahre der Entscheidung – Von der Besatzungsherrschaft zur Souveränität der Bundesrepublik Deutschland. In: Manfred Funke (Hrsg.): Entscheidung für den Westen: Vom Besatzungsstatut zur Souveränität der Bundesrepublik 1949–1955. Bouvier, Bonn 1988, ISBN 3-416-04007-4, S. 93–113.
  • Machtprojektionen und Rechtsschranken. Essays aus vier Jahrzehnten über Verfassungen, politische Systeme und internationale Strukturen. Nomos, Baden-Baden 1991, ISBN 3-7890-1984-4.

Literatur

Einzelnachweise

  1. 1 2 3 4 5 Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. Fischer Taschenbuch Verlag, Zweite aktualisierte Auflage, Frankfurt am Main 2005, ISBN 978-3-596-16048-8, S. 200.
  2. Monatsschriften für Auswärtige Politik, Jg. 1941, S. 749.
  3. Bardo Fassbender: Stories of War and Peace: On writing the History of International Law in the ‘Third Reich’ and After. In: European Journal of International law, Vol. 13 (2002), Nr. 2, S. 479–512 (PDF; 212 kB).
  4. Annette Weinke: Die Volksgemeinschaft wird Republik. In: Die Zeit 40/2009, S. 94.
  5. Grewe Wilhelm Carl Georg. Landesarchiv Baden-Württemberg, abgerufen am 5. Februar 2022.
  6. Die Geschichte der DGAP
  7. Wilhelm Grewe: Rückblenden. Propyläen, 1979, ISBN 3-549-07387-9.
  8. Aufstellung aller durch den Bundespräsidenten verliehenen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich ab 1952 (PDF; 6,9 MB)
Vorgänger Amt Nachfolger
Gebhardt von Walther Ständige Vertreter zum NATO-Rat der Bundesrepublik Deutschland
1962–1971
Franz Krapf