Zwergplanet
Zwergplaneten sind eine von der Internationalen Astronomischen Union (IAU) am 24. August 2006 in Prag definierte Klasse von Himmelskörpern im Sonnensystem. Seit 2008 wurden fünf Himmelskörper offiziell als Zwergplaneten klassifiziert, es gibt jedoch einige hundert weitere Zwergplanetenkandidaten im Sonnensystem, die noch als Zwergplaneten klassifiziert werden könnten.
Definition
Abgrenzung
Die Kategorie Zwergplanet ist eine der insgesamt drei folgenden Kategorien, welche die IAU für die Objekte des Sonnensystems, ausgenommen Satelliten (Monde), festgelegt hat:[1][2]
- Ein Planet ist ein astronomisches Objekt, das
- sich auf einer Bahn um die Sonne befindet,
- über eine ausreichende Masse verfügt, um durch seine Eigengravitation eine annähernd runde Form (hydrostatisches Gleichgewicht)[3] zu bilden, und
- die Umgebung seiner Bahn bereinigt hat (siehe planetarische Diskriminante).
- Ein Zwergplanet hat dieselben Eigenschaften wie ein Planet, außer dass er seine Bahn nicht bereinigt hat.
- Kleinkörper sind alle anderen Objekte (die meisten Asteroiden, transneptunischen Objekte (TNOs), Kometen und andere Kleinkörper des Sonnensystems), mit Ausnahme der Satelliten, die sich auf einer Bahn um die Sonne befinden.
Plutoiden sind eine Unterklasse der Zwergplaneten, die auf Umlaufbahnen außerhalb der Neptunbahn um die Sonne kreisen und somit zu den transneptunischen Objekten (TNO) zählen.
Kritik an der Definition
Die Abgrenzung zwischen Planeten und Zwergplaneten ist umstritten, weil sich immer wieder Kritiker melden, die das Kriterium der bereinigten Umgebung anders auslegen. So hat beispielsweise die Erde, klassifiziert als Planet, immer noch etwa zehntausend Objekte in ihrer Bahn. Auch in Jupiters Orbit befinden sich noch viele Objekte (Trojaner). Erde und Jupiter haben ihre Bahnen jedoch insofern freigeräumt, als das Massenverhältnis von Hauptkörper zu den restlichen Körpern im selben Orbit so groß ist, dass der Masseanteil der restlichen Körper im Orbit dieser Planeten verschwindend gering ist; es beträgt beispielsweise im Falle der Erde lediglich 1 : 1.700.000 und beim Jupiter 1 : 625.000.
Die IAU-Definition bezieht sich bislang ausschließlich auf das Sonnensystem und nicht generell auf Planetensysteme. Auch das ist ein Kritikpunkt.
Eine im November 2021 von Metzger et al. veröffentlichte Studie[4] äußert umfassende Kritik an der bisherigen Planetendefinition. Die Autoren „plädieren für die Übernahme einer geophysikalischen Planetendefinition[5]. Der zufolge sind Planeten substellare Objekte, in denen nie eine [globale] Kernfusion gezündet hat und die über ein hydrostatisches Gleichgewicht verfügen.“[6] Das würde allerdings auch (mindestens) 19 größere Monde, die fünf bisherigen Zwergplaneten (darunter Pluto und Ceres), 19 Zwergplanetenkandidaten sowie eine unbekannte Anzahl weiterer transneptunischer Objekte (wieder) zu Planeten aufwerten.[6][7][8][9]
Begriffsgeschichte
Die ursprüngliche Bezeichnung Plutone für eine neue Unterklasse der Zwergplaneten, welche jenseits des Neptun um die Sonne laufen, stieß vor allem in der Gemeinde der Geoforscher, die den Begriff bereits anderweitig verwenden (siehe Pluton (Geologie)), auf Widerspruch und wurde verworfen. Aber auch die latinisierte Form Plutoiden, ein Vorschlag von Mitgliedern des IAU-Komitees für Benennung kleiner Himmelskörper, konnte sich vorerst nicht durchsetzen; die zunächst namenlose Unterklasse wurde aber trotzdem geschaffen. Im Juni 2008 hat das Exekutivkomitee der IAU auf seiner Sitzung in Oslo diese Unterklasse schließlich doch mit Plutoiden bezeichnet.[10]
Klassifizierte Zwergplaneten
Üblicherweise werden astronomische Objekte von den Wissenschaftlern klassifiziert, die sie entdeckt oder weiter gehend untersucht haben. Für die Zwergplaneten hingegen hat sich die IAU das alleinige Recht vorbehalten, zu bestimmen, welche Objekte zu dieser Klasse gehören.[11]
Seit der Definition der Klasse der Zwergplaneten wurden fünf Himmelskörper von der IAU als Zwergplaneten eingestuft.[12] Die Daten der Objekte sind in der Liste der Zwergplaneten des Sonnensystems aufgeführt.
Zwergplanet im Asteroidengürtel
- Ceres
- Mit einem kugelförmigen und planetenartigen Aufbau und einem Äquatordurchmesser von 963 km ist Ceres der einzige Zwergplanet im Asteroidengürtel, weil sie eine ausreichende Masse für ein hydrostatisches Gleichgewicht besitzt. Im Gegensatz dazu sind die zahlreichen anderen Asteroiden nur unregelmäßig geformte Felsbrocken. Ceres wurde nach der Entdeckung durch Giuseppe Piazzi im Jahre 1801 zunächst als Planet klassifiziert. Bis zur Entdeckung von Neptun im Jahre 1846 wurden Pallas, Juno, Vesta und Astraea entdeckt, die damals als vollwertige Planeten zählten. Damit gab es im Jahre 1846 insgesamt 13 Planeten. Weil ab 1847 laufend neue Objekte zwischen Mars und Jupiter entdeckt wurden, führten Astronomen 1851 die neue Kategorie der Asteroiden (Planetoiden) ein. Ceres, Pallas, Juno, Vesta und Astraea wurden seitdem als Asteroiden geführt, die Zahl der großen Planeten belief sich danach wieder auf acht.
Transneptunische Zwergplaneten (Plutoiden)
- Pluto
-
Er wurde 1930 von
Clyde Tombaugh am
Lowell-Observatorium in
Flagstaff (
Arizona) entdeckt und galt 76
Jahre lang als neunter Planet des Sonnensystems. Er hat einen Äquatordurchmesser von 2374
km und verfügt über fünf Monde, wovon der größte,
Charon, den halben Plutodurchmesser hat.
Am 24. August 2006 wurde ihm von der IAU jedoch der Status eines vollwertigen Planeten aberkannt, weil er nicht wie die anderen großen Planeten das dominierende Objekt in seiner Umlaufbahn ist. Auch ist seine Bahn um die Sonne stark geneigt und zeigt eine große Exzentrizität. Zudem wurde mit Eris ein Objekt entdeckt, das zunächst größer als Pluto zu sein schien, weswegen beide in die neue Kategorie der Zwergplaneten eingestuft wurden. [13]
- Eris
- Das am 29. Juli 2005 bekannt gemachte Objekt Eris ist mit einem Äquatordurchmesser von 2326 km minimal kleiner und etwas schwerer als Pluto. Weil beide Objekte ähnliche Eigenschaften aufweisen, wäre eine Zuweisung in unterschiedliche Kategorien nicht sinnvoll gewesen, weshalb sie beide in die neue Kategorie der Zwergplaneten eingeordnet wurden.
- Makemake
- Am 14. Juli 2008 wurde dem Kuipergürtel-Objekt 2005 FY 9 mit einem Äquatordurchmesser von 1502 km der Name Makemake und der Status eines Zwergplaneten zugewiesen. [14]
Kandidaten
Nach Schätzung von Mike Brown erfüllen mehrere Hundert Objekte die Kriterien als Zwergplaneten, darunter Gonggong, Quaoar, Sedna, 2002 MS4, Orcus, Salacia oder Varuna und viele weitere transneptunische Objekte.[11][7] Nach neuen Erkenntnissen der Europäischen Südsternwarte in Chile, ist der Asteroid (10) Hygiea im Hauptgürtel mit etwa 430 Kilometern Durchmesser ebenfalls als Zwergplanet einzustufen. Die IAU arbeitet an der Einstufung weiterer Zwergplaneten. Die Zwergplanetenkandidaten werden auf einer Beobachtungsliste geführt. Derzeit reichen die Beobachtungen für diese Objekte noch nicht aus, um sicherstellen zu können, dass sie sich im hydrostatischen Gleichgewicht befinden.
Siehe auch
Literatur
- Silvia Protopapa: Surface characterization of Pluto, Charon and (47171) 1999 TC36. Dissertation, Technische Universität Braunschweig 2009, 143 Seiten (englisch). Copernicus Publishing, Katlenburg-Lindau 2009, ISBN 978-3-936586-96-1.
Weblinks
- Pressemitteilung der IAU über die Planetendefinition (englisch)
- Zwangsabstieg für Pluto – Artikel bei faz.net
- Kritik an der neuen Planetendefinition – Meldung bei heise.de
Einzelnachweise
- ↑ Resolutions B5 and B6: "Definition of a Planet in the Solar System" AND "Pluto". (PDF) International Astronomical Union, 24. August 2006, abgerufen am 22. März 2020 (englisch).
- ↑ International Astronomical Union | IAU. Abgerufen am 24. Mai 2022.
- ↑ Mit anderen Worten: über eine Gestalt, die näherungsweise durch ein dreiachsiges Ellipsoid beschrieben werden kann,
- ↑ Philipp T. Metzger et al.: Moons are planets: Scientific usefulness versus cultural teleology in the taxonomy of planetary science. In: Icarus. Band 374, 1. März 2022, S. 114768, doi:10.1016/j.icarus.2021.114768.
- ↑ K. D. Runyon et al.: A geophysical planet definition. In: Lunar and Planetary Science 48 (2017). Digitalisat
- 1 2 heise online: Pluto doch ein Planet? – Neue Kritik an "Degradierung". Abgerufen am 24. Mai 2022.
- 1 2 Michael E. Brown: How many dwarf planets are there in the outer solar system? (updates daily). Abgerufen am 23. Mai 2022 (englisch).
- ↑ Grundy et al. (2019). Mutual orbit orientations of transneptunian binaries. In: Icarus (Journal) 334, S. 62–78.
- ↑ Every round object in the solar system under 10,000 kilometers in… Abgerufen am 24. Mai 2022 (englisch).
- ↑ IAU 2008: Plutoid chosen as name for Solar System objects like Pluto. 11. Juni 2008, Paris
- 1 2 Michael E. Brown: Free the dwarf planets! (Nicht mehr online verfügbar.) In: Mike Brown's Planets. 23. August 2011, ehemals im Original; abgerufen am 20. November 2021. (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven)
- ↑ IAU names fifth dwarf planet Haumea. 17. September 2008, abgerufen am 4. September 2012.
- ↑ http://web.gps.caltech.edu/~mbrown/dps.html
- ↑ IAU 2008: Fourth dwarf planet named Makemake. 17. Juli 2008, Paris
- ↑ IAU 2008: IAU names fifth dwarf planet Haumea. 17. September 2008, Paris
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Image Description | Credit | Artist | License Name | File |
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Dwarf planet Ceres photographed by NASA's Dawn spacecraft from a distance of nearly 46000 km. Cropped and bicubic interpolated version of PIA19185. | http://photojournal.jpl.nasa.gov/catalog/PIA19185 | NASA/JPL-Caltech/UCLA/MPS/DLR/IDA | Datei:Ceres RC2 Bright Spot.jpg | |
The Wikimedia Commons logo, SVG version. | Original created by Reidab ( PNG version ) SVG version was created by Grunt and cleaned up by 3247 . Re-creation with SVG geometry features by Pumbaa , using a proper partial circle and SVG geometry features. (Former versions used to be slightly warped.) | Reidab , Grunt , 3247 , Pumbaa | Datei:Commons-logo.svg | |
Dwarf planet Eris and its moon Dysnomia (unannoted) | http://hubblesite.org/newscenter/archive/releases/2007/24/image/b/ | NASA, ESA, and M. Brown (California Institute of Technology) | Datei:Eris and dysnomia.jpg | |
Haumea and its satellites, imaged on June 30, 2015 by the Hubble Space Telescope | From 28x39s WFC3 exposures (images ico803sxq - ico803tmq), in public domain since 2016-05-13. Darin Ragozzine, Florida Institute of Technology: The Intriguing Formation of Haumea's Satellites (HST Proposal 13873) | Renerpho | Datei:Haumea Hubble.png | |
Die größten bekannten transneptunischen Objekte mit ihren bekannten Monden | Eigenes Werk | Antonsusi using an image of Lexicon | Datei:LargestTNOs-de.png | |
Dwarf planet Makemake with its moon MK 2 | https://www.nasa.gov/feature/goddard/2016/hubble-discovers-moon-orbiting-the-dwarf-planet-makemake | NASA/ESA | Datei:Makemake with moon.JPG | |
Pluto photographed by the LORRI and Ralph instruments aboard the New Horizons spacecraft | solarsystem.nasa.gov | NASA/JHUAPL/SWRI | Datei:Pluto by LORRI and Ralph, 13 July 2015.jpg | |
Major Solar System objects. Sizes of planets and Sun are roughly to scale, but distances are not. This is not a diagram of all known moons – small gas giants' moons and Pluto's S/2011 P 1 moon are not shown. | Übertragen aus en.wikipedia nach Commons durch Robert.Baruch mithilfe des CommonsHelper . | Der ursprünglich hochladende Benutzer war auf / Later version(s) were uploaded by NuclearVacuum at en.wikipedia . | Datei:Solar System Template Final.png | |
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