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Marktgemeinde Turnau#

Marktgemeinde Turnau
Marktgemeinde Turnau
Bild 'wappen_turnau'
Wenn man vom Mürztal nach Turnau fährt, wird man den Weg von St. Lorenzen über den Poguschsattel wählen. Dieser alte Übergang war auch einer der ersten Wege, den die bairischen Siedler nahmen, als sie ins Aflenztal vordrangen. Nach der slawischen Siedlungsnahme im 8. Jh. kam die Gegend im 9- Jh. unter die Obrigkeit des Fränkischen Reiches von Karl dem Großen. Er ging nun daran, Grafschaften zu gründen und an geeigneter Stelle große Gutshöfe zu errichten, die rasch zum wirtschaftlichen Mittelpunkt des Umlandes wurden. Ein solches Zentrum dürfte auch St. Lorenzen i. M. dargestellt haben. St. Lorenzen wurde zum Ausgangspunkt der Missionierung und Kolonisierung des Aflenztales. Der Zugang über Einöd und Thörl war damals allerdings noch zu unwegsam, die einzige Möglichkeit, das Tal zu erreichen, war der Weg über den Poguschsattel. So liegt Turnau an einem uralten Weg, der die ersten deutschen Siedler ins Aflenztal brachte. Auch später, als das Thörler Tal längst passierbar war, war Turnau wieder Schnittpunkt, diesmal für Pilgerwege, die sich, aus dem Mürztal kommend, in Turnau trafen und von hier weiter nach Aflenz und über Seewiesen nach Mariazell führten.
Hauptplatz von Turnau um die Jahrhundertwende
Hauptplatz von Turnau um die Jahrhundertwende

Die erste Nennung von Turnau als Turnou finden wir 1268. Bereits 1390 hat sich Turnau zu einem stattlichen Bauerndorf entwickelt, in dem auch ein Schmied, zwei Weberinnen und ein Müller als Handwerker „bürgerlichen" Charakter ins Dorfgefüge brachten. 100 Jahre später finden wir in Turnau noch zwei weitere Mühlen, einen Hammer, einen Stockhammer und ein Blashaus, in dem Blasbälge Luft in die Öfen bliesen. Die Eisen verarbeitende Industrie mit vielen kleinen Betrieben hat Einzug gehalten und erlebte eine kurze Blüte, ehe mit dem Aufschwung der großen Waffenschmiede in Thörl die Hämmer in Au und in Turnau an Bedeutung verloren. Heute ist Turnau, das I960 zum Markt erhoben wurde, ein Fremdenverkehrsort, der sowohl im Sommer wie im Winter den Gästen viel zu bieten hat. Im Gegensatz zum oft schroffen Hochgebirge zwischen Thörl und Aflenz erwartet uns hier ein breites, ruhiges Hochtal, eine sanfte Mittelgebirgslandschaft. Auch die höchsten Kämme, die das Auge erreicht, haben ruhige Formen und sind bis hinauf mit Wäldern bewachsen. Niemand Geringerer als Peter Rosegger beschrieb diese Landschaft einmal mit folgenden Worten: Es ist nicht eines jener Alpentäler, welchem die hohen Berge nur einen schmalen Streifen Himmels gönnen, es hat nicht nur großartige Naturszenerien; lieblich, sonnig, mit gesundem Klima und anmutsreich ist es eine heitere Heimstätte für Menschen.

Pfarrkirche Turnau#

Bild 'turnau_kirche'
Weithin sichtbar ist der spätgotische Turm der auf einem kleinen Hügel erbauten Pfarrkirche. Als Nachfolgekirche eines älteren Baus wurde sie um 1500 erbaut. Aus dieser frühen Zeit stammt das Fresko des heiligen Christopherus an der Südwand. Eine Kostbarkeit ist auch die spätgotische Madonna mit Jesuskind, die sich in der Nische über der Sakristeitür befindet. Das aus der Mitte des 15. Jh.s stammende Kunstwerk dürfte aus steirischer Schnitzschule stammen. Um 1700 erfuhr die Kirche eine barocke Umgestaltung, insbesondere die beiden Altäre und die Kanzel wurden in barocke Form gebracht. Hinter dem reich vergoldeten Hochaltar erhebt sich der Aufbau um die Statue des Pfarrpatrons Jakobus des Älteren. Er ist umgeben von vier Statuen, dem hl. Lambertus, dem Apostel Simon mit der Säge, dem Apostel Judas mit dem Buch und dem hl. Benedikt. Sie stammen aus der Werkstatt von Veit Königer, einem bedeutenden Bildhauer des Spätbarocks, der neben den Altären des Grazer Doms und der Basilika Maria Trost auch Skulpturen für Schloss Schönbrunn schuf. Bemerkenswert ist auch ein Gemälde von Joseph Adam von Mölck, einem gefragten Fresken- und Tafel-maler seiner Zeit, das Maria als Fürbitterin zeigt.

Die Himmelreichkapelle und Steirereck#

Himmelreichkapelle - Das Wirtshaus Steirereck, am Pogusch gelegen, ist ein beliebtes Ausflugsziel in der Region
Himmelreichkapelle - Das Wirtshaus Steirereck, am Pogusch gelegen, ist ein beliebtes Ausflugsziel in der Region
Eine besondere Andachtsstätte ist die Kapelle am Himmelreichkogel. Anlässlich einer Pestepidemie gelobte die Bevölkerung die Errichtung eines Marterls mit einer Marienstatue. 1634 brach eine Seuche aus und nach dem neuerlichen Gelöbnis wurde anstelle des Marterls eine Kapelle errichtet. 1831 wurde die Holzkapelle renoviert, 1835 vergrößert und gemauert und 1965 und 1988 erfolgten neuerliche Renovierungen. Das schmucke und religiöse Kleinod erfreut sich bei den regelmäßigen Rosenkranzandachten und fallweisen Gottesdiensten während der Sommermonate bei der Pfarrbevölkerung von St. Lorenzen, Turnau und Aflenz großer Beliebtheit.

Die „Alte Schmiede"#

Hammerwerke in Seebach
Hammerwerke in Seebach

Hammerwerke in Seebach - Die 'Alte Schmiede'
Hammerwerke in Seebach - Die "Alte Schmiede"

Nach Angaben des Besitzers wurde die „Alte Schmiede" bereits 1390 erwähnt. Sie verfügte über zwei Wasserräder, eines davon trieb den großen Schwarzhammer (oder Zainhammer) an. Die Wasserräder wurden 1930 durch eine Turbine ersetzt und sind  heute leider nicht mehr zu sehen. Noch im 19. Jh. wurden Werk  zeuge für den nahe gelegenen Hochofen in Greith geschmiedet, wo z. B. im Jahr 1870 fünfzehn Arbeiter ca. 5 300 Zentner Roheisen erzeugten. Heute befindet sich in der Schmiede ein Speiselokal, aber auf Wunsch wird die alte Esse gerne wieder in Betrieb genommen und das eine oder andere Stück geschmiedet.

Gipsmühle in der Au#

Gipsmühle
Gipsmühle
Die Turnauer Gipsmühle stand auf dem Gelände der heutigen Tankstelle Trois-Steiner. Gips, der in der Dullwitz gebrochen wurde, ist hier zu Gipspulver verarbeitet worden. Gemeinsam mit dem Göriacher Kohlenbergbau und der Spitzenfabrik, einem ehemals Metall verarbeitenden Betrieb, in dem später Wäsche und Vorhangspitzen hergestellt wurden, stellt die Gipsmühle eines dieser drei größeren Industriebetriebe im alten Turnau dar.

Hochofen Greith#

Hochofen Greith
Hochofen Greith
Bereits im ausgehenden Mittelalter sind eine Reihe von Eisen verarbeitenden Betrieben in Turnau nachzuweisen. Aber auch nördlich von Turnau, in der „Eisenfeistring", dem heutigen Greith, konnte Eisen abgebaut werden. Das Eisenvorkommen am Eibel-kogel wurde vor allem um die Mitte des vorigen Jh.s ausgebeutet. Eine der Abbaustätten lag in Greith, wo bereits im 14. Jh. Eisen gewonnen wurde. Um 1500 wurde hier ein Eisenschmelzwerk errichtet, über sechs Meter hoch mit zwei Gebläsekasten. 

In diesem Hochofen wurde das in der Gegend gewonnene Eisen geschmolzen. Um 1870 wurden noch 5 300 Zentner Roheisen im Jahr verarbeitet, bevor dieses Industriedenkmal dem Verfall anheim fiel.

Kohlenbergbau in der Au#

Kohlebergbau in der Au
Kohlebergbau in der Au
Der Braunkohlenbergbau in Au bei Göriach kann auf eine bewegte Geschichte verweisen. 70 Jahre lang wurde hier Kohle geschürft, nur von der Nachkriegszeit unterbrochen, bis das Werk schließlich am 20. Februar 1955 stillgelegt wurde. Anfangs, ab 1871, wurde das Braunkohlevorkommen nur für den Hausbrand und den örtlichen Bedarf ausgebeutet. Bis zum Jahr 1906 kann man, Erbfolgen nicht miteingerechnet, sieben Besitzer zählen.

Darunter befanden sich ein ungarischer Ingenieur, eine englische Gesellschaft mit Namen „The Göriach Coal-Mining und Gips Works Limited in London" und eine Realitätenbesitzerin aus Paris mit dem klingenden Namen Myrthil Rose. Erst als die Firma Gebrüder Böhler den Betrieb übernimmt, er wird bis 1955 in ihrem Besitz bleiben, tritt Kontinuität ein. Um im 1. Weltkrieg den steigenden Bedarf des Rüstungsbetriebes an elektrischer Energie zu decken, wird ein Dampfkraftwerk errichtet, das mit dieser Braunkohle gefeuert wird. Die Wirtschaftskrise in den 30er Jahren zwingt die Fa. Böhler das Werk zunächst stillzulegen. Die Kohlenknappheit nach dem Krieg führt aber dazu, dass der Schacht noch einmal geöffnet wird, bis die Göriacher Kohlengrube 1955 schließlich, weitgehend ausgekohlt, endgültig geschlossen wird.

Eine Weberei mit Geschichte#

Hochofen Greith
Hochofen Greith
Weberei
Weberei
Die Handweberei hat in der Familie Höfler 300-jährige Tradition. Die Vorfahren der Familie verdienten sich als „Störweber" ihr Geld. Sie zogen von Bauernhaus zu Bauernhaus, um den während des Winters gesponnenen Flachs zu Leinen zu verweben. Damals gab es auf fast jedem Hof einen Webstuhl. Die vom Weber erzeugten Stoffe wurden von den Bäuerinnen zu Kleidung verarbeitet. Die Entlohnung der Weber war meist auf Kost und Quartier sowie auf Naturalien beschränkt. Noch heute ist im Betrieb der Familie ein Webstuhl aus dem 17. Jh. in Verwendung. Dieser Handwerksbetrieb ist der einzige seiner Art in der Obersteiermark und trägt dazu bei, dass altes Handwerk nicht in Vergessenheit gerät.

Carl Morre (1832 -1897)#

Der steirische Dichter kam 1872 bis 1874 als Verwalter der Eisenhämmer nach Seebach. Er lernte hier das traurige Los der Einleger, der Alten und der Erwerbsunfähigen kennen. Das Volksstück „s" Nullerl", sein wohl bekanntestes Werk, befasst sich mit dem Schicksal und der Not dieser Leute. Dass er sich in Turnau Inspiration holte, beweisen die Namen der Personen in seinem Stück: Quarzhirn (in Wirklichkeit Maishirn), Gutjahr und Schnurrer sind tatsächlich Turnauer Hofnamen.

Carl Morre
Carl Morre

Der Bauernhof des Quarzhirn-Maishirn befindet sich nahezu in der Ortsmitte und kann gemeinsam mit dem kleinen Carl-Morre-Park besichtigt werden. Das Lied des Null-Anerl, des alten Einlegers, I bin - i bin - a Null auf der Welt erklingt immer wieder in Turnau, wenn das Volksstück unter großer Anteilnahme der Bevölkerung aufgeführt wird. Die Turnauer sind zu Recht stolz darauf, dass ihre Heimat Schauplatz in einem Theaterstück wurde, das auch schon am Hoftheater in Petersburg und neun Mal hintereinander in New York aufgeführt wurde.

Franzosenkreuz
Franzosenkreuz

Seewiesen#

Am Fuße der Nordwand des Felsenringes der Dullwitz liegt, zwischen Felswänden und Wiesen eingebettet, Seewiesen. Bei diesem Anblick erklärt sich auch, warum die Gemeinde „das steiri-sche Heiligenblut" genannt wird. Das erste Mal hört man von Seewiesen 1335, als der Erzbischof von Salzburg dem Abtvon St. Lambrecht erlaubt, für durchziehende Pilger und andere Reisende eine Kirche zu erbauen. In erster Linie verdankt Seewiesen also seine Kirche der damals gerade aufblühenden Wallfahrt nach Mariazell. Damals wie heute prägte die Nähe zum Seebergsattel das Leben der Seewiesner. In früheren Zeiten hielt man in Seewiesen Nachtlager vor dem Überqueren des Seebergs, heute lockt das Schigebiet am Seeberg Wintersportler ins „weißgrüne Heiligenblut". Man fragt sich vielleicht, warum der Ort Seewiesen heißt, wenn weit und breit kein See zu finden ist. Wir wissen aber aus Urkunden, dass eine heute knapp vor Seewiesen an der Straße gelegene Wiese einstmals ein großer See war. Sogar Kaiser Maximilian soll ihn zu einer Überfahrt genutzt haben, als er 1506 bei einem Besuch in Thörl und Aflenz hier an einer Jagd teilnahm.

Die Franzosen am Seeberg#

1805 kämpfte Österreich, ein Jahr zuvor zum Kaiserreich erklärt, zum dritten Mal und wieder unglücklich gegen Frankreich. Kaiser Napoleon Bonaparte zog mit seiner Armee gegen Österreich und drang über Mariazell in die Steiermark ein, wo die Franzosen am 8. November am Seeberg in einem blutigen Abwehrgefecht Sie ger blieben. Die Franzosen hausten in Mariazell übel, wo sie etwa in der Kirche die Gefangenen unterbrachten. Sie stellten enorme Forderungen. Nicht nur die französische Armee als Ganzes, jeder General, jeder Offizier verlangte Geld, jeder Ort hatte Waren zu liefern, Verpflegung aufzubringen, Pferde zu stellen und Geld abzuliefern. In einem Bericht heißt es, Gallenstein, Eisenerz und Vordernberg sind redende Beweise des menschlichen Elends, Mariazell ist der Hungersnot preisgegeben. Erst der Friede von Preßburg brachte ein Ende der Qualen. Ein Franzosenkreuz in der Dullwitz und ein Franzosenknopf geben noch Zeugnis aus dieser Zeit.

Die Pfarre St. Leonhard#

Pfarre St. Leonhard
Pfarre St. Leonhard
Pfarre St. Leonhard - Innenansicht
Pfarre St. Leonhard - Innenansicht
1366 erbaut, erstrahlt die Kirche von Seewiesen nach einer grundlegenden Renovierung heute wieder in neuem Glanz. Von der einstigen gotischen Inneneinrichtung sind noch die Barbara-Statue und die Leonhard-Plastik am Südeingang erhalten. Beide Heilige sind Schutzpatrone der Gegend am Seeberg, Barbara als Patronin der Bergleute, Leonhard als Schutzherr des Eisenwesens und des Landvolks. Die Seewiesener Madonna, Werk eines unbekannten Meisters des 16. Jh.s, ist eine Kopie der Mariazeller Gnadenstatue. Den Barockaltar schufen drei steirische Meister. Einer davon, Hans Adam Weißen-kircher, schuf auch die Deckengemälde im Schloss Eggenberg, u.a. den berühmten Planetensaal.  

Urlaubs- und Freizeitregion Turnau-Seewiesen#

Bild 'turnau_freizeit'
Sich Zeit nehmen, genießen, wandern und sich an Leib und Seele erfrischen, eine Sommerfrische nach alter Tradition, das bietet die Region Turnau-Seewiesen. Bereits um die Jahrhundertwende präsentierte sich die Gemeinde als Ferienort mit 21 Beherbergungsbetrieben. Zwei davon verfügten sogar über einen eigenen Tennisplatz: Der Gasthof Karion, damals das erste Haus am Platz, bot seinen verwöhnten Gästen sogar eine Dunkelkammer für Foto- dieser Gegend: das herrliche Hochschwabpanorama, das gesunde amateure an, Klavierbenützung und, jetzt wieder ganz aktuell, einen Schonklima. An diesem Reichtum kann der Gast teilnehmen, sei Kinderspielplatz. Aufbauend auf eine solche Tradition verfügt die es mit einer Wanderung am Bründlweg, mit einer Pferdeschlitten-Marktgemeinde heute über ein klares Tourismuskonzept. Der größte fahrt oder, indem er einfach auf einer Blumenwiese seine Seele Schatz der Region ist der verschwenderische Reichtum der Natur in baumeln lässt.



© Bild und Text Fritz Bayerl, Karl und Inge Friedl