Wir freuen uns über jede Rückmeldung. Ihre Botschaft geht vollkommen anonym nur an das Administrator Team. Danke fürs Mitmachen, das zur Verbesserung des Systems oder der Inhalte beitragen kann. ACHTUNG: Wir können an Sie nur eine Antwort senden, wenn Sie ihre Mail Adresse mitschicken, die wir sonst nicht kennen!
unbekannter Gast
Dies ist Version . Es handelt sich nicht um die aktuelle Version und kann folglich auch nicht geändert werden.
[Zurück zur aktuellen Version]    [Diese Version wiederherstellen]
vom 11.07.2012, aktuelle Version,

Zum Sperl

Ballveranstaltung im Sperlsaal

Zum Sperl war der Name eines Tanzlokals in der Wiener Vorstadt Leopoldstadt, seit 1850 im 2. Wiener Gemeindebezirk, das im Biedermeier mit prominenten Musikern seine große Zeit hatte. Es befand sich an der heutigen Adresse Kleine Sperlgasse 2c.

Geschichte

Zur Zeit der Napoleonischen Kriege wurden in Wien einige Tanzlokale eröffnet, darunter der „Apollosaal“ in der Vorstadt Neubau und der „Goldene Strauß“ in der Vorstadt Josefstadt. Ihren Höhepunkt erfuhren sie nach Kriegsende während des Wiener Kongresses 1814 / 1815.[1]

Vorbesitzer des Lokals seit 1701 war der kaiserliche Jäger Johann Georg Sperlbauer, der hier im 18. Jahrhundert das Wirtshaus „Zum Sperlbauer“ betrieb, das auch in der Folge für das „Sperl“ namensgebend blieb.

Johann Georg Scherzer, Lithographie von Josef Kriehuber, 1840

Ab 1802 führte Johann Georg Scherzer (1776–1858), 1819 Mitgründer der Ersten österreichischen Spar-Casse, das Lokal (seine Frau war eine Enkelin Johann Georg Sperlbauers). Er kaufte es im Jahr 1806 und baute es 1807 um. Scherzer ließ die Gassenfront nach vorn erweitern, legte im hinteren Teil einen Gastgarten an und ergänzte das Lokal um einen Tanzsaal. Die Eröffnung fand am 29. September 1807 statt.[2]

Durch das Auftreten von Musikern wie Michael Pamer, Joseph Lanner und Johann Strauss Vater wurde das Etablissement sehr beliebt und zählte zu den populärsten Vergnügungsstätten Wiens. Johann Strauss Vater widmete dem Lokal 1830 Sperls Festwalzer (op 30),[3] 1831 den Sperl-Galopp (op 42) und 1839 die Sperl-Polka (op 133).[4] Ferdinand Raimund machte durch ein Lied in seiner Zauberposse Der Diamant des Geisterkönigs Werbung für das Lokal. Scherzer erweiterte den Betrieb um einen weiteren Saal, der „Fortuna-Saal“ genannt wurde und am 9. Jänner 1834 eröffnet wurde; Strauss hatte zu diesem Anlass den Fortuna-Galopp komponiert. Das Sperl war so beliebt, dass jedes Jahr im Fasching 20 bis 30 Bälle abgehalten wurden.

1835 verpachtete Scherzer das Lokal an seine Söhne Johann Georg Scherzer (der Jüngere, 1811–nach 1859) und Josef Leonhard Scherzer (1813–1845). 1839 wurde das Sperl im Stil der Pariser Säle umgestaltet und galt als besonders vornehmes Etablissement. Johann Georg jun. trennte sich 1837 geschäftlich von seinem Bruder; der Vater übernahm nun den Betrieb wieder selbst und verpachtete ihn 1843. 1849 trat Johann Strauss Vater hier zum letzten Mal vor seinem Tod öffentlich auf.

1857 verkaufte Scherzer sen. das Etablissement kurz vor seinem Tod. Es verkam in der Folge zu einer Unterhaltungsstätte der zwielichtigen Gesellschaft und zum Treffpunkt der Halbwelt.[5] 1873 wurde das Sperl geschlossen und abgerissen. An seiner Stelle wurde 1876 / 1877 das kommunale Gymnasium auf der Sperlrealität, 1898 k.k. Staatsgymnasium, erbaut. 1938 wurden alle jüdischen Schüler, das war die große Mehrheit, ausgeschlossen. 1946 wurde das Bubengymnasium verlegt, das Gebäude einem 1947 einziehenden Mädchengymnasium übergeben. Heute heißt die Schule, seit 1978 auch für Buben offen, Sperlgymnasium.[6]

Sonstiges

Die Kleine Sperlgasse und die Große Sperlgasse wurden 1862 nach dem Lokal benannt, die Scherzergasse 1875 nach dem Gründer. Bis dahin hieß (z.B. auf dem Vasquez-Stadtplan um 1830) die Kleine Sperlgasse einfach Sperlgasse, die Große Sperlgasse Herrengasse.

Einzelnachweise

  1. Der Tanzsaal „Zum Sperl“ auf den Seiten von aeiou. Abgerufen am 2. Jänner 2011.
  2. Thomas Mally, Robert Schediwy: Wiener Spurensuche: Verschwundene Orte erzählen. Lit Verlag, Wien 2007, 2. Aufl., ISBN 978-3825886332, S. 65f
  3. Johann Strauss Quartett Wien: Programmvorschläge: Programm B.. Abgerufen am 2. Jänner 2011.
  4. Siehe Johann Strauss Vater, Abschnitt Werke: Polka
  5. Scherzer, Johann Georg d. Ä.. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 10, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1994, ISBN 3-7001-2186-5, S. 92 f. (Direktlinks auf S. 92, S. 93).
  6. Website des Sperlgymnasiums

Literatur