Dobrizhoffer, Martin#
* 7. 9. 1717, Friedberg (Frymburk, Tschechische Republik)
† 17. 7. 1791, Wien
Völkerkundler, Jesuit, Pionier der Ethnographie Südamerikas
Als Sohn eines Schneidermeisters trat Dobrizhoffer mit 18 Jahren in den Jesuitenorden ein, wodurch er in Wien Philosophie und Physik und in Graz Theologie studieren konnte. 1748 beschlossen seine Oberen, ihn in ihre neu entwickelten Staatsgebilde ("Reduktionen") nach Paraguay zu entsenden.
Bei der Erforschung der Indianersprachen stellte er zum Beispiel fest, dass die Aussprache je nach sozialer Schicht variierte und dass die Frauen das Vorrecht besaßen, neue Wörter zu erfinden, denn wenn jemand starb, durfte man keinen Ausdruck mehr gebrauchen, der an den Toten erinnerte. Er konnte bald für sich den Ruhm in Anspruch nehmen, als bedeutendster wissenschaftlich tätiger Südamerika-Missionar seiner Zeit zu gelten. Den Spaniern waren diese "Jesuiten-Staaten" ein Dorn im Auge, und sie warfen den Missionaren vor, Indianeraufstände unterstützt zu haben. Schließlich nahmen sie 2617 von ihnen fest und deportierten sie nach Europa.
1768 traf Dobritzhoffer in Wien ein. Zunächst fand er eine Betätigung als Hilfsbibliothekar bei den Jesuiten, ab 1773 wurde er Hofprediger bei Maria Theresia, die ihn angeblich oft bat, von seinen Reiseabenteuern zu erzählen. Ab 1785 verschlechterte sich sein Gesundheitszustand rapid, und er konnte keine öffentliche Tätigkeit mehr ausüben.
Von seinen Nachfolgern wird er "Pionier der vergleichenden Ethnographie Südamerikas" genannt.
Literatur#
Dobrizhoffer, Historia de Abiponibus equestris bellicosaque Paraguariae nationae, 3 Bde., Wien 1784Quellen#
AEIOUH.&W. Senft, Aufbruch ins Unbekannte, Stocker Verlag, Graz, 1999
Redaktion: Hilde und Willi Senft