Amanshauser, Martin#
* 1968, Salzburg
Schriftsteller, Journalist und Übersetzer
Nach der Matura studierte er Geschichte bzw. Portugiesisch/Spanisch/Afrikanistik in Wien, schrieb 1994 seine Diplomarbeit "Al-Garb und Galicien, Die 'Reconquista' in Portugal (711-1147)" und 2001 seine Dissertation "Taifas und Condados, Die mittelalterliche Stadt im Westen der Iberischen Halbinsel".
Seit 1999 ist er auch als Reisejournalist tätig (u.a. für "Der Standard", "Die Presse"). Er schreibt eine wöchentliche Reisekolumne "Amanshausers Welt" - 52 Texte daraus sind im "Logbuch Welt" gesammelt und 2007 erschienen, weitere 111 Texte daraus erschienen 2016 in "Typisch Welt".
Martin Amanshauser lebt in Wien als Autor und Übersetzer aus dem Portugiesischen (und Amerikanischen).
Er lebt und arbeitet als Schriftsteller, Journalist und Übersetzer in Wien und Berlin.
Auszeichnungen, Ehrungen (Auswahl)#
- Georg-Trakl-Förderungspreis für Lyrik, 1992
- Theodor Körner-Förderungspreis, 1998
- Wiener Autorenstipendium, 2002
- Rauriser Förderungspreis der Rauriser Literaturtage, 2011
- Sonderpreis beim Feldkircher Lyrikpreis, 2013
Werke (Auswahl)#
Bücher- Im Magen einer kranken Hyäne. Wiener Stadtkrimi, 1997
- Erdnussbutter. Roman, 1998
- in der todesstunde von alfons alfred schmidt. eine heurigenoper, gedichte & eine taschenbahn, 1999
- Der Sprung ins dritte Jahrtausend (mit Gerhard Amanshauser), 2000
- NIL, Roman, 2001
- 100.000 verkaufte Exemplare. Gedichte, 2002
- Chicken Christl. Roman, 2004
- Alles klappt nie. Weltraumroman, 2005
- Logbuch Welt. 52 Reiseziele für Profi-Traveller und chronische Daheimbleiber, 2007
- Viel Genuss für wenig Geld, 2009
- Das Rogner Bad Blumau, 2013
- Falsch Reisen, Alle machen es, 100 Geschichten, 2014
- Der Fisch in der Streichholzschachtel. Roman, 2015
- Pedro und der Drachen. Kinderbuch, 2016
- Typisch Welt, 111 Geschichten zum weiter Reisen, 2016
Musik
- Auf der falschen Seite von Ikebukuro". (CD, Amanshauser & Wenzl), 2006
Übersetzungen
Aus dem Portugiesischen
- Rui Zink: Hotel Lusitano, 1998
- Rui Zink: Apokalüpse Nau, 1999
- Rui Zink: Afghanistan, 2001
Aus dem Amerikanischen
- Askold Melnyczuk: Mindestens tausend Verwandte, 2006
- Askold Melnyczuk: Das Witwenhaus, 2008
Leseproben#
aus
Martin Amanshauser – "100.000 verkaufte Exemplare"
pfefferminz
du hast mich so lieb wie den honig
der deine zähne verklebt
heute bin ich ein himmel
der blau auf der postkarte lebt
wärst du ein allzwecksofa, ich würde
all deine zwecke ergründen
ich würde, wenn du ein armleuchter wärst,
deine arme täglich entzünden
wärst du ein entlehntes buch,
ich würde dich dauernd verlängern
wärst du mein bruder, würde ich dich
dennoch und endgültig schwängern
wärst du dann schwanger, dann wärst du
nichts als ein schwangeres kind
dann blieben wir immer zusammen
dann wehte im donauraum wind
bring mich von dieser miesen
in die weizen- und gerste-provinz
lass uns den ratten pulver geben
und den säufern pfefferminz
der dichter ist ein einsamer wolf
der dichter ist ein einsamer wolf
trinkt selten schnaps; spielt niemals golf
tritt ungern einem kegelklub bei
brät als nahrung ein braunes spiegelei
geht gar nicht oder unfrisiert spazieren
hat angst, bei allen pferdewetten zu verlieren
lässt sich von kritikern verdrießen
würd öfter gern sein telefon erschießen
mag hitler ungern, findet lenin besser
trinkt tee- und kaffeeähnliche gewässer
2x die woche muss er laut vertrag die musen küssen
die immer (auch bei grippe) mit ihm schmusen müssen
der dichter wird bei mondschein leicht verrückt
erschaudert wenn ein sturm ans fenster drückt
muss dauernd mit poesie die welt bewegen
und liebt (vor allem wenn sichs reimt) den regen
zitiert von schopenhauer jedes große wort
schaut heimlich und verschwitzt den abendsport
säuft sprudelwein bei kerzenlicht
und dichtet manchmal ein sonettgedicht
hase enorm
gewitter: da sieht der bergwesten aus
wie ein luftballon mit bronchien
überall sammeln die traktorkäfer
gräser ein für den nächsten krieg
eine sandkiste spielt mit rostigen bänken
schnuller stecken in der erde wie pilze
motoren befluten das land mit geräuschen
das von kastanien weichgeklopft wird
weiter hinten quasseln zwei gartenschläuche
mit den trockenen schnecken auf ihrer haut
hase enorm hüpft über die dörfer
hinterlässt seinen fußabdruck auf einer kirche
100.000 verkaufte Exemplare
Beschwerlich wird das Leben wenn man alle hasst
und man sich niemals traut, die Wahrheit rauszuschrein
wenn man den Freunden im geheimen gern die Zähne risse
um ihnen ein Doublett vom eigenen Gebiss zu leihn
Der Pizzadienst bringt Pizza mit kaputtem Mozzarella
Den rest der Milch, den muss man in die Muschel gießen
Ein RSA-Brief ist der einzige, der was von einem will
Am liebsten würde man John Lennon oder so erschießen
Doch gibt es tage, wo dir Sonne aus den Ohren wächst
Du möchtest Sandler küssen und John Lennons grab besuchen
Du kühlst 10 Dosen Bier, du lädst dir Leute ein, die dröhnen
dir deine Ohren winzig und zertreten unbewachte Erdbeerkuchen
Am nächsten Tag herrscht Aspirin und alle Kleider stinken
Im Nebenzimmer sitzt ein Unbekannter und frisst deine Jahre
Du denkst, die Royals meinen dich, wenn sie im Fernsehn winken
Du bist so ausverkauft wie 100.000 Exemplare
Aus dem Gedichtband "100.000 verkaufte Exemplare", Deuticke Verlag, 2002 mit freundlicher Genehmigung des Verlags Zsolnay
KLAPPENTEXT:
100.000 verkaufte Exemplare – die schräge Wunderwelt des Martin Amanshauser. Endlich liegen die gesammelten Gedichte vor, poetisch, spritzig, provokant, Lesefutter für die Geschädigten der Poesiebuch-Generation.
Martin Amanshauser haucht alten Formen neue Frische ein: Lyrik als Gebrauchsgegenstand, als Lebenshilfe, als Shortest-Story. Eine Aufforderung, sich wieder mit den ganz kleinen und ganz großen Dingen des Lebens zu beschäftigen. Ist es heute möglich, ohne Pathos Gedichte zu schreiben, die unter die Haut gehen?
In der Tradition von Ernst Jandl, Robert Gernhardt und Wolf Wondratschek, aber doch in ganz eigenständigem Ton, fabuliert der Träger des Georg-Trakl-Förderungspreises quer durch die Welt von Liebe, Sex und Reifengummi.
"Hier besinnt sich einer seiner individuellen Stimme. Amanshauser prunkt nicht mit großen Worten, er blufft nicht mit Schnörkeln und Arabesken."
Anton Thuswaldner, Salzburger Nachrichten.
"Amanshausers Lyrik würde ich am liebsten auf eine Postkarte drucken."
Fritz Müller-Zech, Am Erker.
"Erinnert mitunter an den wunderbaren Nonsens-Klamauk von Ringelnatz. Amanshauser schweinigelt gerne und gekonnt, schiebt die Schuld jedoch auf den französischen Premier."
Thomas Weber, Wellbuilt.
Quellen#
Redaktion: I. Schinnerl