Gärtner, Gustav#
* 28. 9. 1855, Pardubice (Tschechische Republik)
† 4. 11. 1937, Wien
Arzt und Pathologe
Gärtner besuchte das Gymnasium in Königgrätz und ging dann zum Studium der Medizin an die Universität Wien. 1879 promovierte er zum Dr. med. In der Folge arbeitete er in verschiedenen Abteilungen des Wiener Allgemeinen Krankenhauses. Bei Salomon Stricker (1834-1898), dessen Assistent er 1882 wurde, erhielt er eine experimentell-pathologische Ausbildung.
In der Folge führte Gärtner Studien über die "Splanchnikusinnervation" der Niere, über Nierensekretion, elektrischen Hautwiderstand und zur Innervation der Hirngefäße (vermehrter Blutabfluss bei Epilepsie) durch. Er führte Versuche mit intravenösen Infusionen starker Salzlösungen durch (1893), was später als Mittel gegen Durchfälle bei Cholera eingesetzt wurde.
Weiters experimentierte er mit der intravenösen Sauerstoffinfusion als therapeutisches Verfahren und regte die Verwendung von Helium oder Wasserstoff für die Dekompression an. 1886 wurde Gärtner Privatdozent für experimentelle Pathologie, 1890 zum außerordentlichen und 1918 zum ordentlichen Professor an der Universität Wien ernannt.
Auf dem Gebiet der Ernährungslehre war er ein Verfechter der Reduktionsdiät. In Orientierung an den von ihm entwickelten Ergostaten zur quantitativ-energetischen Messung von körperlicher Arbeit erstellte Gärtner Sollgewichtstabellen. Zur künstlichen Kinderernährung schlug er 1898 eine spezielle Fettmilch ("Gärtnersche Fettmilch") vor.
Gärtner, dessen Beiträge zur Ernährungslehre wichtige Ergebnisse brachten, zeichnete sich vor allem durch seine Erfindungsgabe auf den verschiedensten Gebieten der ärztlichen Technik aus. Zahllos sind die von ihm erdachten oder nach ihm benannten Instrumente und Apparate: ein Rettungsapparat für verunglückte Bergleute, ein Tonometer zur Blutdruckmessung am Finger (Gärtner-Tonometer 1899), ein Pulskontrollgerät für Operationen (Sphygmoskop 1903), den Ergostat (s.o.), ein tragbarer Beatmungsapparat (Pneumatophor, 1896), ein Stethophonometer, eine Kreiselzentrifuge, eine Hauswaage mit drehbarer Skalenscheibe, ein Ruderbad für die Hydrotherapie und andere Geräte.
Besondere Bedeutung erlangte das von Gärtner entwickelte Tonometer zur Blutdruckmessung. Der Apparat konnte einfach und verlässlich die Höhe des systolischen Blutdruckes anzeigen. Er war um die Jahrhundertwende an den internen Kliniken und auch bei praktischen Ärzten in weit verbreitetem Gebrauch.
Schriften (Auswahl):
- Über die therapeutische Verwendung der Muskelarbeit und einen neuen Apparat zu ihrer Dosierung. Wien, Allgemeine Wiener medizinische Zeitung, 1887
- (Mit Julius Wagner-Jauregg) Über den Hirnkreislauf. Vorläufige Mitteilung. 1887
- Über den elektrischen Widerstand des menschlichen Körpers gegenüber Inductionsströmen. Wien, 1889
- Über einen neuen Blutdruckmesser (Tonometer). Wien Med. Wochenschrift, 49, 1899
- Über einen neuen Apparat zur Bestimmung des Hämoglobingehaltes im Blute. Münchener medicinische Wochenschrift, No. 50, 1901
- Die Messung des Drucks im rechten Vorhof. Eine neue klinische Untersuchungsmethode. Münchener Med. Wochenschrift 50, 1903
- Diätetische Entfettungskuren, 1913
Literatur#
- Solomon Robert Kagan: Jewish Medicine. Boston 1952, p. 304
- Marlene Jantsch, Gustav Gärtner. In: Neue Deutsche Biographie NDB. Bd. 6, Berlin 1964, S. 25
- Erna Lesky: Die Wiener medizinische Schule im 19. Jahrhundert. Graz 1965
Redaktion: J. Sallachner